Das Vorgehen gegen die Gruppe „8. Dezember“ ähnelt anderen Fällen von Repression, die im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und ihrer Narrative in der ganzen Welt aufgetreten sind. Ob wir nun die Operationen Pandora (Spanien), Backfire (USA), Network case (Russland), Fénix (Tschechische Republik) oder Tarnac (Frankreich) betrachten, wir können Ähnlichkeiten feststellen. Die Art und Weise, wie die Razzien durchgeführt werden, ist in der Regel spektakulär: Nicht gekennzeichnete Lieferwagen fahren vor und Polizeikräfte stürmen die Wohnräume verschiedener Personen. Oft sind Sturmhauben, automatische Waffen und Schutzschilde vor Ort, um die Operation sehr ernst aussehen zu lassen und die Verhafteten als hochgefährliche Personen darzustellen. Manchmal werden in solchen Fällen auch Fallen gestellt, d. h. Polizeibeamte schleichen sich ein und verleiten die Betroffenen zu einer Straftat. Danach wird die Operation in den Medien hochgespielt – die Polizei behauptet, eine Terrorzelle oder ein Terrornetzwerk erfolgreich neutralisiert zu haben, dämonisiert die verhafteten Personen und stellt sie in einem entsprechenden Licht dar. Danach zieht sich der Fall über einige Jahre hin, mit wenig oder unbedeutenden Beweisen für den ursprünglichen Anklagepunkt und dessen Umfang. Die Gefährten verbringen einige Monate bis zu mehr als einem Jahr in Haft, oft unter sehr strengen Bedingungen. Wenn der Fall vor Gericht kommt, zeigt der Prozess, dass es an Beweisen mangelt, dass die Ermittlungen lückenhaft sind und der Fall insgesamt schwach und nicht überzeugend ist. Der Fall fällt dann in sich zusammen, die Personen werden für nicht schuldig befunden oder erhalten eine Bewährungsstrafe oder eine ähnlich geringfügige Strafe – wenn man sie mit dem vergleicht, was man anfangs für einen beängstigenden Terrorismusfall hielt.
Einige erste Gedanken zu MAYDAY-Demonstration in Wien 2021. Wir hoffen auf eine Debatte um die Geschehnisse, um gemeinsam zu verstehen was vorgefallen ist und um zu besprechen wie wir mit solchen Situationen in Zukunft umgehen können.
Gestern waren wir auf der Straße um an der Mayday-Demonstration teilzunehmen. Unter dem Titel „Kapitalismus ist die Krise! Soziale Kämpfe verbinden!“ ist es einem großen Bündnis aus verschiedensten Gruppierungen, Strukturen und Strömungen gelungen eine durchaus beachtliche Demonstration auf die Beine zu stellen. Angeführt von einem feministischen „WE CARE FOR REVOLUTION“-Block folgten anarchosyndikalistische Gewerkschaften, autonome, antifaschistische und anarchistische Gruppierungen und Personen sowie soziale, Anti-Abschiebe- und Bildungs-Initiativen. Über drei Stunden lang zog die Demonstration ausgehend vom Bahnhof Ottakring zum Sigmund-Freud-Park, wo eine Abschlusskundgebung stattfand. Bis zum Ende der Demonstration verlief alles ruhig, es kam zu keinen uns bekannten Zwischenfällen und die Demonstration wurde von hunderten Leuten aus Fenstern und Türen freudig empfangen.
Zu den jüngsten Ausschreitungen im spanischen Staat,
Aufstände mit Unterbrechungen?
„Denn manche Male, um nicht zu sagen viele Male, ist es geschehen, dass objektiv aufständische Situationen uns de facto präsent sahen, aber als Fremdkörper. Fasziniert vom äusseren Aspekt der laufenden aufständischen Bewegung, beteiligen wir uns manchmal, weil wir spontan Rebellen sind. Nun, uns auf diese Weise an Situationen zu beteiligen, die uns objektiv als Aussenstehende sehen, weil nicht Teilhabende an den Spannungen, nicht Interne dieser Situation von Entwicklung der aufständischen Spannungen, bedeutet im Grunde, bloss Fremdkörper, und auch sehr suspekte Körper zu sein.“ Alfredo M. Bonanno, Insurrektionalistische Antiautoritäre Internationale
Am 15. Februar 2021 wurde in der Universität von Lleida (Katalonien) der Rapper Pau Rivadulla Duró (Alias Pablo Hasél), festgenommen. Seit seiner Inhaftierung finden in diversen Städten des spanischen Staates Ausschreitungen statt (letzter Stand war bis jetzt die Nacht des 24.02.2021), dies ist aus vielen Gründen ein außerordentliches Phänomen, aber wie jede Erzählung hat auch diese einen Anfang. Diese Ausschreitungen werden mit der Inhaftierung von Pablo in Verbindung gebracht, dennoch sind wir der Meinung, dass es um wesentlich mehr geht.
Zwei parallele Geschichten eskalieren in diesen Tagen in den griechischen Nachrichten. Beide sind von historischer Bedeutung, aber mit sehr unterschiedlichem Umfang der Berichterstattung. Es sind Geschichten von zwei sehr unterschiedlichen Männern, die außer ihrem Vornamen keine Gemeinsamkeiten haben. Es handelt sich um Dimitris Lignadis und Dimitris Koufontinas, und ihre Lebenswege, die schon durch das schiere Timing miteinander verbunden sind, könnten sich am Ende gegenseitig beeinflussen, und zwar auf die übelste Art und Weise. Ersterer war bis vor zwei Wochen Direktor des Nationaltheaters und ist seit drei Tagen (20./21.2.) unter mehrfachen Anschuldigungen der Vergewaltigung, Pädophilie und des Kindesmissbrauchs verhaftet. Dies ist die Geschichte, die den Nachrichtenkreislauf beherrscht. Letzterer ist ein ehemaliges führendes Mitglied, Hauptverantwortlicher Scharfrichter und wichtigster politischer Verteidiger der Stadtguerillagruppe 17. November. Er befindet sich seit dem 8. Januar im Hungerstreik und seit gestern im Durststreik. Über diese Geschichte wird nur sporadisch berichtet. Für den Moment… Einerseits sind beide irgendwie mit dem Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis und seiner Familie verbunden. Und auf der anderen Seite sind sie mit der korrupten Arbeitsweise des griechischen Justizsystems verbunden.
Aber zunächst einige Hintergrundinformationen für das internationale Publikum.
Ursprünglich veröffentlicht vonFreedom News.Geschrieben von Alexis Daloumis. Übersetzt vonRiot Turtle.
In den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten sind mehrere Texte erschienen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen und vieles wurde bereits gesagt. Dennoch halten wir es für notwendig, gerade jetzt, unter den widrigsten Bedingungen, das staatliche Narrativ der autoritären Pandemie-Bekämpfung, dem zahlreiche linke (auch linksradikale) Gruppen brav Gefolgschaft leisten, anzugreifen. Weder wollen wir die Gefahr der Pandemie relativieren, noch wollen wir uns mit Querdenker*innen gemein machen. Es ist schon skandalös genug, dass sich jeder Versuch, der es wagt das staatliche Narrativ aus linker Perspektive in Frage zu stellen, erneut diesen absurden Vorwürfen stellen muss. Wir sind keine Virolog*innen, Epidemiolog*innen oder Gesundheitsexpert*innen und wissen letztlich auch nicht mehr als die armen Teufel, die hier und da noch klandestin in kleiner Runde biertrinkend vor den Kiosken stehen und sich wortlos einig darüber sind, dass wirklich fast alles den Bach runter geht. Wir arbeiten in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Refugee- und Obdachlosenunterkünften, in Schulen, Lagern und Fabriken (oder im besten Fall gar nicht) und teilen als Freund*innen eine gemeinsame Einschätzung der Situation, vor allem aber Wut auf alle, die beständig reden und dann das machen, was man sowieso schon wusste und für sich in Anspruch nahm.
Tags: Analyse, ZeroCovid Posted in Kritik/Selbstkritik | Kommentare deaktiviert für #COVID19: Die neueste Nullnummer des Staates und seiner unzählbaren Adepten
Zero-Covid ist eine Nullnummer und über das Sein oder Nichtsein der sozialen Revolution
von der Soligruppe für Gefangene
(Triggerwarnung: Der Text ist voller Sarkasmus, Ironie und Zynismus)
„Der Tod ist unser ständiger Begleiter“ sizilianisches Sprichwort
Nur um mitreden zu können verwenden wir gerne Begriffe, und überhaupt ganz im Allgemeinen auch, die wir nicht verstehen. Ein Beispiel wäre die Ontologie, ein Begriff der auch als Synonym für Metaphysik verwendet werden kann. Die Ontologie gilt offiziell als die „Lehre des Seins“. Um diese Idee herum, oder aus der Erkenntnis dieser, stellt sich der Mensch seit Jahrhunderten viele Fragen um sein eigenes Sein, also die Gründe seines erbärmlichen Daseins. Einige Beispiele: „Wieso bin ich, kann ich alles auffassen (Totalität), gibt es Gott, was war der Anfang, was ist das Ende, usw.“.
Aus diesem Denken, dass ja auch eine philosophische Disziplin oder Strömung ist, aber alle anderen philosophischen Disziplinen dennoch ebenso beschäftigt, kann genauso gut, wie der Titel dieses Textes – nebenbei bemerkt – erwähnt, auch die Dialektik der sozialen Revolution betrachtet werden. Aber eine Betrachtung, ein Denken ist ja noch lange kein dialektischer Vorgang, vielleicht nur der Anfang dessen, und kann bis zu seiner Umsetzung nicht überprüft werden. In der jetzigen Zeit, vielleicht sogar mehr als in anderen Epochen, gilt dieses Vorgehen als sehr weit verbreitet und vulgäre Ideologien1 unserer Zeit wie die Postmoderne2 helfen noch mit. Das heißt, es gibt keine Dialektik der sozialen Revolution, sondern nur noch der Konterrevolution.
Machen wir uns nichts vor: Wir sind letzte Woche (1) in eine neue Phase der Pandemiebekämpfung eingetreten – jene, die auf Pfefferspray und Polizeiknüppel setzt. In den letzten Tagen und Wochen mehrten sich die Polizeikontrollen von Menschen, die einfach nur am Karlsplatz oder in einem der Beserlparks sitzen. Betroffen sind vor allem marginalisierte Jugendliche. Ein Handyvideo, das die Tage die Runde macht, zeigt, wie die Polizei ohne ersichtlichen Grund einen Mann gegen die Wand knallt und ihn dann fixiert. Es ist nur die Spitze des Eisbergs. Eine Blockade, die eine Abschiebung verhindern wollte, wurde letzten Donnerstag, 28. Januar, hart aufgelöst. In Innsbruck wurde samstags eine antirassistische Demo gekesselt, 15 Menschen wurden tagelang festgehalten. In Wien wurde nahezu alle Demos, die für das Wochenende geplant waren, verboten. Machen wir uns nichts vor: Es wird in Zukunft sehr schwer werden, Demos mit mehr als 100 Teilnehmenden legal zu organisieren.
Am 22.01.21 von Grupo Barbaria veröffentlicht, die Übersetzung ist von uns
In den letzten Tagen erlebten wir einen Schneefall, der Filomena getauft wurde, der in vielen Provinzen im Landesinneren Spaniens beispiellos ist und auch Orte betrifft, in denen es selten schneit – geschweige denn überhäuft- wie Madrid und sein Ballungsraum oder die Provinzen Toledo und Ciudad Real. Es hat nicht an Opportunisten gefehlt, die darin eine Widerlegung – und nicht nur ein weiteres Symptom – des Klimawandels sehen wollten, den der Planet als Ergebnis eines Modells sozialer und produktiver Beziehungen – die des Kapitals – erleidet, das nicht notwendigerweise die begrenzten Ressourcen und die Natur, die sie extrahiert, berücksichtigen kann, insofern seine Funktion darin besteht, ein ins Unendliche tendierendes Wachstum der Wirtschaft aufrechtzuerhalten.
Am 05.01.21 von der Grupo Barbaria veröffentlicht, die Übersetzung ist von uns
Das sind die Worte, mit denen die Regierung von PSOE und Podemos seit jenem Tag des 14. März den eigenen Mund füllt, einem Tag, der bereits in trauriger Erinnerung ist. Jene Worte, zusammen mit der bereits bekannten „Moral des Sieges“, die Strapazen der Einsperrung und der Gesundheits- und Wirtschaftskrise zugunsten „des sozialen Friedens unseres Vaterlandes“ selbstlos zu ertragen, weil es „unsere Pflicht gegenüber unseren Landsleuten“ ist: eine hochtrabende Phraseologie, die vorgibt, die Sprache nachzuahmen, die die großen Kriegstaten der Bourgeoisie inspirierte und wie damals Millionen von Arbeitern auf der ganzen Welt das Leben nahm. Eine Phraseologie, die keinen anderen Inhalt hat als den, um jeden Preis ein System aufrechtzuerhalten, das untergeht, das sich an immer mehr Stellen mit Wasser vollsaugt und das vor allem will, dass wir mit ihm untergehen. Neun Monate haben ausgereicht, um diese hochtrabenden Ansprüche zu zerschlagen, von denen sie ohnehin schon wussten, dass sie sie nicht erfüllen können. Wenn es nur diese ekelerregende Seifenblase wäre, die zerstört wurde, aber auf diesem schmerzhaften Weg wurden auch fast 100.000 Leben in beklagenswerten Bedingungen zerstört, sowohl während ihres Aufenthalts in Krankenhäusern (einige offiziell, andere improvisiert) als auch nach ihrem Tod (wie der Horror des Palacio de Hielo in Madrid1), und Tausende von Proletariern haben ihre Arbeit verloren und waren gezwungen, sich in Kirchengemeinden und Essensausgaben anzustellen, um am Ende des Tages etwas zu essen zu haben. Die Folgen dieser Krise bringen viele Menschen dazu, sich eine Frage zu stellen: Wo sind all die geliebten Menschen, mit denen wir vor einem Jahr diese Daten (A.d.Ü., Plural von Datum) gefeiert haben, ohne uns vorzustellen, was uns erwartet, aber auch, wo ist all die versprochene Hilfe, all der Regen von Millionen von Euro, der uns schnell aus der Krise bringen sollte, „in Form von V“?2
„Durch die weit verbreiteten Unruhen wurde in einer Woche mehr Diskreditierung und Beschränkung der Polizeigewalt erreicht als in vielen Jahrzehnten des Aktivismus“.
Der Tod von George Floyd am 25. Mai 2020 in Minneapolis löste einen Ausbruch von Gewalt in den gesamten Vereinigten Staaten aus, der sich zunächst in Angriffen auf die Polizei und deren Einrichtungen, Bränden, nächtlichen Unruhen und Plünderungen von Geschäften äußerte. Für die Demonstranten – hauptsächlich Proletarier verschiedener Hautfarben aus armen Stadtvierteln – schienen die Gewalt und der Rassismus der Polizei ein Vorwand zu sein, um tiefere Wut auszudrücken – man beachte, dass Geschäfte ins Visier genommen wurden, wiederum ohne Rücksicht auf die Hautfarbe ihrer Besitzer. Aber die polizeiliche und gerichtliche Repression ist hart und effektiv. Nach einigen Tagen taucht eine zweite Art der Mobilisierung auf, die dazu tendiert, die erste abzulösen, nämlich die der Demonstranten, die hauptsächlich aus der schwarzen und weißen Mittelschicht stammen und unter denen sich, ebenso wie unter ihren Anführern, eine sehr große Anzahl von Militanten aus Bürgerorganisationen und Vereinen, der Linken und der extremen Linken befinden, insbesondere solche, die sich mehr oder weniger auf die Bewegung Black Lives Matter (BLM2) berufen; die Aktionsformen ändern sich: Demonstrationen am Tag, das Entfernen von Statuen, Versuche, den öffentlichen Raum zu besetzen (in der Art von Occupy und Standing Night), und Gewaltlosigkeit, die allgemein als Banner geschwungen wird3. Der Feind ist klar benannt, der Rassismus; und sein Hauptträger identifiziert, die Polizei.
Auf spanisch gefunden auf Contra Toda Nocividad, die es ihrerseits aus dem französischen aus der anarchistischen Publikation Avis de tempêtes, übersetzt haben, die Übersetzung ins deutsche ist von uns.
[Analyse] Die Tyrannei der Flexibilität
„Der moderne Mensch ist bereits so tief entpersönlicht, dass er nicht mehr menschlich genug ist, um sich seinen Maschinen zu stellen. Der primitive Mensch vertraute auf die Macht der Magie und verließ sich auf seine Fähigkeit, die Naturkräfte zu lenken und zu kontrollieren. Der posthistorische Mensch, dem die immensen Ressourcen der Wissenschaft zur Verfügung stehen, hat so wenig Vertrauen in sich selbst, dass er eher bereit ist, seine eigene Ablösung, sein eigenes Aussterben zu akzeptieren, als die Maschinen zu stoppen oder sie auch nur mit geringerer Geschwindigkeit laufen zu lassen.“ Lewis Mumford, 1956 Eine Epoche zusammenzufassen, ihre allgemeinen und charakteristischen Merkmale zu beschreiben, die sozialen Beziehungen, die sie bestimmen, zu durchdringen, ist vielleicht ein unmögliches Unterfangen. Es könnte sogar bedeuten – wie es gewöhnlich in den Arbeiten von Historikern, Anthropologen, Soziologen und Geschäftsleuten geschieht -, dass man zu einer verzerrten Herangehensweise gelangt, zu Gattungen zu gelangen, die die reale Beziehung zwischen Gesellschaft, Gemeinschaft und Individuum nicht kennen. Mit anderen Worten, wenn es um die Kultur einer bestimmten Zeit geht, besteht ein großes Risiko, dass die Individuen in den Schatten zu stellen, die sich davon lösen, die sich davon abwenden, die ein anderes Leben führen oder versuchen zu führen. Das menschliche Individuum ist jedoch nicht frei von einer Neigung, das Verhalten anderer zu assimilieren, und auch nicht von einer schrecklichen Geselligkeit, die ihn in einen fügsamen Sklaven oder einen wilden Soldaten verwandeln könnte. Wenn wir von der Kultur einer Epoche, einer menschlichen Gruppierung sprechen, beziehen wir uns immer auf die Mehrheit, obwohl man nie vergessen sollte, dass jedes Individuum, auch das geselligste, auch das anpassungsfähigste an die vorherrschenden Verhaltensweisen, seinen eigenen Weg geht. Wenn es viele Widersprüche erlebt hat, kann es sogar versucht sein, angesichts einer Enttäuschung oder einer Gelegenheit von der Regel abzuweichen und eine Ausnahme zu werden. Die Geschichte ist voll von Beispielen dafür, wie ein als allgemeine Regel akzeptiertes Verhalten, das eigentlich die Sitten und Gewohnheiten einer Gesellschaft begründet, oft mehrere unerwünschte Auswirkungen hat, die versteckter, heimlicher und doch ebenso konstitutiv für die Gesellschaft sind. Um ein einfaches Beispiel zu geben: Wenn mit dem Vormarsch des kapitalistischen Industrialismus die Kernfamilie dazu neigt, sich als Modell durchzusetzen (zuerst innerhalb der Bourgeoisie, dann in den anderen Schichten der Gesellschaft), entwickeln sich andere parallele Praktiken, vielleicht gegen dieses Modell. Von der Ehe, dem Eckpfeiler der patriarchalischen Kernfamilie. Es ist wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass keine allgemeine Beschreibung einer Epoche Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, weder auf der Ebene der Gesellschaft noch auf der Ebene des Individuums.
Maschinerie der Wohltätigkeit oder revolutionäre Solidarität?
„…außerhalb jeder bourgeoisen Politik, die Solidarität der revolutionären Aktion zu etablieren…“
Netzwerke der gegenseitigen Hilfe, Nachbarschaftsnetzwerke, freiwillige Arbeit (oder die Lohnabhängigen), Tafeln, der ganze riesige Apparat, der in wenigen Wochen entstanden ist, um die katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie einzudämmen, haben die Aufmerksamkeit vieler erregt, entweder aus Altruismus oder aus schierer Notwendigkeit. Und das ist normal, da wie in jeder Krise, die das kapitalistische System durchläuft, die schwerwiegendsten Folgen in stärkerem Maße diejenigen zu spüren bekommen, die schon vor der Krise am Arsch waren, also die Armen, in Madrid oder in Sewastopol. Die Kapitalisten folgen einer einfachen Logik: Vergesellschaftung der Verluste, wenn es welche gibt, und immer die Gewinne hamstern. Dies ist eine der Logiken, die sich durch eine Gesellschaft zieht, die zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern, zwischen Beherrschten und Herrschenden gespalten ist.
Per Mail erhalten, am 19.06.2020 veröffentlich, auf Inferno Urbano auf italienisch zu finden
JETZT, WO IHR ANGST HABT
Anarchist*innen aus Berlin, in Solidarität und in Komplizenschaft
Es wird nun immer deutlicher, wie das vorherrschende Wirtschaftsmodell jede Äußerung individueller Freiheit, Gleichheit und sozialer Solidarität dem Gesetz des Profits und des übertriebenen Wettbewerbs opfert. Angesichts all dessen gibt es zahlreiche Szenarien der Revolte, die in allen Teilen der Welt explodieren und sich verästeln. Vom kurdischen demokratischen Konföderalismus bis zu den Gebieten der zapatistischen Autonomie, von Hongkong bis Chile. In den letzten Monaten hat die Art und Weise, wie die Covid-Pandemie gehandhabt wurde, die Ungleichheit zwischen denen, die unter dem System leiden, und denen, die behaupten, es zu kontrollieren, weiter verstärkt und verdeutlicht. Dadurch sind die sozialen Spannungen und ihr explosives Potenzial noch extremer geworden.
Demaskierung des Feindes – Anmerkungen zur Operation Bialystok
„Ich bedauere jedes Verbrechen, das ich in meinem Leben nicht begangen habe. Ich bedaure jeden Wunsch, den ich mir in meinem Leben nicht erfüllt habe.“ Erklärung von Senna Hoy, einer Anarchistin aus Bialystok…
Am 12. Juni wurde in Rom die Operation „Bialystok“ gestartet, die von den Scheiß ROS durchgeführt wurde und 7 zwischen Italien, Frankreich und Spanien verstreute Individuen ins Gefängnis brachte: 5 im Gefängnis und 2 unter Hausarrest.
Joshua Clover schreibt über die Proteste und Riots, die in den USA nach der Ermordung von George Floyd in Minneapolis ausgebrochen sind. Und er stellt sie in den Kontext einer Zeit der wirtschaftlichen und sozialen Krise.
66 Tage dauerte es von der ersten Anweisung, zu Hause zu bleiben, bis zum ersten Riot. Neben der Empörung über die Ermordung von George Floyd lässt sich auch eine gewisse Hoffnung darin erkennen, dass die Menschen weiterhin gegen die Ordnung einer Welt kämpfen können, die für sie immer eine Quelle der Gewalt ist, dass sie für das eigene Wohlergehen kämpfen können, dass sie gemeinsam auf der Strasse kämpfen können. 66 Tage lange quälte alle, die ich kenne, zweifellos der Gedanke, diese Möglichkeit könnte verblasst sein. Das ist sie nicht.
“Und dann, ganz plötzlich, kam Nebel auf, es war die reinste Waschküche, aber dann sahen sie plötzlich ein Licht.
Das mußte das Leuchtturmfeuer sein, das Ufer war also nicht mehr weit. Aber – es war ein Lagerfeuer, so wie dieses hier.
Das Schiff wurde gegen die Felsen geschleudert, das Wrack ging unter und mit ihm alle Männer die an Bord waren.
Nachdem das Schiff gesunken war, löste sich der Nebel wieder auf, genauso plötzlich wie er aufgetaucht war.
Und er kam nie wieder….”
Man darf das Grau, die Zwischentöne, in denen all die Lügen und Täuschungen gedeihen, nicht weiter zulassen. Man muss fragen, wo standest du im März 2020? Inwieweit hast du die Gefangenschaft gutgeheißen oder sogar propagiert. Oder hast du dich einfach davon gestohlen, dich bloß nicht eindeutig positioniert, um dir alle Optionen offen zu halten. Und davon gibt es jede Menge sogenannter Genoss*innen. Die jetzt wieder hausieren gehen mit ihren revolutionären Phrasen und Projekten, die die fernen Aufstände abfeiern und ihre eigene Bedeutungslosigkeit mit den existenziellen Kämpfen von Menschen aufladen, die sich und ihren Körper, den sterblichen, in die Waagschale werfen.
Aus der spanischsprachigen anarchistischen Publikation Kalinov Most Nummer 6. Die Übersetzung ist von uns.
EINE REVOLTE GING UM DIE WELT… SIE KANN ES WIEDER TUN
Was Chile, Kolumbien, Ecuador, Bolivien, Katalonien/Spanien, Frankreich, Libanon, Irak, Iran, Hongkong/China gemeinsam haben, ist, dass sie unterschiedliche Sprachen sprechen und unterschiedliche politische Systeme haben. Von Chinesisch zu Spanisch (A.d.Ü., Castellano im Originaltext), über Persisch, Arabisch oder Französisch. Vom diktatorisch „kommunistischen“/kapitalistischen China zum demokratisch-liberalen Chile, über den theokratischen Iran, den sich immer im bewaffneten Konflikt befindenden Libanon oder Irak oder die sehr europäischen bürgerlich-parlamentarischen Demokratien des monarchischen Spaniens oder des republikanischen Frankreichs. All diese Orte haben 3 Dinge gemeinsam.
Anonymer Interviewbericht mit einem Genossen in Minneapolis zum aktuellen Aufstand in den USA
Aus den USA erreichten uns eine schlechte Nachricht nach der anderen: Die Corona-Todesrate ist dort erheblich höher als in anderen Ländern. Ein größenwahnsinniger Präsident fordert die Bevölkerung dazu auf, sich Bleichmittel zu injizieren, rechte Milizen marschieren ungehindert in Parlamentsgebäude, um für die Wiedereröffnung von Geschäften zu demonstrieren und keiner leistete Widerstand. Dann plötzlich der alles auslösende Funke: der brutale Mord an George Floyd.
Überrascht dich das alles? Wie erklärst du dir die Aufstände?
Ja in gewisser Weise kamen die Aufstände sehr unerwartet. Persönlich hatte ich befürchtet, dass nach den weltweiten revolutionären Bewegungen von 2019 uns jetzt mit der Pandemie dunkle Zeiten erwarten würden. Aber gerade als wir im Begriff waren, die Hoffnung zu verlieren, haben uns die Ereignisse in den USA gezeigt, dass wir uns an einem Anfang befinden. Dass es so gekommen ist, hat viele gute Gründe. Das fängt schon damit an, dass die Bevölkerung wegen der COVID-19 Pandemie und den Quarantänemaßnahmen sehr viel stärker an das Internet gebunden ist als zuvor. Das Video vom Mord an George Floyd konnte sich viel schneller und viel umfangreicher verbreiten, als das normalerweise der Fall gewesen wäre und genauso war es auch mit der Nachricht, dass Proteste geplant werden. Dass die Menschen über Monate lang nicht mehr in Gruppen zusammenkommen konnten und dass sie menschlicher Berührung entbehren mussten, hat wahrscheinlich auch zur unvorhersehbaren Natur der Aufstände beigetragen. Ich glaube, dass die Leute einfach am Ende sind, nicht nur wegen der Pandemie, sondern auch wegen dem institutionalisierten Rassismus und der Unterdrückung gegen Schwarze, die sich jahrhundertelang ungehindert durchsetzen konnte. Seit Jahren demonstrieren die Leute für Gerechtigkeit und haben damit nichts erreichen können. Es ist also keine Überraschung, wenn ab einem bestimmten Punkt das Bitten aufhört und die Leute anfangen zurückzuschlagen.
Gefunden auf Finimondo, dieser Artikel wurde am 4.Mai 2020 veröffentlich, von uns übersetzt
Quarantäne oder Tod?!
„Infektionskrankheiten sind zwar ein trauriges und schreckliches Thema, aber unter normalen Bedingungen sind sie Naturereignisse, wie ein Löwe, der ein Gnu frisst, oder eine Eule, die eine Maus frisst“ – David Quammen, Spillover, 2012.
Oder wie ein Erdbeben, das den Boden erzittern lässt, oder wie ein Tsunami, der die Küste überschwemmt. Wenn sie keine oder fast keine Verluste verursachen, werden diese Phänomene nicht einmal bemerkt. Erst wenn die makabre Zahl (A.d.Ü., von Toten) zu steigen beginnt, hören sie auf, als Naturereignisse zu gelten, und werden zu ungeheuren Tragödien. Und sie nehmen schreckliche und unerträgliche Umrisse an, vor allem, wenn sie vor unseren Augen hier und jetzt auftreten, nicht auf einem (A.d.Ü., anderen) Kontinent oder in einer fernen Vergangenheit, die leicht zu ignorieren ist. Nun, wann säen diese Naturereignisse selbst den Tod? Wenn ihr Auftreten überhaupt nicht beachtet wird, was eine Voraussetzung dafür ist, keine Vorsichtsmaßnahmen gegen sie zu ergreifen. Der Bau von Betonhäusern in stark erdbebengefährdeten Gebieten zum Beispiel ist ein sicherer Weg, ein Erdbeben in eine Katastrophe zu verwandeln. In Erwartung der nächsten Regenfälle bedeutet die Abholzung eines Berges die Vorbereitung eines Erdrutsches, der das darunter liegende Dorf wegfegen wird, so wie die Zementierung des Flussbettes eines Flusses, der durch bewohnte Gebiete fließt, einen Überlauf verspricht, der den Untergrund und die unteren Teile der Gebäude überfluten wird.
Ankommen müssen wir in uns selbst, nicht angekommen werden von der Herrschaft in ihrem neuen Plan zur Derealisierung der Wirklichkeit. Das sind zwei grundsätzlich entgegenlaufende Konzepte. Wer in sich selbst ankommt, wappnet sich gegen die Derealisation. Wer angekommen wird lässt sich in die Derealisation fallen und wird zum verrottbaren Humus, zur angepassten Scheinentität, welche die Grundlage dafür darstellt um zur freiwilligen Dienerschaft zu gelangen. Die neuen Maskeraden, die uns bereitgestellt werden, und die von den heutigen Idioten so bereitwillig angewendet werden sind ein tragisch-komisches Symbol dafür.
Original gefunden auf Round Robin, von uns übersetzt
Die Leere der Technik.
Die ständige Anpassung der politischen Projekte moderner Staaten an die vermeintliche Unfehlbarkeit der Technologie scheint dieselben Regierungen in den Hintergrund gedrängt zu haben, die ihr ihre eigenen Entscheidungen übertragen. Tatsächlich entwickelt der Staat weiterhin eine repressive Rolle und unterstützt durch seine Vertreter die Aktivierung der bereits definierten Wirtschafts-, Gesundheits- und Verwaltungsprotokolle. Insbesondere ist es zweitrangig, ob solche Protokolle wirksam oder schädlich sind. Für die Marionetten des Augenblicks sollte die Anwendung der fraglichen Protokolle ein Faktor sein, der ihre eigene Popularität erhöht und gleichzeitig eine wissenschaftliche Begründung für die getroffenen Entscheidungen liefert. Wie man all diese Regierungspropaganda macht, ist die Aufgabe der Medien und derer, die sich um die Politik drehen. Wenn etwas schief geht, halten sie sich an den stets wirksamen Satz: „Alle für den Fall erforderlichen Verfahren sind eingehalten worden“.
Dieser Artikel erschien auf Non Fides am Dienstag, 21. April 2020 und wurde von uns übersetzt
Die französische Justiz „verlangsamt“ sich seit Beginn der Pandemie und der gegen sie ergriffenen Notstandsmaßnahmen im Gesundheitsbereich, wir wiederholen die nationale Presse… Untersuchen wir also, was diese „Verlangsamung“ für diejenigen bedeutet, an denen wir interessiert sind, d.h. dass die Justiz verhaftet, verurteilt und inhaftiert.
Diese „Verlangsamung“ bezieht sich eigentlich auf den Notstand, in dem sich die Justiz befindet: die Dringlichkeit, in Zeiten der Haft so effektiv wie möglich zu sein, um weiterhin Strafen verteilen zu können. Sie wird entsprechend den Dekreten, die derzeit vom Justizministerium erlassen werden, neu organisiert, indem ihre Prioritäten getrennt werden: Auf der Seite des Richters wird die Arbeit extrem vereinfacht; auf der Seite des Angeklagten… nun, lasst sie abwarten, und dann, lasst sie verstehen, verpflichtet einen gesundheitlichen Notstand dazu, „die Justiz ist in Zeitlupe“.
Es gibt so etwas wie einen Raum, ein Raum in dessem Inneren Windstille herrscht, abgeschirmt von dicken Wänden Plexiglas, in welchem Inneren sich die neue technokratische Elite aufhält, die dort arbeitet, dorthinein nur einlädt, wen sie wünscht, und in die hinein nichts dringen darf, was stören könnte. Wenn wir früher als Anarchisten gegen Politiker kämpften so sind wir heute zunehmends in der Situation, wo wir gegen einen Plexiglaswürfel kämpfen, der aber unerreichbar ist (der aber sehr wohl mit Energie und Informationen versorgt werden muss und diese Verbindungen können nicht alle abgeschirmt werden). Das Problem der Massen ist der Wunsch nach Dialog mit diesem Würfel, einen Dialog, der niemals stattfinden kann, weil dieser sakrale, sterile Ort abgeschirmt ist. All die Massen an Kritiken an den Massnahmen in denen wir uns heute wiederfinden, sind als würde man am tiefsten Talspunkt einer Burg stehen und diese Kritiken, am Wasserfall vorbei an den höchsten Punkt der Burg schreien wollen, dort wo der Fürst sitzt. In einer solchen Situation befinden wir uns heute. Die Linke und darunter speziell hervorzuheben die radikale Linke, hat sich glorreich hervorgetan als Umgarner und Komplize die Herrschaftsphantasien wahr werden zu lassen. Abgesehen von den offensichtlichsten aller Neuerscheinungen der herrschaftlichen Vorgehensweisen, möchte ich hier ein paar wenige genauer betrachten.
er war ein Mitglied der italienischen Sektion der Situationistischen Internationale. Seine erste bekannte Schrift war Il Reichstag brucia? (Brennt der Reichstag?), welche sich mit dem Anschlag am 12. Dezember 1969 in Mailiand an der Piazza Fontana auseinandersetzt. An jenem Anschlag starben 16 Personen und über 80 wurden verletzt. Sanguinetti machte damals den italienischen Staat für diesen Anschlag verantwortlich. Tragisch sollte auch der Werdegang des Anarchisten Guiseppe Pinelli werden, der für den Anschlag beschuldigt wurde und unter der Aufsicht des Kommissars Luigi Calabresi, aus den Fenster im vierten Stock rausgeworfen wurde. Seit vielen Jahren ist bekannt dass die Verantwortlichen für den Anschlag faschistische Gruppen waren die mit der NATO zusammengearbeitet haben. Ein Beispiel der sogenannten Theorie der Spannung.
“Zwischen dem 11. Juni 1940 und dem 1. Mai 1945, während des Zweiten Weltkrieges, verloren in Mailand während der Bombardierungen innerhalb von 5 Jahren 2.000 Zivilisten ihr Leben; wegen des Coronavirus ließen in der Lombardei innerhalb von zwei Monaten 11.851 Zivilisten ihr Leben, fünfmal mehr… Ein numerisch – überwältigender Zusammenhang”.
Wir teilen den folgenden Text, der in der mexikanischen Region von unseren Gefährten im Bulletin Contra la contra Nummer 3 vom März 2020 veröffentlicht wurde.
Seit 2019 zeigt die Weltwirtschaft Anzeichen einer Verlangsamung und prognostiziert für 2020 eine bevorstehende Krise. Als ob dies nicht schon genug wäre, hat sich seit Anfang dieses Jahres der zwischen den USA und Russland geführte Handelskrieg um den Ölpreis verschärft, was zu einem drastischen Rückgang des Rohölpreises geführt hat, wovon diejenigen Länder profitieren, die über ausreichende Reserven verfügen (Russland und Saudi-Arabien), um ihre Produktion an die niedrigen Preise anzupassen. Auf der anderen Seite hat der Ausbruch des neuen Coronavirusstamms „Covid-19“, der seit Ende letzten Jahres in China verheerende Schäden angerichtet hat, die Grenzen überschritten und den Rest der Welt in Mitleidenschaft gezogen und damit der drohenden Wirtschaftskrise vorgegriffen. Die Weltwirtschaft steckt bereits mitten in der Krise, die Verwalter der Macht warten auf die großen finanziellen Rettungsmaßnahmen, die Bourgeoisie beginnt unter dem Vorwand der glücklichen „Quarantäne“ Fabriken zu schließen und Beschäftigte zu entlassen. Die Katastrophe steht unmittelbar bevor.
“Auf allen Ebenen: politisch, moralisch, spirituell, materiell, wird man erfahren, was hinter dem Fortschritt steht: der Tod.
Was für eine Herausforderung! Entweder das Auschwitz der Natur oder das Stalingrad der Industrie
Jede Predigt ist nutzlos. Der Fortschritt wird sich nur selbst aufhalten, dank der Katastrophen, die er verursachen wird”.
So schrieb Mitte der 1970er Jahre ein Schweizer Dichter, dessen Name nicht auf der Liste der Vorläufer der Katastrophenpädagogik steht, die den Anhängern des “Schrumpfungsparadigmas” [decrescita] so sehr am Herzen liegt. Ihr unbestrittener Lehrer Serge Latouche äußerte sich immer auf optimistische Weise, dass Katastrophen, das Bewusstsein zu wecken im Stande seien; ja… aber welches? Das der politischen Klasse, getrieben von der Kraft der Ereignisse, eine verlorene Menschlichkeit die durch eine lang anhaltende toxische Abhängigkeit vom Konsumismus taub, blind und stumm gemacht wurde, wieder auf den richtigen Weg der Bescheidenheit zu bringen. Es handelt sich um eine Überzeugung, die auch heute noch nach außen dringt, wo etwa die Hälfte der Weltbevölkerung zu Hause eingesperrt ist, um einem Virus zu entgehen, von dem angenommen wird, dass er für den Tod von über 100.000 Menschen auf der ganzen Welt verantwortlich ist.
Zu seinem großen Bedauern seit dem 7. April 2020 in seinem Haus eingesperrt.
Die gegenwärtige Krise hat einige Wendungen in der sozialen Kontrolle des Staates bedeutet. Das Wichtigste in diesem Bereich war bereits recht gut etabliert, weil die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die heute herrschen, es verlangten; die Krise hat den Prozess nur noch beschleunigt. Wir nehmen gewaltsam als eine Masse von Manövern an einer Generalprobe teil, um die herrschende Ordnung angesichts einer globalen Bedrohung zu verteidigen. Das Coronavirus 19 war der Grund für die Wiederaufrüstung der Herrschaft, aber eine nukleare Katastrophe, eine klimatische Sackgasse, eine unaufhaltsame Migrationsbewegung, eine anhaltende Revolte oder eine schwer zu bewältigende Finanzblase wären dennoch gleich schwierig gewesen zu bewältigen. Die Ursache ist jedoch nicht unbedeutend, und die wahrhaftigste ist der globale Trend zur Konzentration des Kapitals, das, was führende Politiker unterschiedslos Globalisierung oder Fortschritt nennen. Dieser Trend korreliert mit der Tendenz zur Machtkonzentration und damit zur Stärkung des staatlichen Eindämmungs-, Desinformations- und Repressionsapparates. Wenn das Kapital die Substanz eines solchen Eies ist, ist der Staat die Schale. Eine Krise, die die globalisierte Wirtschaft gefährdet, eine Systemkrise, wie man heute sagt, provoziert eine fast automatische Abwehrreaktion und setzt bereits im Vorfeld vorbereitete Disziplinar- und Strafmechanismen in Gang. Das Kapital tritt in den Hintergrund, und dann erscheint der Staat in seiner ganzen Fülle. Die ewigen Gesetze des Marktes können Urlaub nehmen, ohne dass ihre Gültigkeit geändert wird.
Veröffentlicht in “Anarchismo” Nr. 67, Mai 1991, S. 18-19
Krankheit, verstanden als eine Fehlfunktion des Organismus, ist nicht etwas ausschließlich Menschliches. Auch Tiere leiden an Krankheiten, und selbst Dinge in ihrem eigenen Sinne haben Mängel in ihrer Funktion. Die Vorstellung von Krankheit als einer Anomalie ist die klassische Idee, die von der medizinischen Wissenschaft entwickelt wurde.
Es gibt alles und für jeden Geschmack etwas. Ein Extrem sind die spektakuläreren Versionen, in denen Trump das Coronavirus in China eingeführt hätte, um den Handelskrieg zu gewinnen. Oder China hätte es getan, um es auf andere Länder zu verbreiten, sich zuerst von der Gesundheitskrise zu erholen und die Welt zu beherrschen. Oder es wären die Regierungen ihrer eigenen Länder gewesen, die besorgt über die Rentenfrage waren und die die typische malthusianische Lösung angewandt hätten, indem sie die meisten alten Menschen aus dem Weg geräumt hätten. Das andere Extrem, das subtiler ist und auch in bestimmten Medien viel weiter verbreitet ist, behauptet, dass die Ernsthaftigkeit des Coronavirus, wenn nicht eine mediale Erfindung, so doch zumindest bewusst von der Bourgeoisie übertrieben wird, um ihre repressive Kontrolle über uns zu verstärken. Ist es nicht verdächtig, dass die Regierungen den Ausnahmezustand ausrufen, die Armee auf die Straße schicken, die Polizeipatrouillen verstärken und hohe Geldstrafen für eine Krankheit verhängen, die nicht die jährliche Todesrate der Grippe erreicht? Wie dem auch sei, irgendetwas ist hier merkwürdig.
Von der Soligruppe für Gefangene übersetzt, dieser Text wurde ursprünglich auf Spanisch von der Grupo Barbaria veröffentlich.
Es ist schwer, jetzt einen Text wie diesen zu schreiben. Im gegenwärtigen Kontext, in dem das Coronavirus die Lebensbedingungen vieler von uns zerbrochen hat – oder zu zerbrechen droht -, ist das Einzige, was du tun willst, auf die Straße zu gehen und alles in Brand zu setzen, notfalls mit dem Mundschutz. Das ist es wert. Wenn die Wirtschaft über unseren Leben hängt, ist es sinnvoll, die Eindämmung des Virus bis zum letzten Moment hinauszuzögern, bis die Pandemie bereits unvermeidlich ist. Es macht auch Sinn, dass wir diejenigen sein sollten, die entlassen werden, die zur Arbeit gezwungen werden, die weiterhin in Gefängnissen und ICEs (Abschiebeknäste) eingesperrt sind, die gezwungen sind, zwischen Krankheit und der Verbreitung der Infektion an ihre Geliebten zu wählen oder in Quarantäne zu verhungern. All dies mit patriotischem Jubel und dem Aufruf zur nationalen Einheit, mit sozialer Disziplin als Mantra der Henker, mit Lob für den guten Bürger, der den Kopf beugt und schweigt. Das Einzige, was du in Zeiten wie diesen willst, ist, alles in die Luft zu jagen.
von https://plagueandfire.noblogs.org/(Original auf https://roundrobin.info/)
Die Ereignisse dieser letzten Periode sind eine Zusammenfassung dessen, was wir wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zukunft sehen werden; kurz gesagt, die Veränderung in diesen Wochen zeigt eine Umstrukturierung, die viel tiefer und nachhaltiger ist als die Verbreitung eines Virus.
Drei Elemente sind als Rückgrat dieser neuen Gesellschaft, mit der wir konfrontiert sind, miteinander verflochten.
Dass es so etwas wie soziale Kontrolle gibt, durch die der Großteil des Körpers einer Gesellschaft überwacht, gelenkt und zu einer Reihe von Verhaltensweisen geführt wird, die für Regierungen und andere Mächte bequem sind, ist mehr als offensichtlich. Verschiedene politische Trends prangern diese Tatsache seit Jahrzehnten an, und viele Disziplinen untersuchen das Wie und Warum dieser sozialen Kontrolle. Es geht im Grunde genommen darum, dass die Bevölkerung schweigt, während sie von ihren Führern und anderen Parasiten gefickt wird, oder, wenn sie die Nase voll hat, dass ihre Genugtuung durch einen sanften und umgelenkten Protest kanalisiert wird, aus dem diese Eliten Nutzen ziehen oder ihn zumindest so wenig wie möglich ihren Interessen schaden können. Massenveranstaltungen, Moden, Gedankengänge (außerhalb der Universitäten), technologische Geräte, Drogen, alle Arten von Freizeit und sogar Gesundheit oder Arbeit und materielle Bedingungen sind die mächtigsten Elemente der sozialen Kontrolle, aber nicht die einzigen.
26.09.24 | 20:00 Mein Genosse, der Spitzel. Über Security Culture und dem Umgang mit verdeckten Ermittler*innen und anderen Informant*innen @ekh [mehr Infos]
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