Posts Tagged ‘Brüssel’

[Brüssel] Massive Repression gegen Demonstration gegen klassen- und rassistische Justiz

Donnerstag, Februar 4th, 2021

Quelle: enough is enough

Brüssel. Vor zwei Wochen starb Ibrahima, nachdem er von der Polizei verhaftet wurde. Am 13. Januar folgte ein Tag und Nacht der Revolte. Am vergangenen Sonntag demonstrierten Menschen gegen die klassen- und rassistische Justiz. Die Bullen reagierten mit harter Repression.

Ursprünglich veröffentlicht von Brüssel Indymedia. Übersetzt von Riot Turtle  für Enough 14.

Unter diesen Bedingungen und in Absprache mit ihnen war die Anwesenheit der Familien der Opfer von Polizeigewalt und Tötungen sowie vieler anderer nicht mehr möglich. Das Risiko war zu hoch, so dass sie nicht wie ursprünglich geplant teilnahmen. Insofern ist den staatlichen Behörden auf allen Ebenen ihr Coup gelungen: den Familien wieder einmal den öffentlichen Raum zu verwehren. Wenn es noch eines Beweises für den grundlegend rassistischen Charakter der Institution Polizei und des gesamten politischen Apparates, der sie unterstützt, bedurft hätte, dann ist es dieser. Eine verabscheuungswürdige Situation, in der es nicht ausreicht, das Leben eines Sohnes oder einer Tochter zu nehmen. Der Staat muss noch alles aufbieten, was er zur Repression zur Verfügung hat, um zu versuchen, sie zum Schweigen zu bringen und sie unter Hausarrest zu stellen.

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[Belgien] Brüssel: Demonstrierende fackeln Polizeistation ab und liefern sich heftige Auseinandersetzungen mit den Bullen

Donnerstag, Januar 14th, 2021

quelle: schwarzer pfeil

In Brüssel sind Proteste ausgebrochen, nachdem ein Schwarzer Mann in Polizeigewahrsam genommen wurde und starb.
Der 23-Jährige namens Ibrahima starb am Samstag in Polizeigewahrsam, nachdem er wegen des Filmens einer Polizeikontrolle eingeliefert worden war. Berichten zufolge wurde seine Familie erst sechs Stunden später über seinen Tod informiert.

In der belgischen Hauptstadt sind nach dem Tod Unruhen ausgebrochen.

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[Belgien] Urteil im Prozess gegen 12 Anarchist*innen in Brüssel

Donnerstag, Mai 30th, 2019

Quelle: panopticon

Am Dienstag, dem 28. Mai, wurde das Urteil im Prozess gegen 12 Anarchist*innen in Brüssel gefällt.

Zur Erinnerung: Sie wurden wegen „krimineller Vereinigung“ und einer Reihe anderer „Delikte“ verfolgt, die im Rahmen von Kämpfen auf anarchistischen Grundlagen stattfanden. Bei dem Prozess im vergangenen Monat hatte die Staatsanwaltschaft Arbeitsstrafen oder andere Haftstrafen für die verschiedenen Angeklagten gefordert. Die Verteidigung hatte auf Unzulässigkeit des Verfahrens und Freispruch plädiert.

Das Gericht entschied schließlich, dass das Verfahren unzulässig war, was bedeutet, dass sie freigesprochen wurden! Nur eine Person, die nicht als Teil der angeblichen kriminellen Vereinigung galt, wurde wegen Übergriffs auf einen Polizisten verurteilt, aber es gab keine Strafe für diese Handlungen.

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[Belgien] Einige Gedanken nach dem Prozess gegen Anarchisten in Belgien

Donnerstag, Mai 23rd, 2019

Quelle: indymedia

Hier veröffentlichen wir nun ein Statement eines der Angeklagten Gefährten.

Zusammen mit einigen anderen Anarchisten wurde ich vor ein belgisches Staatsgericht geladen, das mich hauptsächlich beschuldigte, Teil dessen zu sein, was zu Beginn der langen Untersuchung als „terroristische Organisation“ bezeichnet aber schließlich als „kriminelle Vereinigung“ neu eingestuft wurde. Ich schreibe diese Zeilen nicht um einen indirekten Dialog mit staatlichen Institutionen einzuleiten oder meine Lebensgeschichte zu erzählen, sondern einfach um den Schleier des Schweigens aufzubrechen, den der Staat möglicherweise auf Überzeugungen werfen möchte.

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[Belgien] Über das „antiterroristische“ Verfahren seit dem 29. April gegen 12 Anarchist*innen und Antiautoritäre

Donnerstag, Mai 9th, 2019

Quelle: panopticon

Wie wir schon berichtet hatten, sollte ab dem 29. April 2019 das Verfahren in Brüssel gegen 12 Personen, mit einem Hang zu libertären und antiautoritären Tendenzen beginnen, bzw. hat schon begonnen. Dies zumindest was wir verstanden haben. Sie wurden letztens beschuldigt eine „verbrecherische Vereinigung“ zu sein, nach dem die Staatsanwaltschaft versucht hatte sie des Terrorismus zu beschuldigen. Sie werden beschuldigt eine Reihe an Aktionen begangen zu haben, vielen von diesen gegen Knäste und sich einige Jahre organisiert zu haben, um diese durchzuführen. Wir haben den Text unterhalb ausgegraben, indem die Details des Falles und deren Vorläufern beschrieben und erklärt werden. Wir wünschen allen Betroffenen viel Glück und senden ihnen viel Kraft!

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[Belgien] Solidarität mit den vom belgischen Staat verfolgten Gefährt*innen

Freitag, April 5th, 2019

Quelle: panopticon

Wie wir schon vor einiger Zeit zu den letzten Repressionsfall gegen Anarchist*innen in Brüssel berichtet hatten – sowie auch die ABC Wien dazu zwei Artikel veröffentlicht hatte I und II – stehen jetzt die Termine für den Verfahren, der jetzt im April stattfinden wird. Hierzu einen Text den wir bei Non-Fides gefunden haben:

Von 2008 bis 2014, führte der belgische Staat umfangreiche Ermittlungen gegen die vielfältige Kämpfe durch – aber immer noch ohne Zugeständnisse – , die geschlossene Zentren, Grenzen, Gefängnisse angriffen hat, sowie diese auf Autorität und Ausbeutung beruhende Welt.

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Bruchstellen #42 & #43 online!

Montag, Februar 4th, 2019

Die aktuelle und die letzte Ausgabe unseres monatlichen Infoblatts Bruchstellen sind online.

 

Nr. 43 Februar 2019
Inhalt:
*[Deutschland] Hülya: Brief vom 26. Januar 2019
*[Belarus] Minsk: Anarchist verhaftet und verschwunden
*[Österreich] Wien: Prozessbericht zum Prozess wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt im Zuge der Räumung der besetzten Nele35
*[Russland] Network: Bericht zur öffentlichen Anhörung am 21.01.2019
*[USA] Eric King: Der Angriff und die Folter im FCI Florence
*[Schweiz] Basel18: Urteil im Prozess – Wir sind alle Mittäter*innen
*[Deutschland] Nero ist in Freiheit!
*[Russland] Network: Igor Shishkin. Das Gericht
*[Spanien] Staatsanwaltschaft fordert 25 Jahre Haft für Rodrigo Lanza
*[Deutschland] Schwanger im Knast – Bericht einer ehemaligen Gefangenen aus der JVA Bützow …
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Das Blutbad und seine Welt

Donnerstag, April 7th, 2016

(gefunden auf: unruhen.org)

„Sprache enthüllt. Es kommt vor, dass man die Wahrheit hinter einem Strom von Wörtern verschleiern will. Aber Sprache lügt nicht. Es kommt vor, dass man die Wahrheit sagen will. Aber Sprache ist wahrer als derjenige der sie spricht. Gegen die Wahrheit der Sprache gibt es kein Mittel… Philologen und Dichter kennen die Natur der Sprache. Aber sie könne nicht verhindern, dass die Sprache die Wahrheit spricht.”

Victor Klemperer

Es wurde schon öfter gesagt, dass das erste Opfer des Krieges die Bedeutung der Wörter ist. In Kriegszeiten wird jedes Wort zu Propaganda, hinter jedem Wort versteckt sich ein bestimmter Aufruf und eine gewünschte Wirkung, jede sogenannte Überlegung versucht das kritische Denkvermögen des Menschen auszuschalten. Aber, wie jener deutsche Philosoph sagte, der sich ab 1933 dem Studium des Nazi-Neusprech widmete: Sprache lügt nicht, sie drückt eine Wahrheit aus, sie drückt bei aller Manipulation, aller Deformation, aller Instrumentalisierung die wirkliche Essenz der Herrschaft aus.

Heute, zwei Tage nach den dschihadistischen Anschlägen in Brüssel, wird von einem „Blutbad“ gesprochen. Zurecht, zweifelsohne, aber diese Bezeichnung verliert ihre Bedeutung wenn andere Blutbäder nicht „Blutbäder“ genannt werden. Als das Assad Regime Fässer mit Nervengas auf die Außenbezirke von Ghuta abwarf, haben wir die verschiedenen Meinungsfabriken vom Dienst nicht das Wort „Blutbad“ verwenden gehört, um die industrielle Abschlachtung von fast zweitausend Menschen zu beschreiben. Wenn der Islamitische Staat Gegner enthauptet wird von “grauenhaften Exekutionen” gesprochen – was diese Taten durch einen Staat im Namen seiner Werte auch zweifelsohne sind – während die Drohnenangriffe in Pakistan, Jemen, Somalia, Afghanistan und anderswo, die seit 2006 mehr als sechstausend Menschen getötet haben, die Bezeichnung “chirurgische Präzisionsangriffe” erhalten. Wenn hunderte Menschen bei einem Brand in einer Kleiderfabrik in Bangladesch umkommen, die Kleidung von Marken produziert, die auf der ganzen Welt verkauft werden, ist Sprache von einer „Tragödie“, um die Öffentlichkeit glauben zu lassen, dass es sich um ein Unglück handelt und nicht um eine auf der Hand liegende Konsequenz der kapitalistischen Produktionsweise. Während Bombardements auf kurdische Städte und Dörfer durch den türkischen Staat, der ein Verbündeter der Europäischen Union und NATO-Mitglied ist, „Operationen, um die Ordnung zu wahren“ sind. Die verwendeten Wörter und die Bedeutungen, die ihnen zugeschrieben werden, verraten ein Weltbild.

Das Blut, das Dschihadisten in der Brüsseler Metro und in der Abflughalle des Flughafens vergossen haben, erinnert uns an die Versessenheit der Dschihadisten gegen diejenigen, die mit Schreien nach Freiheit und Würde in Syrien und anderswo, in Aufstand gekommen sind. Es erinnert uns an die Revolutionäre, die durch Dschihadisten in den Gebieten, die sie kontrollieren, entführt, gefangen genommen, gefoltert und ermordet wurden. Es erinnert uns an das grauenvolle und blutige Regime, das sie so vielen Menschen in Syrien und anderswo auferlegen wollen. Es erinnert uns daran, dass, über dem Kadaver eines befreienden Aufstandes, die Reaktion, die darauf kommt, immer extrem und erbarmungslos ist. Es bestätigt wie schwierig es in der kommenden Zeit sein wird, um über das Kämpfen für die Freiheit zu sprechen, um die Feinde der Freiheit deutlich zu erkennen (jeden Staat, jede Autorität, jeden Chef), ohne dabei, für welche Seite auch immer, mit seiner Munition zu sparen.

Wie jeder von nun an verstehen kann, wird keine einzige antiterroristische Maßnahme, kein einziges militärisches Bataillon in den Straßen der Städte, kein einziges Kameraüberwachungs-Netzwerk verhindern können, dass diejenigen, die ein Maximum an Menschen töten wollen und selbst ihr Leben dabei lassen, zuschlagen und Blutbäder verursachen können. Der Staat kann dem Krieg kein Ende bereiten, der, trotz des Scheins von „friedlichen Staaten“, Teil ausmacht seiner Existenzberechtigung. Nur jene die den Krieg verweigern, können den Krieg wirklich beenden. Und jeden Krieg abzulehnen ist nur möglich indem man jede Autorität verwirft, die sich – das ist ihr Wesen – auferlegen will (das heißt: Krieg führen). Um ein konkretes Beispiel zu geben; es wird viel über die „Unterstützung“ gesprochen, welche die Dschihadisten in den Arbeitervierteln von Brüssel genießen sollen. Wenn das stimmen soll, wenn die Menschen in den Vierteln wissen wer den heiligen Krieg predigt, wenn jemand Informationen über die Vorbereitung eines Blutbades in den Straßen der Stadt hat, in der er wohnt, wenn sie wissen wer die Jugend rekrutiert, die leichte Beute sein soll für die reaktionäre Ideologie des Dschihadismus, sollen sie dann zur Polizei gehen müssen, in der Hoffnung, dass der Staat die Ordnung herstellt? Der gleiche Staat, der tausende Flüchtlingen ertränkt, der sich an Bombardements in verschiedenen Regionen der Erde beteiligt, der einsperrt und foltert, um seine Ordnung zu verbreiten, der, genauso wie Diktaturen des Typs Assad, selbst dschihadistische Bewegungen manövriert (man denke an jenen Mann, der Reisen, Pässe und Kontakte organisierte für zahllose Jugendliche, die nach Syrien aufbrachen und… ein Infiltrant der belgischen Bundespolizei war)? Nein. Sie müssen selbst handeln. Sie wissen wahrscheinlich besser als sonst jemand, wo und wie zuschlagen. Wenn der Staat keine Schafe aus uns gemacht hätte, abhängig und hilflos bis zu dem Punkt, an dem wir uns selbst nur noch notdürftig verteidigen können, wären wir zweifelsohne zahlreicher gewesen, um den Aktivitäten einer dschihadistischen Strömung in den Vierteln, in denen wir wohnen, ein Ende zu bereiten.

Aber dieser Gedankengang gilt auch für alle anderen, die Krieg predigen und den kapitalistischen Kannibalismus verteidigen. Auf dem Kadaver des Kampfes für die Freiheit blüht der Fortgang der Herrschaft. Wie kann man friedlich zwei Straßen entfernt von einem Forscher leben, der neue Waffen entwickelt? Wie kann man ohne etwas zu tun einen Staatsmann tolerieren, der die Politik von „push backs“ in die Tat umsetzt, noch so ein Ausdruck, um nicht „massenhaftes und absichtliches Ertränken“ zu sagen? Wie kann man jemandem nicht ins Gesicht schlagen, wenn er über „Freiheit“ spricht, aber die Ausbeutung von Milliarden meint? Bei jedem Schritt den wir zurück machen – jedem, ohne Ausnahme – nimmt die Reaktion immerzu mehr Raum des Kampfes für die Emanzipation, die Freiheit und das Ende der Ausbeutung ein.

Man wird uns sagen, dass es Zeit ist, um „über Religion zu sprechen“. Gut, aber nicht nur weil die Täter des Blutbads von Brüssel durch ihre religiösen Überzeugungen getrieben wurden. Wir werden darüber sprechen, weil es nämlich der Dschihadismus (die religiöse Autorität) ist, der zusammen mit dem Assad Regime (die laizistische Autorität) die Revolution in Syrien abgeschlachtet hat. Wir werden darüber sprechen, nicht nur über die islamitische Version, sondern auch über die wissenschaftliche und staatliche Version der Religion. Die Massenmorde, die im Namen von Allah begangen werden sind genauso widerlich, wie jene, die im Namen der Wissenschaft, des Fortschritts und des Geldes begangen werden. Wir kritisieren Religionen, alle Religionen, da sie ihre Autorität dem Individuum auferlegen wollen, da sie die Verneinung der Freiheit sind. Die apokalyptische Vision der Anhänger des Islamischen Staats existiert nicht ohne daran zu erinnern, dass die Staaten schon seit langer Zeit apokalyptische Instrumente (Atombomben, Kernzentralen) besitzen, um ihre Herrschaft abzusichern.

Die heutige Situation ist nicht ohne Vorgänger in der Geschichte, auf jeden Fall nicht was den Handlungsraum von Revolutionären und Anarchisten betrifft. Wenn die Anfangstage des Ersten Weltkriegs aller internationalistischer Hoffnung ein Ende bereiteten, läutete die Vernichtung der sozialen Revolution in Spanien im Jahr 1936 dunkle Jahre ein, welche die Revolutionäre dezimierten und zerrissen. Und als in den 80er Jahren durch die früheren Protagonisten des bewaffneten Kampfes in Italien das „Ende der Feindseligkeiten“ ausgerufen wurde, wurde auch der Raum für Subversion, der durch so viel Jahre des Kampfes und der Gefechte geöffnet wurde, wieder geschlossen. Und was sagen zur Aktion der Revolutionäre, in den unzähligen Kriegen, die überall auf der Welt Länder zerrissen haben? Der Raum für die antiautoritäre Subversion schrumpft heute ansehnlich und wir kommen in manchen Gegenden seinem kompletten Verschwinden sehr nahe.

Dieser Trend ist zweiteilig: Er macht die subversive Aktion besonders schwierig, durch die repressive Besetzung des Raums durch den Staat und scheint diese Aktion auf der anderen Seite in den Augen der anderen unbegreiflich zu machen. Der totale Ekel könnte uns dazu anspornen in einen dunklen Wald zu flüchten und zu hoffen, dass wir außerhalb von all dem bleiben können und das rote Blut die grünen Blätter nicht beflecken wird. Wenn es so einen Wald gibt, könnten auch aus diesem die Angriffe gegen die Welt der Autorität aufbrechen. Das Bewusstsein unserer Quasi-Entfernung vom Spielfeld, bedeutet nicht notwendigerweise, dass wir es auch verlassen müssen. Es kann ein Startpunkt sein, um auf ein neues die Begegnungspunkte zwischen Deserteuren des Krieges der Mächtigen zu vervielfachen. Das Ruder rumzureißen wird sehr schwierig sein, aber das heißt nicht, dass wir nicht zumindest probieren können, uns als Revolutionäre und Anarchisten die Mittel und Möglichkeiten zu verschaffen, uns zu verteidigen und anzugreifen, und neue Wege zu finden, um die Staatspropaganda (demokratisch, islamistisch oder anders), die den Geist und die Sensibilität verblendet, zu durchbrechen. Ein derartiger Versuch des Auflebens eines kämpferischen Anarchismus bedarf einer guten Dosis Mut und Courage, einer nicht verhandelbaren Ethik und theoretischer Klarheit über die Bedingungen der revolutionären Konfrontation. Und er kann nicht auf Staatsgrenzen reduziert werden, genauso wie er welche gegrabenen Gräben auch immer ablehnen muss, die heutzutage unveränderlich abstoßend sind.

Die Kritik gegen den Staat verschärfen, gegen alle Staaten (sowohl Demokratien als auch Kalifate), gegen alle Autoritäten, das ist was wir tun müssen. Und das unter immer ungünstigeren Bedingungen, wo die Perspektive der sozialen Revolution an den Rand gedrückt wird. Aber es ist auch höchste Zeit, um tiefgründige Diskussionen über diese revolutionäre Perspektive zu führen und über die Revolutionäre, die diese verteidigen sollen. Es liegt vor allem an den Anarchisten, die neuen Bedingungen des antiautoritären Kampfes zu analysieren und Kenntnis zu nehmen von der Tatsache, dass der Staat nicht nachlassen wird zu versuchen, jede störende Stimme und jede Tat, die sich ihm wiedersetzt, zu eliminieren. Wir müssen uns die Frage über die Methoden der Intervention und der Projekte des Kampfes stellen, die wir in den vergangene Jahren entwickelt haben, nachdenken darüber, wie wir uns in eine Perspektive des Kampfes platzieren, die sich in den kommenden Jahren abzeichnen wird. Sich weigern Teil der autoritären Lager zu sein kann nur der erste Schritt sein.

Anarchisten, 24. März 2016

Belgien: Über den kommenden Prozess gegen Anarchisten und Antiautoritäre

Mittwoch, April 6th, 2016

(gefunden auf: de-contrainfo.espiv.net)

erhalten am 4.April

Wenn Kämpfen für die Freiheit ein Verbrechen ist, dann ist die Unschuld wirklich das Schlimmste, was einem passieren kann.

Über den kommenden Prozess gegen Anarchisten und Antiautoritäre in Belgien

Ende 2008, während sich zerstreute Feindseligkeiten durch die Revolte in Griechenland entfesseln, nachdem Alexis dort durch die Polizei ermordet wurde, eröffnet das Federaal Parket (Bundesstaatsanwaltschaft) Ermittlungen gegen AnarchistInnen und Antiautoritäre in Belgien. Im Jahr 2010, während sich der Kampf gegen den Bau eines neuen Abschiebegefängnisses in Steenokkerzeel sich seinen Weg bahnt, wird auf Basis einer Liste von Aktionen, welche die Polizei der „anarchistischen Bewegung“ zuschreiben, eine Untersuchungsrichterin, Isabelle Panou, berufen. Die Ermittlung fällt ab diesem Zeitpunkt unter Antiterrorismus. Im Mai und danach im September 2013 finden rund zehn Hausdurchsuchungen im Rahmen dieser Ermittlungen statt, u.a. auch in der anarchistischen Bibliothek Acrata in Brüssel. Erst zu diesem Zeitpunkt wird zum ersten Mal etwas von den laufenden Anti-Terrorismus Ermittlungen vernommen. Aus den Akten wird sich herausstellen, dass nicht nur die Gerechtelijke Federale Politie (Bundesgerichtspolizei) dabei eingebunden ist, sondern auch die Staatsveiligheid (Staatssicherheit), der Militaire Inlichtingendienst (militärischer Nachrichtendienst) und verschiedene antiterroristische Abteilungen anderer europäischer Länder. Im Jahr 2014 wird das Dossier geschlossen und zwölf Anarchisten und Antiautoritäre werden jetzt an die Raadkamer (Beschlusskammer des Gerichts) überwiesen.

Nach einer Sitzung, um die speziellen Untersuchungsmethoden, die im Rahmen dieser Untersuchung verwendet werden zu legalisieren (Observationen, Telefonüberwachung, das Anbringen von Mikrofonen in einem Haus, versteckte Hausdurchsuchungen, Infiltrationsversuche und das Anbringen von Videoüberwachung vor Häusern und in einem Haus) im Oktober 2015, wird das Dossier jetzt also an die Raadkamer weitergeleitet. Die Sitzung der Raadkamer wird am 10. Mai 2016 stattfinden. Dort wird beschlossen werden, ob es zu einem Prozess kommt und mit welchen Anklagen.

Die Staatsanwaltschaft hat aus ihren jahrelangen Ermittlungen nicht weniger als 29 Anklagepunkte herausgesaugt. Neun Gefährten werden der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und der Teilnahme an terroristischen Aktivitäten über kürzere oder längere Zeit beschuldigt. Drei von ihnen werden beschuldigt die „Anführer“ davon zu sein. Drei andere Personen, die nach einem Angriff auf das Polizeikommissariat in den Marollen verhaftet wurden, werden beschuldigt einen Tag lang Mitglieder dieser terroristischen Gruppe gewesen zu sein, abgesehen von anderen Anklagen in Zusammenhang mit diesem Angriff. Das allgemeine Schema wird mit spezifischeren Beschuldigungen ergänzt, wie der Teilnahme an einer wilden Demonstration vor dem Abschiebegefängnis 127bis in Steenokkerzeel (durch die Staatsanwaltschaft zum “Versuch der freiwilligen Brandstiftung“ gemacht), Vorbereitung und Teilnahme am Angriff gegen das Polizeikommissariat in den Marollen (durch das Parket als “terroristisches Verbrechen” eingestuft), Schlagen und Verwunden von Polizeibeamten, Blockieren der öffentlichen Straße, verschiedenen Beschädigungen, Ladendiebstähle, Brandstiftungen an Wägen von Schließern auf dem Parkplatz des Gefängnisses von Ittre, Anstiftung zu terroristischen Verbrechen,… Diese spezifischen Anklagen richten sich jeweils gegen bestimmte Kam, nicht alle werden also der gleichen Sachen beschuldigt.

Als roten Draht, der sich durch die jahrelangen Ermittlungen zieht, die nicht weniger als 32 Kartons Papier produziert haben, geht die Staatsanwaltschaft vom Bestehen einer anarchistischen „terroristischen Gruppe“ aus, die im Großraum Brüssel aktiv sein soll und deren Aktivitäten die Angeklagten „gefördert” oder daran teilgenommen haben sollen. Im Dossier kann man beispielsweise eine lange Liste mit 150 Angriffen, von ihnen ein Großteil Brandstiftungen, gegen Strukturen der Macht finden: Kommissariate, Gerichte, Banken, Firmen, die Geld verdienen mit dem Einschließen von Menschen, Werften, Fahrzeuge von Diplomaten, NATO-Mitarbeiter und Eurokraten, GSM-Masten,… die in Brüssel und der näheren Umgebung in den Jahren 2008 bis 2013 stattgefunden haben.

Die Erfindung einer terroristischen Gruppe, die für diese Taten verantwortlich sein soll (auch nur, durch sie „möglich gemacht zu haben”) erlaubt der Staatsanwaltschaft akrobatische Sprünge: eine Bibliothek wird ein Rekrutierungsort, Diskussionen zu klandestinen Versammlungen, zahllose Pamphlets und Zeitungen zu Anleitungen zur Stadtguerilla, Versammlungen und Demonstrationen zu Aufrufen zu terroristischen Verbrechen, Affinitäten zwischen kämpfenden Menschen und die Selbstorganisation, die daraus entsteht, zu einer „strukturierten terroristischen Gruppe“). Das stellt natürlich einen unbeholfenen Versuch des Staates dar, antiautoritäre und revolutionäre Subversion auf das Werk einer einzigen „strukturierten Gruppe“ zu reduzieren. Indem er probiert eine Handvoll Anarchisten, die stören, hinter Gitter zu bekommen, versucht der Staat die Ungehorsamen zu entmutigen zur direkten Aktion gegen das überzugehen, was uns unterdrückt und ausbeutet, und den Sehnsüchten, Möglichkeiten, Gedanken und Kritiken, die den Kampf mit dieser autoritären Welt eingehen, absolute Stille aufzuerlegen.

Dasjenige, was sie vor den Richter schleppen wollen ist also ein ganzen Mosaik von Kämpfen, Revolten, direkten Aktionen, revolutionären Phantasien und Agitationen, die schon seit Jahren versuchen die Herrschaft anzugreifen. Deshalb geht der eventuelle Prozess nicht nur die Beschuldigten an, sondern gleichermaßen jedes Individuum, jeden Anarchisten, jeden Revolutionär, jeden Rebell, jeden Ungehorsamen, der gegenüber der Ausbeutung und Unterdrückung die Hände nicht in den Schoß legen will. Worauf sie abzielen, ist die Suche nach praktischer Autonomie, Selbstorganisation im Kampf, direkte Aktion in all ihren Verschiedenheiten, die Wahl anarchistische Ideen zu verteidigen und zu verbreiten und zusammen mit anderen Teil zu nehmen an selbstorganisierten und autonomen Kämpfen. Und schließlich will der Staat zweifelsohne der kämpferischen Herangehensweise des Anarchismus einen Schlag versetzen, welche sich auf dem Individuum, Affinität und Informalität basiert.

Es wäre sonderbar die Repression, die heute eine Handvoll Anarchisten und Antiautoritäre trifft, unabhängig von der Gesamtheit an Repression zu sehen, die (oft präventiv) alle Kritik an der bestehenden Ordnung und die Revolte gegen diese versucht zu unterdrücken. Die staatliche Repression schaltet in diesen Tagen in einen höheren Gang, den Rhythmus von “terroristische Bedrohungen”, Flüchtlingskrise, Kampf gegen die Kriminalität und sehr realen Kriegen. Wir leben in einer Periode, in der Veränderungen und Umstrukturierungen immerzu schneller das Terrain der sozialen Konfliktualität ändern. Diejenigen zu neutralisieren, die aufgrund ihres Gedankenguts und ihrer Taten stören, macht deshalb wiederum Teil des Gesamten aus, das wie immer die Ausgebeuteten, Ausgeschlossenen und Unterdrückten trifft: die Verhärtung der Lebensumstände, die Militarisierung der Grenzen, eine massive technologische Kontrolle, der Bau von neuen Gefängnislagern,…

Sich gegen diesen repressiven Schlag zu verteidigen, der Kameraden mit Beschuldigungen von Terrorismus vor Gericht schleppen will, bedeutet die Möglichkeit und den Raum für anarchistisches und antiautoritäres Handeln zu verteidigen. Und durch Solidarität mit den beschuldigten Kameraden der staatlichen Repression, die jegliche subversive Aktion lahmlegen will, die Stirn zu bieten.

Wenn Kämpfen für die Freiheit ein Verbrechen ist, dann ist die Unschuld wirklich das schlimmste, was einem passieren kann.

April 2016

WEITERE INFORMATIONEN UND KONTAKT
La Lime
Solidaritätskassa Brüssel
lalime@riseup.net
Treffen jeden ersten Montag im Monat um 19:30 in Acrata
Acrata
Anarchistische Bibliothek
acrata@post.com
Grooteilandstaat 32 – Brüssel