Ursprung und kurze Geschichte des ‚Schwarzen Kreuzes‘

Die Geschichte des ‚Anarchistischen Schwarzen Kreuzes‘ ist eng an die Geschichte des Anarchismus und der revolutionären Bewegungen in Russland, Europa und den USA gebunden. Die Vorgängerorganisation des Anarchist Black Cross (ABC) war das Anarchist Red Cross (ARC).

Nach den revolutionären Unruhen von 1905 folgte schließlich eine Welle der zaristischen Repression die auf alle zielte, die sich an den Aufständen beteiligt hatten. Darunter natürlich auch jede Menge Anarchisten und Sozialrevoltuionäre. Die erste ARC Gruppe wurde irgendwann zwischen 1900 und 1907 gegründet. Im Jahre 1907 fanden in London zwei Treffen von Sozialrevolutionären und Anarchisten statt, um über die Notlage der Gefangenen in Russland zu sprechen. Bald entstanden auch Gruppen im Exil in Europa und den USA. Meist waren diejenigen denen die Flucht gelungen war die ersten die neue Gruppen im Ausland gründeten. Nach London war eine der ersten die ARC Gruppe in New York. Danach folgten Gründungen in anderen Städten der USA. Die Unterstützungsarbeit im Ausland setzte sich aus unterschiedlichen Tätigkeiten zusammen. Die Gruppen organisierten Benefizveranstaltungen und verschickten Pakete mit Kleidung und Schuhen an die Gefangene verschickt. Es wurden Briefkontakte zu den Gefangenen gehalten und Briefe und Berichte aus den Gefängnissen und Lagern in Russland in eigenen Zeitungen veröffentlicht.

Im Jahr 1914 beschlossen einige Mitglieder der ‚Lettischen Sektion des anarchistischen Roten Kreuzes‘ zusammen mit anderen Anarchisten das Anwesen von John D. Rockefeller in die Luft zu sprengen. Rockefeller hatte im April 1914 der Nationalgarde den Befehl gegeben auf die streikenden ArbeiterInnen und ihre Familien in Ludlow zu schießen. Leider flog die Bombe vorzeitig in einem Apartment in der Lexington Avenue in New York in die Luft und riss einen Teil der Gruppe mit in den Tod.

Nachdem Kriegsaustritt Russlands und der Abdankung des Zaren im Jahr 1917 und dem Anwachsen der revolutionären Stimmung kam es zu einer Massenamnestie der politischen Gefangenen. Viele der Anarchisten im Exil versuchten nach Russland zurückzukehren. Wobei die Bolschewiki bereits neue Strukturen der Unterdrückung erschaffen hatten.Laut dem damaligen ARC-Mitglied Yelensky sind mehr als 90% derjenigen die nach Russland zurückgekehrt sind unter dem bolschewistischen Terror ermordet worden.

Während dem auf 1917 folgenden Bürgerkrieg reorganisierte sich die Gefangenenunterstützung wieder. Dieses mal unter dem nunmehr gebräuchlichen Namen ABC (Anarchist Black Cross), um Verwechslungen mit dem ‚Internationalen Roten Kreuz‘ das ebenfalls vor Ort war zu vermeiden. Im Jahr 1918 wurden nach dem Vorbild der russischen Verteidigungs- und Gefangenenunterstützungsstrukturen eigene Gruppen in der Ukraine gegründet. Diese kämpfen während der Phase der Machnowtschina, vor allem in den Städten, gegen die Rote Armee und die ‚Weißen‘.

Die 1930er und 40er Jahre sind vom Vormarsch des Terrors in der Sowjetunion und des Faschismus in Europa gezeichnet. Kontakte brechen ab, Strukturen werden zerschlagen, wer kann rettet sich ins Exil. Der größte Teil der inhaftierten Anarchisten wird in den stalinistischen und faschistischen Knästen und Konzentrationslagern ermordet.

In den 1960er und 70er Jahren kommt zu einer Reihe von Neugründungen des ABC. Beispielsweise die Gruppe in London im Jahre 1967, der auch Stuart Christie angehörte, der im Jahr 1964 versuchte ein Attentat auf den spanischen Diktator Franco zu verüben.  ABC organisierte zu dieser Zeit viele Solidaritätskampagnen für spanische AnarchistInnen. In Italien wurde 1969 die Gruppe Croce Nera Anarchica (CNA) gegründet. Einer davon war Giuseppe Pinelli, der im Dezember 1969 von den Bullen aus dem obersten Geschoss des Polizeihauptquartier in Mailand geworfen wurde. Mitglieder der ABC in Deutschland waren zum Beispiel Georg von Rauch oder Thomas Weissbecker. Beide wurden Anfang der 1970er von den Bullen erschossen.

In den 1980ern gab es viele Neugründungen in den USA, die zum Teil bis heute bestehen. Seit den 1990er Jahren wurden auch in Europa einige ABC Gruppen gegründet, wobei viele nicht mehr existieren. ABC Gruppen gibt es in vielen Teilen der Welt. Sie organisieren sich zum Teil individuell, zum Teil in losen Netzwerken, oder wie am Beispiel der USA in Form einer Föderation. ABC Gruppen gibt es aktuell in Großbritannien, den USA, Russland, Deutschland, Belarus, Tschechien, Spanien, Italien, Mexiko, Argentinien, Polen, Österreich und anderen Gegenden.

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