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Grußworte von Thomas Meyer-Falk fürs ABC-Fest 2017

Samstag, April 15th, 2017

in Haft seit 1996

Herzliche, solidarische und kämpferische Grüße aus dem Freiburger Zuchthaus in Süddeutschland.

Wir alle erleben einen gesellschaftlichen Wandel, der zurück führen soll, wenn es nach FPÖ, AfD, Front National oder Trump geht. Zurück in ein Zeitalter vor der Aufklärung.

Ideen von Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit und Brüderlichkeit werden zu Grabe getragen. Es sollen herrschen Nationalismus, Rassismus und das Kapital. Ich finde das, ich kann es nicht anders sagen, zum Kotzen.

Die Bedeutung herrschaftsfeier Strukturen wie jenen von ABC sind heute von zentraler Wichtigkeit. Mag auch die Wirkmächtigkeit überschaubar sein, so besteht doch immer die Hoffnung, dass sich andere Menschen angesprochen fühlen, ihr ‘Dasein’ selbstkritisch reflektieren und sich jene Ideen, für die wir einstehen, ausbreiten!

Für diese Hoffnung gilt es zu streiten, zu kämpfen und zu leben.

Ein herzliche Umarmung!
Thomas

Ausführung in die Freiheit!? (Thomas Meyer-Falk)

Mittwoch, Oktober 12th, 2016

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

Raus aus dem Knast!Nach 20 Jahren Strafvollzug drei oder vier Mal im Jahr die Anstalt verlassen zu dürfen ist immer wieder eine spannende Angelegenheit. Zur Zeit befinde ich mich südlich von Freiburg im Markgräfler Land und besuche eine langjährige gute Bekannte. Bewacht werde ich von drei uniformierten Beamten der JVA Freiburg (https://www.jva-freiburg.de). es gab ein leckeres Frühstück und gegen 11:30 Uhr gehts es zurück in den alltäglichen Wahnsinn der Freiburger Sicherungsverwwahrung.

Was macht es mit Menschen wenn sie Jahrzehnte weggesperrt werden?

Als ich 2014 meine erste Ausführung nach 18 Jahren erhielt war ich doch auch irritiert, denn der Strafvollzug entwöhnt Menschen von den vielfältigen,bunten Anforderungen und eindrücken des Lebens- auch wenn mensch im Gefängnis „lebt“, ist dies doch ein sehr reduziertes, eindimensionales Leben, das wenig mit dem vor den Mauern zu tun hat.

Ein bisschen muten so Ausführungen wie in den sonntäglichen Zoo an, es bleibt immer die Distanz zwischen beobachtetem Objekt und einem selbst, denn stets ist im Hintergrund bewusst, es ist nur ein Ausflug von sehr übersichtlicher Dauer, wenige Stunden.

Besser als nichts!? Mehr als viele Menschen Gefängnisinsassen zubilligen würden!? Wie dem auch sei, es ist immerhin ein Minimum an Bezug zum Leben vor den Mauern.

Thomas Meyer-Falk

z.Zt.JVA (SV)

Hermann-Herder-Str. 8

D-79104 Freiburg

https://freedomforthomas.wordpress.com

[Deutschland] Thomas Meyer-Falk: 20 Jahre im Gefängnis

Montag, September 5th, 2016

Quelle: linksunten sowie Soli-Seite von Thomas

polIm Spätsommer vor genau 20 Jahren! Früher Morgen, dumpf klingt das harte schlagen der Gummisohlen auf dem Asphalt. Ein Sondereinsatzkommando stürmt in eine Bank – seit diesem Morgen befinde ich mich in staatlichem Gewahrsam, und geht es nach der zuständigen Richterin des Landgerichts, Frau K., so werden nur schwere Krankheit, hohes Alter, bzw. Siechtum die von ihr angenommene „Gefährlichkeit“ soweit reduzieren, dass eine Freilassung in Frage kommt.

An ihren Zellenfenstern stehen sie; die Fäuste um die kalt-weißen Gitterstäbe gekrampft, ihr Blick geht empor, dorthin, wo einst Titan Prometheus sie hieß zu schauen. Zu den Sternen blicken ihre leeren Augen. Wie sie da stehen. Alleine. Sie sehen nicht mehr, als würden sie ihre Blicke innenwärts lenken, in ihre Herzen.

Immer wieder habe ich in der Vergangenheit über die Entwicklungen im Strafvollzug (https://linksunten.indymedia.org/de/node/48573) berichtet, und seit Juli 2013 berichte ich über die Situation in der Sicherungsverwahrung im Besonderen, da ich selbst dort einsitze (https://linksunten.indymedia.org/de/node/150659). Vielen Gefangenen bin ich in diesen zwei Jahrzehnten begegnet, einige von ihnen sind in der Zwischenzeit aus der Haft entlassen oder in Haft gestorben, viele von ihnen sitzen noch oder schon wieder.

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Von Freiburg nach Clausnitz – Parallelen im rassistischen Diskurs

Donnerstag, Februar 25th, 2016

Ortsschild ClausnitzNach Hinweisen auf eine bundesweit Schlagzeilen machende rassistische ‚Tür-Politik‘ Freiburger Clubs, nicht abebbenden rassistischen An- und Übergriffen, nun vor wenigen Tagen im sächsischen Clausnitz der massive Polizeieinsatz um bedrohte Flüchtlinge mit Gewalt in ihre Unterkunft zu „verbringen“, sollen diese Phänomene in einem kurzen Beitrag näher beleuchtet werden.

 

Vorgeschichte/n

Anfang Januar 2016 machte u.a. der im südbadischen Freiburg residierende Club ‚White Rabbit‘ bundesweit Schlagzeilen, da man sich seitens dessen BetreiberInnen dazu entschieden hatte, Flüchtlingen den Zutritt zu verweigern. Gerade weil es sich um einen emanzipatorischen Vorstellungen verpflichtet sehenden Club handelte, griff die Presse dieses Ereignis mit besonderem Nachdruck auf http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-01/fluechtlinge-clubs-freiburg-verbot. Und erst vor wenigen Tagen machte die sächsische Gemeinde Clausnitz Schlagzeilen. Ein Bus mit Flüchtlingen wurde von einem Mob ‚empfangen‘ der fremdenfeindliche Parolen brüllte. Die verängstigten Flüchtlinge weigerten sich den Bus zu verlassen, um die ihnen eigentlich dort zugewiesene Unterkunft zu beziehen. Sodann griff die anwesende Polizei nicht etwa gegenüber den DemonstrantInnen(hart) durch, sondern es waren die Flüchtlinge, die Gewalt erfuhren: unter Anwendung „unmittelbaren Zwangs“ wurden mehrere der Flüchtlinge aus dem Bus in die Unterkunft gezerrt. Der Chemnitzer Polizeipräsident verteidigte dieses Vorgehen als rechtmäßig und wies den Flüchtlingen eine Mitschuld an der Situation zu, da aus dem Bus heraus DemonstrantInnen gefilmt worden seien; im übrigen hätten manche Flüchtlinge „beleidigende Gesten“ gegenüber den DemonstrantInnen gezeigt http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-1078463.html.

 

Rechtliche Aspekte

Das die Türpolitik des ‚White Rabbit‘,die dort in der Zwischenzeit wieder geändert wurde http://www.badische-zeitung.de/freiburg/kts-kritisiert-clubszene-fuer-ihre-tuerpolitik—116986236.html, aber auch andere Clubs die vergleichbar agieren, gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, insbesondere auch gegen Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz verstößt, ist evident, denn die nachteiligen Folgen werden unmittelbar angeknüpft an die Herkunft der Betroffenen.

Hinsichtlich der Vorfälle im sächsischen Clausnitz ist zu bemerken, dass das Filmen aus dem Bus heraus zulässig gewesen sein dürfte, schon um die Straftaten der DemonstrationsteilnehmerInnen zu dokumentieren. Was das Zeigen z.B. des ‚Mittelfingers‘ anbelangt, dürfte, angesichts der rassistischen Anfeindungen die zuvor Anlass für diese Gesten gegeben hatten, entweder kein Staatsanwalt Anklage erheben, falls doch, würde wohl ein Gericht von § 199 Strafgesetzbuch Gebrauch machen, der bei wechselseitig begangenen Beleidigungen diese straffrei stellen kann.

 

Eher Philosophische Aspekte

Der seinerzeit schon über 70-jährige Immanuel Kant schrieb in seiner 1795 erschienenen Schrift ‚Zum ewigen Frieden‘ über das elementare ‚Recht eines Fremdlings (…) nicht feindselig behandelt zu werden‘, wenn er auf dem Boden eines anderen Staates ankomme.

Jene ‚Fremden‘, für uns noch namenlos, jede und jeder mit einem schweren Schicksal beladen, scheinen für viele Menschen eine Quelle der Angst darzustellen. Und dann erzählen solche Menschen Geschichten; das Internet ist voll von ‚Erzählungen‘ über angebliche Erlebnisse mit Flüchtlingen, angebliche Straftaten. Was sollen diese Geschichten, was ist deren Funktion? Im harmlosesten Falle vertreiben diese die Zeit und ansonsten und schwerwiegender: die Furcht (vgl. Blumenberg, ‚Arbeit am Mythos‘ ).

Jedoch, Furcht vor wem, Furcht wovor? Die Urerfahrung des Menschen, seit dieser überhaupt vor Äonen ein Bewusstsein entwickelte, ist die Angst. Die Angst, eine Welt bewusst zu erleben, die man nicht versteht. Erzählungen hatten seit jeher und haben dies auch heute noch, die Funktion, das Unerklärliche zu erklären, das Unbenennbare zu benennen und handhabbar zu machen. Durch Benennung und Namhaftmachung, wird so etwas wie Ordnung im Chaos geschaffen; durch den Namen bekommt jemand eine Identität, wird in eine Gemeinschaft gestellt und ist jetzt erst wirklich (vgl. Liessmann, ‚ Vom Nutzen und Nachteil des Denkens für das Leben‘, Seite 47).

Hierin liegen Chance und Risiko zugleich, denn Etwas als etwas und Jemanden als jemand anzusprechen bedeutet, dieses Etwas als etwas festzulegen, obwohl es auch etwas Anderes ist, und jemanden auf eine Weise als jemanden zu identifizieren, sein Anderssein und seine Veränderbarkeit zu übersehen (vgl. Wilhelm Schmid, ‚Philosophie der Lebenskunst‘, S.250).

Und genau hierin ähneln sich die Vorgänge von Freiburg im Januar 2016 und im sächsischen Clausnitz im Februar 2016 !.

Menschen werden feindselig behandelt, der Angst vor dem Unbekannten wird ein solch breiter Raum belassen, dass darin menschenfeindliche Strömungen erstarken können, die durch ihre vielfach auch völlig falschen Erzählungen den Diskurs dominieren, dabei die eigentliche Funktion von Geschichten, nämlich Angst zu mindern, pervertieren und gezielt (versuche n) Ängste zu schüren, oder zu wecken.

 

Eher politische Aspekte

„An die dumme Stirn gehört von Rechts wegen die geballte Faust“, so schrieb es Nietzsche, und zwar, wie er meinte, als Argument. In der Tat, es gibt ein Stadium der Menschenfeindlichkeit wo alles sachliche argumentieren endet, enden muss, denn andernfalls würde man sich gemein machen mit den Menschenfeinden.

Die im GRÜNEN-Wohlfühlstädtchen etablierten Clubs agieren auf intellektuell etwas anspruchsvollerem Niveau, als der Mob der in Clausnitz aufmarschierte; jedoch ähneln sie sich einander mehr, als sie möglicherweise selbst vermuten oder erwarten würden.

Beide senden eine politische Botschaft in den Diskussions- und Diskurs-Raum; dass sie nämlich, wie die Menschen vor 500.000 Jahren lieber Mythen anhängen und an liebsten jeden Fremden erschlügen, anstatt ihn namhaft zu machen und so in die Gemeinschaft aufzunehmen.

Und dieser Menschenfeindlichkeit gilt es sich entgegen zu stellen.

Gestern! Heute ! Morgen ! Immerzu !

Thomas Meyer-Falk
z.Zt. JVA (SV)
Hermann-Herder-Str. 8
D-79104 Freiburg

Interview dem Gefangenen Thomas Meyer-Falk aus der JVA Freiburg

Donnerstag, Februar 25th, 2016

(gefunden auf: www.radioflora.de)

Thomas ist seit 1996 weggesperrt und befindet sich seit 2013 in Sicherungsverwahrung. Schwerpunkt des Gespräches werden die sogenannten „Geborenen Verbrecher _innen„ sein.
Thomas schreibt dazu:
„In der Kriminalistik gibt es in den letzten Jahren den Trend, sich intensiv mit genetischen und neurologischen Phänomen zu beschäftigen, also die Wurzeln für abweichendes Verhalten in der Biologie zu suchen – ob in den Genen, oder aber im Gehirn. Dadurch werden auch gesellschaftliche Konfliktfelder individualisiert, denn wo das Individuum mit seinen Genen und Hirnstrukturen verantwortlich ist für abweichendes Verhalten, braucht man sich um politische und soziale Ursachen nicht weiter zu kümmern.“

Auf den Hund gekommen – ein Projekt in der SV

Samstag, Januar 16th, 2016

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

Im KnastVor kurzem berichtete die Badische Zeitung aus Freiburg darüber, dass Tierheim-Hunde, Sicherungsverwahrte, sprich Gefängnisinsassen, besuchen würden. Ein recht rührseliger Artikel zeichnet die desolate Situation in der Verwahrung in so weichen Farben, dass nicht wenig Insassen recht zornig waren.

 

Die Hundegruppe

Sechs der über 50 Freiburger Sicherungsverwahrten hatten sich freiwillig für ein Pilotprojekt gemeldet. Einmal in der Woche sollten sie die Möglichkeit erhalten, für jeweils 90 Minuten im Gefängnishof mit einem Hund in Kontakt zu kommen. Nach Aussage der in dem Artikel zitierten therapeutischen Leiterin, Frau Dr. Schneider, erhoffe man sich therapeutische Effekte, insbesondere Auswirkungen auf die soziale Kompetenz der Teilnehmer.
Für 2016 ist nun eine zweite Gruppe in Planung, so dass dann im wöchentlichen Wechsel, jeweils sechs Insassen mit Hunden (therapeutisch) arbeiten können sollen.

Tiergestützte Therapie

Um nicht missverstanden zu werden,es gibt durchaus sinnvolle Anwendungsfelder für tiergestützte Therapien, denn die Interaktion zwischen Mensch und Tier erfolgt im wesentlichen auf non-verbale Art und auch mit Körperkontakt, so dass ein anderer emotionaler Aspekt der Persönlichkeit angesprochen, im Idealfall auch gefördert wird, als bei bloßen gesprächstherapeutischen Maßnahmen. Ob in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern oder eben auch Gefängnissen, immer öfter wird auf den Einsatz von Tieren gebaut. Insofern ist im Prinzip der Einsatz für den Bereich der Sicherungsverwahrung ein sinnvoller Baustein.

Die Kritik von Insassen der JVA Freiburg

Bei Insassen entzündete sich an insbesondere zwei Punkten Kritik: Strafgefangene sagten, es sei nicht in Ordnung, wenn man für sie ein solches Angebot nicht mache. Einige Sicherungsverwahrte wiederum beschwerten sich über die ‚heile Welt‘-Darstellung der Badischen Zeitung, bzw. die Instrumentalisierung der Hunde-Gruppe durch die therapeutische Leiterin, die sogleich das Angebot ‚medial ausgeschlachtet‘ habe, um von den drängenden, schwärenden Problemen ( z.B. war, als der BZ-Artikel erschien, ein Verwahrter seit Tagen im Hungerstreik) abzulenken und der Bevölkerung ein einseitiges Bild zu präsentieren. Ein Sicherungsverwahrter hatte den Eindruck, die BZ-Journalistin mache sich in dem Artikel versteckt lustig über die Teilnehmer. Aus anderer Ecke wurde eingeworfen, dass die ‚Belohnung‘ (jeder Teilnehmer erhielt Tabak, Kaffee und dann ein Photo des jeweiligen Hundes) wohl eine Rolle für die rege Teilnahme gespielt haben könnte.

Ausblick

Letztlich ist auch ein Hundeprojekt nicht viel mehr als eine Form der ‚Bespaßung‘ der Teilnehmer; dieser Effekt sollte nicht zu gering erachtet werden, denn er erhöht ersteinmal  in der Tat die Lebensqualität der Betroffenen, die jedoch kaum eine realistische Chance haben in absehbarer Zeit auf freien Fuß zu kommen. Diese Bespaßung dann aber therapeutisch zu überhöhen, so wie es hier erfolgt, das ist unredlich und geradezu unethisch. Dass die Lokalzeitung dieses Spiel mitspielt sagt mehr über das journalistische Verständnis des Blattes, bzw. der den Artikel verfassenden Journalistin aus, als über die Qualität des ‚therapeutischen‘ Angebots. Politisch hochproblematisch erscheint, wie durch solche einseitigen, die Realität weich zeichnenden oder gar völlig ausblendenden Artikel, die Bevölkerung verzerrt informiert wird.

Bei der Sicherungsverwahrung handelt es sich um eine Form ‚präventiven‘ Freiheitsentzugs unter strafhaftähnlichen Umständen, auf bloßen Verdacht hin, ein Insasse/eine Insassin könnte, eventuell, möglicherweise wieder einmal straffällig werden,- eingeführt 1933 von den Nationalsozialisten.

Hungerstreiks, Todesfälle (noch heute ermittelt die Freiburger Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem Todesfall aus dem Jahre 2014, gegen MitarbeiterInnen der Sicherungsverwahranstalt),hoffnungslose Verwahrung,- all das wird durch solche ‚Berichterstattung‘ wie die der BZ geradezu negiert.

Dass die therapeutische Leiterin die Gunst der Stunde nutzt um sich medial feiern zu lassen, zitiert mit ein paar launigen Sprüchen, das ist schon typische ‚Vollzugs-Folklore‘, zeigt aber auch einen gewissen Zynismus: die einzelnen Teilnehmer werden zu Spielfiguren der Außendarstellungsbemühungen der Anstaltsleitung degradiert.

Und das traurige: einige von ihnen freuten sich darüber, waren ganz stolz „mal in der Zeitung zu stehen“.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com

Das Elend der Prognose im Gefängnis

Dienstag, Dezember 22nd, 2015

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

Aus der Haft wird nur „vorzeitig“, d.h. auf Bewährung frei gelassen, deren oder dessen Sozialprognose sich als günstig erweist (vgl. §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 67 d Abs. 3 StGB); besonders kritisch schauen GutachterInnen und RichterInnen bei Sicherungsverwahrten hin. Im Folgenden soll über einen aktuellen Beschluss des OLG Karlsruhe berichtet werden.

Die Vorgeschichte

Franz Schulz (Name geändert) hat mittlerweile Jahrzehnte im baden-württembergischen Strafvollzug zugebracht; seit August 2000 befindet er sich in Sicherungsverwahrung. Diese wurde vor längerer Zeit für die Verbüßung einer dreijährigen Haftstrafe unterbrochen. Am 6.8.2013 waren jedoch 10 Jahre der SV vollstreckt – und da die Anordnung der SV mit Urteil vom 12.11.1992 erfolgte, handelt es sich bei Herrn Schulz um einen sogenannten „Altfall“.

Die Altfall-Problematik

Eingeführt wurde die Sicherungsverwahrung durch das „Gewohnheitsverbrecher-Gesetz“ vom 24.11.1933, also durch die Nationalsozialisten. Nach 1949 gab es mehrere Reformen, so wurde u.a. die erstmalige Anordnung der SV hinsichtlich deren Dauer auf 10 Jahre begrenzt. Diese zeitliche Befristung wurde 1998 durch die (damalige) CDU/FDP-Koalition im Bund aufgehoben. Da dies auch rückwirkend erfolgte, also für längst Verurteilte, kam 2009 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu dem Ergebnis, eine solche Rückwirkung verstoße gegen Artikel 5 und Artikel 7 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte.

Maßgeblich stellte der Gerichtshof darauf ab, die SV stelle eine Strafe im Sinne der Konvention dar; eine Sichtweise der sich dann 2011 das Bundesverfassungsgericht nicht anschließen wollte. Letzteres stellte in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (https://www.bverfg.de/e/rs20110504_2bvr236509.html)fest, die SV unterfalle nicht Artikel 103 Grundgesetz, da es sich bei einer Maßregel nicht um eine Strafe handele. Jedoch sei aus dem Rechtsstaatsgebot eine abgeschwächte Variante des Vertrauensschutzprinzips abzuleiten; danach dürfe die Sicherungsverwahrung bei „Altfällen“ (also jenen Verwahrten die ihre Tat/en vor der Reform von 1998 begangen haben) über 10 Jahre hinaus nur vollstreckt werden, wenn positiv eine Störung der Persönlichkeit feststehe, infolge derer die Gefahr der Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualtaten besteht (umgesetzt durch den Gesetzgeber in Artikel 316 f Absatz 2 Satz 2 EGStGB).

Die Routinebegutachtungen

In der Praxis ist nach wie vor festzustellen, dass InsassInnen, zumal wenn sie nicht kooperationswillig sind, routinemäßig nach Aktenlage beurteilt werden, so auch im Falle von Herrn Schulz. Nachdem Herr Schulz, nach eigener Aussage, vor Jahren schlechte Erfahrungen mit Herrn Dr. D. gemacht hatte, veranlasste dies die Vorsitzende der 12. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg nicht, künftig einen anderen Sachverständigen zu beauftragen. Regelmäßig wurde weiter Herr D. beauftragt, mit dem Herr Schulz sich jedoch weigerte zu sprechen. Demgemäß schrieb Dr. D. seine eigenen Gutachten fort und attestierte jeweils, dass sich zum Vorgutachten keine (positiven) Veränderungen ergeben hätten. Zuletzt kam er sogar zur Ansicht, dass Herr Schulz zur Querulanz neige, weil dieser (anstatt wie früher verbal-aggressiv zu reagieren, was selbstverständlich auch stets als Beleg für dessen Gefährlichkeit angeführt wurde) nun einige Beschwerden schriftlich eingereicht hatte, die in zwei Fällen das Oberlandesgericht sinnigerweise für begründet erachtete.

Forderung nach „unabhängiger“ Begutachtung

Durch einen Mitverwahrten und einen Fernsehbericht wurde Herr Schulz auf den (mittlerweile emeritierten) Mainzer Kriminologen und Sachverständigen Professor Dr. Dr. Bock aufmerksam und beantragte, dieser möge mit der Begutachtung beauftragt werden – von ihm werde er sich auch untersuchen lassen.

Ein Ansinnen, das die erwähnte Vorsitzende am Landgericht lapidar ablehnte; bei Prof. Dr. Dr. Bock handele es sich nicht um einen Psychiater, deshalb sei er ungeeignet ein Sachverständigengutachten zu erstatten, wo es doch vorliegend auf psychiatrische Sachkenntnis ankomme. Eine typische Argumentation, die Prof. Dr. Dr. Bock schon vor Jahren in seinen Aufsätzen kritisierte, denn seiner Ansicht nach sei es originäre Aufgabe von Kriminologen entsprechende Prognosegutachten zu erstatten.

Erfolg vor dem Oberlandesgericht

Mit Beschluss vom 23.11.2015 (Az. 2 Ws 502/15 – unten als PDF Datei angefügt) hob das Oberlandesgericht den landgerichtlichen Beschluss auf und bekräftigte seine gefestigte Rechtsprechung.

Zwar habe ein Untergebrachter keinen Anspruch darauf, dass ein bestimmter Sachverständiger beauftragt werde, in Ausnahmefällen jedoch, wenn der Verwahrte erkläre, sich nur von diesem einen (zumal anerkannten) Gutachter untersuchen zu lassen, gebiete der Grundsatz der bestmöglichen Sachverhaltsaufklärung, in der Praxis dann diesen Gutachter zu beauftragen; zumal bei einem „Altfall“ dessen Verwahrung über 10 Jahre hinaus schon andauere.

Landgericht folgt der OLG-Vorgabe

Mit Beschluss vom 2.12.2015 hat das Landgericht Freiburg (12 StVK 533/15 -SV-) diese Vorgaben umgesetzt und nunmehr Prof. Dr. Brettel (dem Nachfolger im Lehrstuhl von Prof. Dr. Dr. Bock) mit einer umfassenden Begutachtung von Herrn Schulz beauftragt.

Anwaltliche Vertretung?

An der anwaltlichen Vertretung des Untergebrachten lag dies nicht zwangsläufig, denn bislang beschränken sich die Schriftsätze des Pflichtverteidigers auf formularmäßige Schreiben ohne weitergehende Argumentation oder nähere Begründungen, so dass ein Mitverwahrter die (ausführliche) Beschwerdebegründung für Herrn Schulz fertigen musste.

Auch das ist ein großes Problem in diesem Bereich: ob nun im Strafvollzug oder in der Sicherungsverwahrung, es mangelt an engagierten VerteidigerInnen. In Einzelfällen gibt es AnwältInnen, die sich überdurchschnittlich einsetzen. Die Regel ist das jedoch nicht.

Ausblick und weiterer Verfahrensgang

Herr Schulz setzt nun viele Hoffnungen in die Begutachtung durch den Kriminologen – und es ist schlicht eine Frage der Gewichtungen, ob Herr Schulz eine realistische Chance hat 2016 auf freien Fuß zu kommen. Denn ob er tatsächlich „hochgefährlich“ ist, das ist schlicht und ergreifend eine Wertungsfrage und nicht wirklich objektivierbar. Manchen ist noch der Fall von „Gustl Mollath“ aus Bayern in Erinnerung, dessen Verteidiger Strate (Hamburg) dann auch ein Buch über das Elend der Kriminalprognose publizierte.

Wiewohl die Gerichte, die Gutachten selbstständig zu prüfen und zu bewerten haben, in der Praxis entscheiden letztlich die Sachverständigen darüber, wer frei kommt und wer nicht – die Gerichte setzten lediglich das um, was die Gutachter vorgeben. Bei alledem sollte nicht übersehen werden, dass Verwahrten wie Herrn Schulz tagtäglich Unrecht geschieht, denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) handelt es sich um eine menschenrechtswidrige Inhaftierung. Allerdings nehmen es Politik und Justiz lieber hin, eines schönen Tages einem Verwahrten mehrere zehntausend Euro Entschädigung zahlen zu müssen (der EGMR hat in der Vergangenheit bis zu 70.000 Euro – ehemaligen- Verwahrten zugesprochen), als endlich die Menschenrechte auch von Inhaftierten zu achten. Dies lässt so manche kritische Äußerung insbesondere aus der Politik in Richtung anderer Staaten zu dortigen Menschenrechtsverletzungen in einem ganz eigenen Lichte erscheinen.

Thomas Meyer-Falk

c/o JVA (SV)

Hermann-Herder-Str.8

79104 Freiburg

http://freedomforthomas.wordpress.com/

https://www.freedom-for-thomas.de/

 

application/pdf icon Beschluss OLG Karlsruhe 2 Ws 502 15 12 StVK 533 15 (PDF)

Ein Brief von Thomas Meyer-Falk

Sonntag, November 22nd, 2015

(gefunden auf: abcdd.org)

t_m-fFrau eingesperrt wegen Sex ohne Kondom

Eine 29 Jährige Frau wurde, 2104 in Deutschland, zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt weil sie Sex ohne Kondom hatte. Weil das Gericht sie als eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit einstufte verhängte es auch eine potentielle lebenslängliche Sicherheitverwahrung.

Die Geschichte:

Jaqueline, eine lebensfrohe junge Frau. Sie verbrachte Zeit im Umfeld eines Biker Klubs und hatte einige Partner. Einige Jahre vorher hatte sie sich mit HIV infiziert, aber sie nahm Medizin deswegen und darum brach die Krankheit nicht aus.

Nachdem Jaqulins Mutter heraus fand das ihre Tochter Sex mit Männern hatte zeigte sie diese bei der Polizei an.

Der Prozess:

Das Oberlandesgericht befand Jaqueline der versuchten gefährlichen Körperverletzung schuldig: Sex ohne Kondom. Dem Gericht zu folge war dies eine „die das Leben gefährdende Behandlung“. Weil sie dies zuvor schon einmal gemacht hatte wurde außerdem eine anschließende Sicherheitverwahrung verhängt.

Geschichte der Sicherheitverwahrung:

1933 führten die Nazis ein Gesetz ein gegen Leute die als “Gefahr für die Gesellschaft” identifiziert wurden. Dieses Gesetz erlaubte es dem Staat Menschen einzusperren die Haftstrafe verbüßt hatten (freedomforthomas.wordpress.com/2013/10/08/nazi-law-in-germany-2013/). Nach dem 2. Weltkrieg hob 1954 der Oberste Gerichtshof der DDR das Gesetzt zur Sicherheitverwahrung auf weil es die Nazigesetzgebung verkörpert. Die Gerichte in der BRD hatte nie solche moralischen Bedenken. Das spanische Verfassungsgericht verwarf ein ähnliches Gesetz weil es den Grundsatz verletzte das jeder nur einmal für seine Tat verurteilt werden sollte.

Keine Berufung!

Der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht verwarfen beide ein Revision des Urteils des Oberlandesgerichtes. So mit steht Jaqueline, 30 Jahre jung, vor einem Leben hinter Gittern. Niemand wurde verletzt, niemandem wurde geschadet, niemand wurde mit HIV angesteckt. Lebenslänglich, vielleicht, hinter Gittern basierend auf einem Gesetz welches von den Nazis 1933 verabschiedet wurde.

Schulleben hinter Gittern

Dienstag, Oktober 27th, 2015

(gefunden auf: freedomforthomas.wordpress.com)

2-format43Das Strafvollzugsgesetz sieht vor, ‚geeigneten Gefangenen‘ Bildung anzubieten (vgl.§ 38 Strafvollzugsgesetz-Bund). Wie setzt diesen Auftrag die Justizvollzugsanstalt Freiburg um?

Bildungszentrum der JVA Freiburg

Schon seit über 40 Jahren wird innerhalb der im Südwesten der Bundesrepublik gelegenen Haftanstalt Ausbildung und insbesondere Schulunterricht angeboten. Zu Anfang ging es um eher schlichtere Angebote; aber im Verlauf der Zeit wurde das Angebot immer differenzierter, so dass letztlich vom Alphabetisierungs-Kurs bis zum Hochschulabschluss die gesamte Palette des Schulsystems umfasst ist. Selbstverständlich gibt es auch Sprachkurse (‚Deutsch für Migranten‘, Französisch, Spanisch, Englisch).

Laut einer Mitarbeiterin des pädagogischen Dienstes sei innerhalb der JVA das Bildungszentrum ‚der größte Arbeitgeber‘, d.h. keiner der Anstaltsbetriebe beschäftige mehr Gefangene als die Schule.

Beispiel Abitur

Ich selbst bin seit dem 21. September 2015 Kursteilnehmer. Zusammen mit sechs Insassen soll in 2-3 Jahren die Schulfremden-Prüfung für die allgemeine Hochschulreife gemeistert werden können. Erfreulich ist die multikulturelle Zusammensetzung der Klasse; es findet sich ein türkischer Migrant, ebenso wie jemand, dessen Eltern aus Eritrea geflohen sind oder der aus Rumänien in die BRD umsiedelten.

Als Lehrkräfte sind Lehrerinnen und (ein) Lehrer aus Gymnasien Freiburgs und umliegender Städte im Einsatz, die dann für ihren jeweiligen Unterricht an das Bildungszentrum der JVA abgeordnet werden, ansonsten jedoch weiter an ihren jeweiligen Schulen unterrichten.

Auffällig war gleich zu Anfang, die Veränderung der didaktischen Methoden; ich selbst hatte zuletzt Ende der 80er eine Schule besucht. Damals war noch nicht viel davon die Rede ,gemeinschaftlich etwas zu erarbeiten oder den Fokus mehr auf die Ressourcen als auf die Defizite zu legen. Insofern ist es erfreulich zu beobachten, wie heutzutage versucht wird, Schüler zu motivieren, ihnen Wissen zu vermitteln.

Im Rahmen von Vollzeitunterricht werden wir in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch, Biologie, Mathematik, Ethik und Geschichte mit den Anforderungen der gymnasialen Oberstufe im Verlauf der nächsten zwei bis drei Jahre vertraut gemacht.

Die Anstalt stellt dabei das meiste des benötigten Materials (z.B. Hefte, Stifte, Bücher), lediglich der für den Mathematik-Unterricht benötigte Taschenrechner muss auf eigene Kosten erworben werden.

Exkurs: Der gescheiterte Taschenrechnerkauf

Der noch recht jugendliche erscheinende Mathematiklehrer Herr S. bestellte, nach Absprache mit uns Schülern für jeweils 119 Euro einen wissenschaftlichen, grafikfähigen Taschenrechner, der auch im Abitur verwendet werden darf.

Als dieser Rechner dann in der Anstalt eintraf, wurde er von der JVA beanstandet, so dass ein Klassensatz anderer Taschenrechner bestellt werden sollte. Was war passiert?

Der vom Lehrer favorisierte Taschenrechner verfügte über einen Akku, welcher über ein USB-Kabel geladen wird. Und USB-Kabel sind ‚des Teufels‘ in Haftanstalten, zumindest in Freiburg, denn damit könnte man auch Handys laden – und deren Besitz ist (bekanntermaßen) in Gefängnissen streng verboten.

Folglich ging die ganze Lieferung zurück an den Absender,allerdings erhalten wir diesen Taschenrechner nun doch und die Aufladung der Batterie wird über die JVA erfolgen.

Der Unterricht

In (meist) recht lockerer Atmosphäre sitzen wir in unserem Klassenzimmer. Mit viel Engagement vermitteln die Lehrkräfte das Wissen und lassen sich auch auf Diskussionen über verschiedene Themen ein, wenn sie in den jeweiligen Kontext passen. Gerade weil lediglich eine der Lehrerinnen ‚Hafterfahrung‘ (sie unterrichtete schon zuvor in einer JVA, wie auch der forensischen Psychiatrie) mitbringt, staunen die LehrerInnen gelegentlich über die Skurrilitäten des Gefängnisalltags.

Exkurs: Die verschlossene Türe

Geschlossene Türen sind in einem Gefängnis zu erwarten; also bedarf es berechtigter Personen, die über die Schlüssel verfügen, um besagte Türen zu öffnen. Herr Hauptsekretär Sch. , fast ein Vollzugsveteran, so viele Jahre arbeitet er schon in Freiburgs JVA, sollte mir eine Verbindungstüre öffnen, damit ich vom Zellentrakt zum Klassenzimmer gelangen konnte. Es entspann sich dann eine Diskussion darüber, ob so eine Aufgabe zu seinem Arbeitsgebiet zähle, oder doch eher nicht. Ich verwies auf einen amtlichen Aushang, der an besagter Türe, wie an allen Türen der Zellentrakte befestigt war. Letztlich öffnete er mir dann doch noch den Weg zum Klassenzimmer, jedoch nicht ohne mir nachzurufen, dies sei eigentlich nicht seine Aufgabe, egal was da auf dem Aushang stehe.

Nachdem ich auf schriftlichem Wege versuchte zu klären, ob Herr Sch. die Situation hier zutreffend beurteilt hatte, staunte ich nicht schlecht, als ich am nächsten Tag feststellte, dass irgendwer – mit viel ‚Liebe‘ und Tatkraft – besagte amtliche Aushänge von den Türen der Stationen 2 und 3, jenes Traktes entfernt hatte, in welchem ich tagsüber eine Zelle bewohne (abends kehre ich, über den Gefängnishof, zurück in den Trakt der Sicherungsverwahrung).

Auch die Klassenlehrerin unseres Kurses, Frau R.-S. musste darüber schmunzeln.

Letztlich erklärte sich Herr Sch. dann doch bereit, künftig die entsprechende Türe zu öffnen, sofern es ihm dienstlich möglich sei, er also nicht durch Dienstgeschäfte anderweitig zu tun habe.

Ausblick

Es geht-verständlicherweise- nicht ganz reibungsfrei zu im Unterricht; insbesondere ein Mitschüler, Mitte 20, gibt sich gegenüber Lehrerinnen mitunter passiv-aggressiv, jedoch gehen diese souverän damit um.

Schwieriger dürfte abzuschätzen sein, welches Menschen- und Politikbild die Lehrkräfte zu vermitteln beabsichtigen. So wurde im Englisch-Unterricht sogleich umfänglich auf ’national-identity‘ eingegangen, ohne eine wirklich umfassende kritische Reflexion. Auch scheint ein recht kapitalismusfreundliches Bild bei den Lehrkräften zu bestehen, wobei das letztlich nicht überraschen dürfte, sind es doch LandesbeamtInnen die hier tätig werden.

Zumindest betonen alle Lehrkräfte, wir -Schüler- seien frei in unseren Antworten, müssten jedoch unsere Ansichten zumindest gut begründen können, d.h. es gehe ihnen nicht darum, uns von ihrer jeweiligen Ansicht zu überzeugen.

Freiburgs Bildungszentrum ist in Haftkreisen bundesweit bekannt, weshalb auch extra ein Schüler aus der JVA Schwerte sich hat hierher verlegen lassen, um das Abitur machen zu können.

Aus meiner Sicht ist Bildung mit das Wichtigste was Menschen auch und insbesondere in einer Haftanstalt ‚mitnehmen‘ können, für sich, für ein Leben später in Freiheit und damit dann auch für das Umfeld, in welchem sie künftig leben.

Thomas Meyer-Falk

c/o JVA (SV)

Hermann-Herder-Str. 8

79104 Freiburg

https://freedomforthomas.wordpress.com

http://freedom-for-thomas.de

Texte die im Zusammenhang mit den ‚Antiautoritären Tagen gegen die Knastgesellschaft‘ veröffentlicht wurden

Mittwoch, Oktober 7th, 2015

(gefunden auf: solidaritaetswerkstatt.noblogs.org)

Texte die im Kontext der Tage veröffentlicht wurden und/oder als Vorbereitung gelesen werden können.(Den Text findet ihr immer auch als PDF unter dem jeweiligen Text oder hier am Anfang einmal als Sammlung…)

Die Texte als PDF:

offener-Brief.pdf

Grußwort-Iceman.pdf

Thomas-zu-den-AATGDK.pdf

ein-versprechen…pdf

Der-charakter-der…pdf

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Ein Versprechen namens Freiheit

Montag, September 28th, 2015

(gefunden auf: freedomforthomas.wordpress.com)

liberta-negata-a20261166-750x420Vor wenigen Wochen erklärte die deutsche Bundeskanzlerin Merkel, Deutschland sei ein freundliches Land, das Menschen willkommen heiße, welche vor Kriegen und politischer Verfolgung flüchteten. Kaum ausgesprochen, reagiert die ganz große Koalition aus CDU, SPD und – wie sollte es anders sein – den Grünen, angesichts des Umstandes, dass viele tausende Menschen dieses Kanzlerinnenwort für bare Münze nahmen und kamen, mit einem Gesetzes- und Maßnahmenpaket, welches die wohl schärfste Einschränkung elementarster Menschenrechte für Flüchtlinge seit dem Jahr 1993,- seinerseits wurde faktisch das Asylrecht in der BRD abgeschafft – , darstellt.

Was meint Freiheit ?

In einer idealtypischen Vorstellung ist dort Freiheit existent, wo unser Leben keiner Rechtfertigung durch Erfolg oder irgend etwas sonst benötigt, dort wo der Mensch keiner Macht außerhalb seiner selbst unterworfen ist. Einerseits sprechen wir also von der ‘Freiheit von’ etwas; andererseits ist die ‘Freiheit zu’ etwas fast schon wichtiger. Die Freiheit zu leben, in Beziehung zu und mit anderen Menschen, ohne manipuliert zu werden, ohne einen unterdrückerischen Apparat fürchten zu müssen, spontan, glücklich; sicherlich nicht immer, das Leben wird niemals ein Ponyhof sein, aber zu einer positiven Freiheit ist der Mensch geboren und sucht sie ein Leben lang.

Die Freiheit ist das Verbrechen!

Jetzt wo hunderttausende Menschen nach Europa wollen, aus nacktem Überlebensantrieb, aus Furcht vor Verfolgung, Folterungen, Diskriminierungen, wirtschaftlich völlig desolaten Lebensbedingungen, erweist sich jene ‘Freiheit’ von der die etablierten PolitikerInnen Europas, zu förderst Deutschlands zu sprechen pflegen, als ‘ das Verbrechen, das alle Verbrechen enthält’ (‘Ein Verbrechen namens Freiheit’, OS Cangaceiros).

Die die kommen um hier Freiheit zu finden, sie sollen nach dem Willen von CDU/SPD/GRÜNEN wahlweise als möglichst günstige Arbeitskräfte für den deutschen Arbeitsmarkt herhalten ( und damit soll und wird auch Druck auf die übrigen ArbeiterInnen ausgeübt Lohnverzicht zu üben), oder möglichst rasch wieder aus dem Land geworfen werden. Die Parteien nutzen die Gunst der Stunde, längst gefasste Pläne zur noch repressiveren Ausgestaltung des Ausländer- und Flüchtlingsrechte in Eilverfahren durch zu peitschen.

Flüchtlinge die aus anderen EU-Staaten kommend hier einreisen, sie sollen künftig nur noch Verpflegung und ein Rückreiseticket ( in das EU-Land aus welchem die Einreise erfolgte ) erhalten. Keinerlei sonstige Unterstützung: Kein Platz zum Schlafen, keine ärztliche Versorgung, kein reguläres Asylverfahren.

Mal wieder erweisen sich die GRÜNEN als Vollstrecker, wenn – vielleicht – auch nicht als die eigentlichen Initiatoren dieser Entwicklung; angesichts deren Regierungsbeteiligung in neun Bundesländern, kann nur mit ihrer Zustimmung , die sie längst signalisiert haben, die Verschärfung Gesetz werden.

Europa – ein großes Gefängnis

An den EU-Außengrenzen werden Zäune installiert, im Mittelmeer sind Kriegsschiffe im Einsatz – noch lassen die Regierungen nicht scharf auf die Flüchtlinge schießen, aber es wird der Boden geschaffen und bereitet für – man kann es nicht anders sagen – Gemetzel in den Grenzregionen. In Ansätzen zeigte die ungarische Maschinerie in den vergangenen Tagen schon, was künftig zu erwarten sein wird. Menschelnd biedern sich SPD-Gabriel und CDU-Merkel bei und mit BILD ( ‘Wir helfen’ ) an, zeigen ihre scheinbar menschlich-herzliche Seite,während sie doch zur selben Zeit an der Umsetzung der Pläne für ein Grenzregime arbeiten,welches verblüffend an die ehemalige DDR-Grenze erinnert, nur dass es jetzt darum gehen soll, jeden zu ‘neutralisieren’ der einreisen möchte.

Alles ist möglich!

Wer heutzutage revolutionäre Ansprüche erhebt, gilt rasch als Träumer, als jemand der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat; ich bin überzeugt: das Gegenteil ist richtig. Die globalen Krisenherde verschieben sich, die (westlichen) Regierungen rüsten auf und grenzen sich ab. Warum sollten sie das tun, wenn sie nicht revolutionäre Strömungen am Horizont erkennen würden!?
Die tagtäglich zu tausenden eintreffenden Flüchtlinge geben bildhaft Zeugnis von den Schrecken dieser Welt, fernab unser durch relativen Wohlstand verweichlichten Konsumgesellschaft, in der die Wahl des ‘Coffe-to-go’ (mit/ohne Zucker/Süßstoff und so weiter) vielen wichtiger erscheint, als das Sterben auf dem Mittelmeer.
So kommt es zu einer existenziellen Erschütterung der vertrauten Welt, denn plötzlich ist es nicht mehr die ‘Tagesschau’ um 20 Uhr, die uns Bilder von Verfolgten in die Wohnstuben sendet, sondern es reicht ein Gang vor die eigene Haustüre.
So ist es an uns, jenen, die hinter der starren Maske des scheinbar mitfühlenden Lächelns, und der geheuchelten Empathie für die verfolgten dieser Erde, daran arbeiten in den Krieg zu ziehen gegen eben jene Verfolgten, etwas entgegen zu setzen. Aber nicht als bloße Reaktion, sondern als gesellschaftliche Alternative; denn eine Bewegung die sich lediglich in Reaktionen verliert, stabilisiert das System, anstatt es zu überwinden.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV-Abt.)
Hermann-Herder-Str.8, 79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com/

Zwei Jahre Sicherungsverwahrung

Donnerstag, August 13th, 2015

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

2-format43An einem sonnigen Juli-Tag vor zwei Jahren wurde ich in einem vergitterten Gefängnisbus von der JVA Bruchsal (jva-bruchsal.de) in die JVA Freiburg (jva-freiburg.de) überführt. Um Mitternacht, des 8. Juli 2013 hatte die Sicherungsverwahrung begonnen.

Was ist Sicherungsverwahrung (SV)?

Eingeführt 1933 von den Nationalsozialisten, ermöglicht die SV dem Staat Menschen über das Ende der Strafhaftzeit hinaus so lange in einem Gefängnis zu verwahren, wie der/die Gefangene vorgeblich eine „Gefahr für die Allgemeinheit“ darstellt. Die §§ 66 ff. StGB, die das Recht hinsichtlich der Anordnung der SV regeln, wurden in den letzten Jahren einer auch für Fachleute kaum noch zu überblickenden Art und Weise geändert. Im Regelfall ist es zumindest seit 2011 durchaus so, dass sich in den SV-Anstalten unter den aktuell rund 500 Verwahrten in der Bundesrepublik Deutschland überwiegend Sexualtäter befinden, rund 70-80%, bei den übrigen Untergebrachten handelt es sich um wegen Körperverletzung, Raubes, Totschlag, Brandstiftung und in Einzelfällen auch wegen Drogendelikten verurteilte Personen. Fast alle sind männlichen Geschlechts.

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Hungerstreik beendet – ein Rückblick

Montag, August 3rd, 2015

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

KnastIn der JVA Freiburg kam es im Juli 2015 zu einem Hungerstreik (HS) zweier Sicherungsverwahrter, der zuletzt, nachdem ein Verwahrter seinen Protest beendet hatte, daran gipfelte, dass der verbliebene Verwahrte entmündigt werden sollte und zwangsweise in das Gefängniskrankenhaus verlegt wurde.

Der Anlass für den Protest

erst hatte Herr P. Mit seinem Hungerstreik begonnen, primär aus Verärgerung über seine eigene konkrete Situation: so wurde eine Ausführung zu seiner Partnerin vorzeitig abgebrochen und er vermutete insbesondere seitens des Vollzugsleiters, des Diplom-Sozialpädagogen G. sinistre Machenschaften. Anstatt sich auf eine baldige Freilassung einrichten zu können, sah sich P. plötzlich mit der Aussicht konfrontiert mindestens einige Jahre hier in der Sicherungsverwahrung zubringen zu müssen.

Am Morgen nach beginn des HS von Herrn P. Schloss sich Herr H. dem an und beide thematisierten die desolate Haftsituation in der Sicherungsverwahrung, die nicht geprägt sei von einem motivierenden Behandlungsvollzug, sondern von dauerhafter Verwahrung – trotz einschlägiger Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Der Verlauf des Hungerstreiks

Die JVA begann das Gewicht von H. und P. zu dokumentieren, insbesondere jedoch die Verweigerung der Anstaltskost.

Nachdem dann auch die Lokalpresse des HS aufgriff, sich im gesamten SV-Gebäude eine gewisse Unruhe bemerkbar machte, kam es auf den vier Stationen der SV-Anstalt zu Sonderkonferenzen, an welchen die führenden Mitglieder der Anstaltsleitung teilnahmen; jedoch ohne konkretes Ergebnis. Man hörte sich die Beschwerden der Verwahrten an und machte weiter wie bisher. Unter den Mitverwahrten gab es jene die sich in einer Erklärung solidarisierten (20 Verwahrte unterzeichneten), aber auch jene die sagten: „ So was bringt doch eh nix!“.

Herr P. hörte auf zu hungern und Herr H. wird verlegt

Nachdem Herr P. aus gesundheitlichen Gründen seinen HS beendete, wurde kurz danach Herr H. zwangsweise morgens um 6:30 Uhr aus der Zelle geholt und ins Gefängniskrankenhaus verlegt. Wie er später nach seiner Rückkehr in die SV-Anstalt berichtete, seien drei Beamte in seine Zelle eingedrungen und nachdem er es abgelehnt habe ‚freiwillig‘ mitzukommen, habe Amtsinspektor H. ihn auf das Zellenbett gestoßen, fixiert, die Arme auf den Rücken gezerrt, was so schmerzhaft gewesen sei, dass er befürchtete man habe ihm den Arm ausgekugelt. Danach seien ihm Hand- und Fußketten angelegt worden. Im weiteren Verlauf des Abtransports habe ihm dann Amtsinspektor H. die mit den Kampfhandschuhen ‚geschützte‘ Hand so fest auf Mund und Nase gepresst, dass er keine Luft mehr bekommen habe. Nur durch ruckartiges Bewegen des Kopfes habe er kurz den Mund frei bekommen um laut um Hilfe rufen und nach Luft schnappen zu können.

Vollzugskrankenhaus Hohenasperg (bei Stuttgart)

Nach rund zwei Stunden Fahrt wurde H. am 16.07.2016 in der ‚Inneren‘ des Gefängniskrankenhauses eingeliefert, wo man, so H. erstaunt gewesen sei, da man gar nicht gewußt hätte, was er hier solle. Das Trinken verweigerte er nun auch; dies hatte er im Vorfeld für den Fall der ‚Verschleppung‘ angekündigt. Erst in Gesprächen mit den ÄrztInnen, PflegerInnen, aber insbesondere seiner Verteidigerin und Prof. Dr. W. vom Stuttgarter Justizministeriums am 17.07.2015 entspannte sich die Situation. Seiner Kritik an den Zuständen in der SV sei nie widersprochen worden; Herr Prof. W. habe darauf hingewiesen, dass gerade für Freiburgs JVA zusätzliche Gelder für Personal in einem Nachtragshaushalt eingeplant worden seien.

Irgendwelche konkreten Zugeständnisse wurden ihm nicht gemacht. Dennoch beendete er am Vormittag des 17.07.2015 seinen Hunger- und Durststreik; bis zum 24.07.2015 verblieb er dann im Gefängniskrankenhaus, da man dort erst eine gewisse Gewichtszunahme habe sehen wollen.

Resümee

Medial war der HS in der Badischen Zeitung, Radio Dreyeckland , sowie im SWR (Radio und Fernsehen) präsent und es kam auch die Kritik der Hungerstreikenden zu Wort. Ob der Protest letztlich einen Anstoß gegeben hat, irgendwelche Maßnahmen zu beschleunigen, muss die Zukunft zeigen. Wie leicht es die Justiz hat, wenn nur ein oder zwei Gefangene protestieren, und das ohne solch eine breite Solibewegung wie bspw. kürzlich in Berlin Gülaferit Ünsal und ihrem fast zwei Monate dauernden HS, wurde vorliegend deutlich: denn einen Hungerstreikenden zu versuchen zu entmündigen (§ 1896 BGB) und dann zwangsweise und gegen seinen Willen gewaltsam in ein Gefängniskrankenhaus zu verlegen, das kann sich eine Verwaltung nur erlauben, wenn sie sich relativ sicher ist, dass es keine solidarische Begleitung durch Dritte gibt.

Andererseits zeigte sich jedoch auch, wie intensiv die Reaktionen im Justizapparat ausfielen, es also durchaus die Möglichkeit gibt etwas in Bewegung zu setzen.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str.8, D-79104 Freiburg

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Neues zum Freiburger Hungerstreik

Dienstag, Juli 14th, 2015

(gefunden auf: freedomforthomas.wordpress.com)

2-format43Wie vor wenigen Tagen berichtet, befinden sich seit dem 03.Juli 2015 zwei Sicherungsverwahrte in einem unbefristeten Hungerstreik. (https://freedomforthomas.wordpress.com/2015/07/04/pressemitteilung-erneuter-hungerstreik-hs-in-sicherungsverwahrung-sv)

 

Die Forderungen

Herr H., der schon 2014 mit einem Hungerstreik Schlagzeilen machte (https://freedomforthomas.wordpress.com/2014/11/08/hungerstreik-in-jva-freiburg-beendet/)und gegen die Haftbedingungen in der Freiburger Sicherungsverwahrung protestierte, sowie Herr P., fordern, dass VertreterInnen des Justizministeriums, sowie des Landgerichts Freiburg in der JVA erscheinen, um zusammen mit anderen Mitverwahrten die desolate Situation in der SV-Anstalt zu erörtern.

Sie kritisieren das Fehlen jeglicher Aussenorientierung. Was heißt das? Während in anderen SV-Anstalten z.B. therapeutisch kooperative Insassen motiviert werden durch zusätzliche Ausführungen, d.h. Unter Bewachung gehen sie in die Innenstadt einkaufen (so z.B. JVA Schwalmstad), gibt es in der Freiburger SV keinerlei Anreiz- oder Motivationssystem.

Ferner fehle es an einer realistischen Entlassungsperspektive für die allermeisten Insassen, obwohl das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 04.Mai 2011 gefordert habe, die Anstalten müssten zwingend alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, um möglichst rasche ‘Entlassreife’ herzustellen.

Aufmerksam machen wollen sie auch auf den bloßen Verwahrcharakter; so starb erst am 11.11.2014 ein Mitverwahrter, dessen Tod dann zu umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart(http://community.beck.de/gruppen/forum/todesermittlungen-in-sicherungsverwahrung), sowie einer Anfrage der CDU-Landtagsfraktion(Drucksache15/6867, abrufbar unter (http:www.landtag-bw.de/), führte. Weitere Verwahrte vegitierten hier vor sich hin: der eine kote und nässe sich fast täglich ein, ein anderer lebe in einer meist total vermüllten Zelle. Beiden Verwahrten müsste ein anderer Verwahrter deshalb, manchmal täglich, die Zelle putzen und teilte ihnen die Wäsche zu.

Zwanzig weitere Sicherungsverwahrte haben in einer ‘Solidaritätserklärung’ sich der Kritik der beiden Hungerstreikenden angeschlossen und die Unterschriftenliste an Herrn Dr. Lasotta (Mitglied des Landtags) gesandt und ihn gebeten sich einzuschaĺten.

Selbst Sicherungsverwahrte die lediglich wegen Betäubungsmittelstraftaten verurteilt wurden, würden keine echte Perspektive bekommen: so habe im Fall des Herrn D. das Landgericht Freiburg schon vor fünf Monaten empfohlen, Herr D. solle Arbeit zugeteilt werden, damit er einen regelmäßigen Tagesablauf erlerne und nach einigen Monaten könne man erwägen ihn in eine andere JVA zu verlegen, wo er an einer Diamorphin-Substitution (Heroin-Ersatzstoff) teilnehmen und hernach eventuell entlassen werden könne. Noch heute wartet Herr D. auf die Chance arbeiten zu können!

Wenn also, so die beiden Protestierenden und viele weiter Untergebrachten, selbst jemanden mit einem Delikt wie diesem, keine echte Chance erhalte, dann gelte dies um so mehr für die hier sonst inhaftierten Gewalt- und insbesondere die Sexualtäter. Wie wohl jeder seine Strafe abgesessen habe, werde man wie ein Strafgefangener behandelt, mit maximalen Sicherungsmaßnahmen – erst recht seit vor wenigen Wochen der ehemalige Chef der Isolations-/Sicherheitsabteilung der Strafhaft, Herr Amtsinspektor H. in die SV-Anstalt versetzt wurde und umgehend mit intensiven Zellenkontrollen und weiteren Maßnahmen von sich reden machte.

Für Versuche der Kontaktaufnahme verwies Herr H. auf seine Freiburger Rechtsanwältin Frau Gröbmayr.

 

Die Reaktion der Haftanstalt

Zuerst probierte es man mit ignorieren, dann wurden Dokumentationsmappen Station angelegt: es wird von dem uniformierten Dienst schriftlich jeden Tag dokumentiert, wann Nahrung angeboten und abgelehnt wurde. Am 07.Juli 2015 mussten die beiden dann zum Arzt, wo sie ihm eine Patientenverfügung übergaben. Insbesondere Herr H. betont, er wolle sich unter keinen Umständen zwangsernähren und zwangsbehandeln lassen. Dies dokumentierte dann der Anstaltsarzt Herr S. In den Akten.

Am Mittwoch den 08.Juli 2015 fanden auf den vier Stationen der SV-Anstalt Sondersitzungen mit der therapeutischen Leiterin Frau Dr. S., dem Vollzugsleiter Herr Dipl-Sozialpädagogen G., besagtem Amtsinspektor H., dessen Vertreter und weiteren Vollzugsbeamten, einer Sozialarbeiterin, sowie einem weiteren Psychologen Herrn Dipl-Psych. M., statt.

Mehrere Stunden befragten diese die Verwahrten. Auf der Station auf der die Hungerstreikenden leben, wurde allerdings vor Beginn des Gesprächs der Untergebrachte Herr J. weggeschlossen, denn laut Frau Dr. S. Habe dieser sie in der Vergangenheit u.a. als „Frau Mengele“ bezeichnet und damit schwer beleidigt.

Das dann folgende eineinhalbstündige Gespräch verlief in relativ gesittetem Rahmen. Offenbar zu ruhig,denn am Folgetag gab es die Rückmeldung, dass als Resümee bei der Anstaltsleitung nach allen Gesprächen angekommen sei, dass doch soweit alles einigermaßen in Ordnung sei, es gäbe keine ungute Stimmung und die vorgetragenen Beschwerdepunkte beträfen im wesentlichen Randbereiche.

Es war übrigens direkte Folge des Hungerstreiks, dass es solche Konferenzen gab. In all den Jahren die nun diese SV-Anstalt existiert, gab es ein derartiges Gespräch mit allen Verwahrten noch nie.

Beiläufig wurde dann noch mitgeteilt, dass das für den 15.Juli 2015 geplante Grillfest im Hof der SV-Anstalt abgesagt, zumindest verschoben sei, denn es sei „ethisch nicht vertretbar“ (O-Ton Anstaltspsychologe M.) im Hof zu grillen, während zwei Verwahrte hungerten.

Ein Beamter des uniformierten Dienstes stellte jedoch die Vermutung in den Raum, in Wahrheit habe man verhindern wollen, dass angesichts der aufgeheizten Stimmung 40 oder 50 Verwahrte zeitgleich in den Hof kämen, dazu noch all die ehrenamtlichen BetreuerInnen die als Gäste eingeladen waren.

 

Die Presse

Einer der beiden Hungerstreikenden hatte sich die Telefonnummer eines SWR-Journalisten ‘genehmigen’ lassen (auch einer der Kritikpunkte: Verwahrte dürfen sich weder anrufen lassen, noch beliebige Nummern anrufen. Man muss sich im Vorfeld schriftlich um die Freischaltung einer bestimmten Nummer bemühen) und gab dann am 09.Juli 2015 telefonisch ein Interview.

Der SWR berichtete sodann über deren Hungerstreik(http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/suedbaden/justizvollzugsanstalt-freiburg-zwei-insassen-verweigern-essen/-/id=1552/did=15812896/n).

Am 09.07.2015 (http://www.badische-zeitung.de/freiburg/jva-freiburg-sicherungsverwahrte-im-hungerstreik–107474479.html) berichtete die Badische Zeitung über den Hungerstreik; ließ dort aber sehr ausführlich einen Sprecher des Justizministeriums zu Wort kommen, der unterstellte, die beiden hätten ja die Möglichkeit gewissermaßen heimlich zu Essen.

Im übrigen seien der JVA und dem Justizministerium keine Forderungen der Protestierenden bekannt; dies könnte auf eine fehlende Kommunikation hindeuten, denn Herr H. hatte sich u.a. an Frau Ministerialdirektorin Gallner im Ministerium brieflich gewandt und dort die Forderungen deutlich beschrieben.

Da der Gewichtsverlust der Hungerstreikenden regelmäßig kontrolliert wird, kann man auch problemlos die Ehrlichkeit der Hungerstreikenden belegen; und so mag man die Ausführungen des Pressesprechers des Ministeriums unter Desinformation verbuchen.

 

Ausblick

Der Mitverwahrte H. wiegt bei 1,78 cm nur noch 61,7 kg; und er äußert den festen Willen „diesmal“ es durchzuziehen, bis sich jemand von der Aufsichtsbehörde hier einfinde.

Erst vor wenigen Wochen machte die JVA Bruchsal Schlagzeilen, weil – mal wieder – ein Gefangener starb. Dann wurde vor wenigen Tagen die ehemalige Anstaltsärztin von der Staatsanwaltschaft wegen des Hungertodes eines Isolationsgefangenen angeklagt, so dass man vermuten könnte, der Hausspitze des Justizministeriums, dem SPD-Justizminister Stickelberger, sei nicht sonderlich an einem neuen Todesfall gelegen, der nämlich den Fokus der Öffentlichkeit in verstärktem Maße auf die desolate, hoffnungslose Situation in der SV-Anstalt lenken würde: Todesfälle 2013 und 2014. 2015 starb dann ein ehemaliger Verwahrter nur wenige Monate nach seiner Haftentlassung. Einem Verwahrten musste ein ganzes Bein amputiert werden, einem anderen der Unterschenkel.

Diese Stimmung von Krankheit, Verfall, Siechtum und Tod beherrscht das Empfinden vieler der Verwahrten; insbesondere derer die keine Chance haben in absehbarer Zeit lebend entlassen zu werden.

Nicht umsonst werden Sicherungsverwahranstalten ‘Totenhäuser’ genannt.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg

https://freedomforthomas.wordpress.com

http://www.freedom-for-thomas.de

Gemeinsame Erklärung politischer, kämpfender, widerständiger Gefangener zum 1. Mai 2015

Freitag, Mai 1st, 2015

(gefunden auf: political-prisoners.net)

Gefangene aus verschiedene Spektren haben zum 1. Mai 2015 einen gemeinsamen Aufruf verfasst, um sich als handelndes Kollektiv zu Wort zu melden und damit auch außerhalb der Knastmauern sichtbar zu sein. Wir unterstützen diese Initiative und geben den Gefangenen mit diesem kurzen Flugblatt die Möglichkeit ihre Stimme auch in Abwesenheit zu erheben.

Als politische, kämpfende und widerständige Gefangene grüßen wir aus den Kerkern der imperialistischen Bundesrepublik Deutschland die Völker der Erde, mit dem Geist der internationalen Solidarität und der Liebe zur Freiheit.

Wir sehen es als unsere Aufgabe und Pflicht an uns geschlossen auf diesem Weg als handelndes Kollektiv zum 1. Mai 2015 zu Wort zu melden.

ArbeiterInnen und Werktätige innerhalb wie außerhalb der Gefängnismauern müssen sich organisieren; wir haben 2014 die Gründung der Gefangenen Gewerkschaft erlebt und solidarisieren uns mit deren Forderung nach Abschaffung der in Deutschland nach wie vor praktizierten Zwangsarbeit.

Die Haftanstalten sind ein fester Bestandteil der nationalen wie internationalen Aufstandsbekämpfung, dabei nehmen wir unser naturgegebenes Recht wahr für die Befreiung der Menschen von Ausbeutung, Unterdrückung und Völkermord zu kämpfen. Wir als politische Gefangene werden inhaftiert weil wir gegen den Rassismus, gegen die weltweit stattfinden Massaker und Folter kämpfen, weil wir für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, für Freiheit aller Menschen kämpfen.

Unsere Absicht ist es nicht, im Rahmen dieses Kollektivs uns an einzelnen reformistischen Forderungen abzuarbeiten, wie wohl es zahllose repressive Maßnahmen gibt, die es nach wie vor zu bekämpfen gilt (scharfe Postzensur bei vielen von uns; Behinderung beim Erhalt von Büchern und Zeitungen; medizinischer Grundversorgung; oftmals über Jahre praktizierte Isolationsfolter; und vieles mehr).

Während die bundesdeutsche Regierung rechtsextremistisch-reaktionäre Kräfte zum Beispiel in der Ukraine aktiv unterstützt, die eine gewählte Regierung stürzten, werden zugleich fortschrittliche Kräfte hierzulande verfolgt, eingekerkert und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die enge Zusammenarbeit mit dem Regime in der Türkei bedeutet eine Fortsetzung der unterdrückerischen und faschistischen Politik der Oligarchie in der Türkei, mit Hilfe der deutschen Polizei und Gerichte, wobei sich letztere nicht scheuen, erfolterte belastende Aussagen als Beweismittel gegen politische Gefangene heran zu ziehen.

Das Erstarken der rassistischen, faschistischen und fremdenfeindlichen Welle die europaweit und insbesondere in Deutschland unter Bezeichnungen wie NPD, NSU oder Pegida bekannt ist, geschieht nicht unabhängig von der fremdenfeindlichen Politik der europäischen Staaten. Eben diese Realpolitik entlarvt auch die Betroffenheitsgesten nach Aufdeckung der Mordserie durch den NSU als hohles und leeres Geschwätz, gedacht zur Beruhigung der Presse und anderer Regierungen.

Der tief sitzende Rassismus und die täglich stattfindenden rassistische Morde & Angriffe sowohl in Deutschland als auch in der ganzen Welt sind keine Einzelfälle, sondern eine strukturelle und gezielte Politik der Herrschenden. Diejenigen, die sich dagegen wehren und dagegen kämpfen, sind keine Terroristen, sondern kämpfen für die Rechte der Menschen. Denn der Kampf gegen Rassismus ist kein Verbrechen, sondern die Pflicht jedes Menschen.

Im Jahr 2016 wird davon ausgegangen, dass die Reichsten 1% den selben Anteil vom weltweiten Kapital besitzen werden wie die restlichen 99% der Bevölkerung. Der Besitz der reichsten 80 Menschen entspricht dem Besitz der Hälfte der Menschheit. 80 Menschen entsprechen demnach 3,5 Milliarden Menschen. Der größte Terror ist somit der Krieg der kapitalistischen Ausbeutung, der den Menschen weltweit aufgezwungen wird. Das ist auch der eigentliche Grund für die weltweiten Kriege, für Faschismus, für Ausbeutung und repressive Gesetze – nämlich die Ausbeutungs- und Unterdrückungsherrschaft der Reichsten der Welt fortzuführen.
Es ist das größte Recht der Menschen dieser Erde, gegen diese Ungleichheit, Ausbeutung und Ungerechtigkeiten anzukämpfen. Der Imperialismus, der sich hinter seinen „Terror“-Verlautbarungen versteckt, möchte all jene Kräfte vernichten und beseitigen, die sich gegen ihn stellen.
Aus diesem Grund organisieren wir uns gegen den wilden kapitalistischen Ausbeutungsterror, seine Beseitigungs- und Vernichtungspläne und vereinigen all unsere Kräfte.

Für uns bedeutet der 1. Mai:

  • den imperialistischen Kriegen und Besatzungen die Stirn zu bieten
  • Widerstand gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung zu fordern
  • sich gegen Faschismus zu vereinigen und zu organisieren
  • alle Menschen aufzufordern sich dem Kampf für ein Leben in Freiheit und Würde anzuschließen.

Es lebe der 1. Mai!
Hoch die internationale Solidarität!

Gülaferit Ünsal
JVA für Frauen
Arkonastr. 56
13189 Berlin

Özkan Güzel
JVA Mönchengladbach
Scharnhorststr. 1
41063 Mönchengladbach

Özgur Aslan
Muzaffer Dogan
Yusuf Tas
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Sadi Özpolat
JVA Bochum
Krümmede 3
44791 Bochum

Thomas Meyer-Falk
JVA c/o Sicherungsverwahrung
Hermann Herder Str.8
79104 Freiburg

Freiburgs Gefängnis verliert vor Gericht

Mittwoch, April 15th, 2015

(gefunden auf: political-prisoners.net)

thomasImmer wieder gilt es aus dem Gefängnisalltag zu berichten, auch im Zusammenhang mit gerichtlichen Streitigkeiten, denn Inhaftierte verfügen
über wenige Handlungsmöglichkeiten, wenn sie auf Missstände hinweisen wollen. Es bleibt ihnen, in existentiellen Fragen, der Hungerstreik, sie
können resignieren, wie es all zu viele tun, sie können hoffen, dass durch Unterstützung von FreundInnen oder Familie die jeweilige
Haftanstalt (vielleicht) einlenkt – und über all hinaus bleibt ihnen lediglich der Gerichtsweg.

A.) zu hohe Stromtarife

Manchmal handeln Rechtsstreitigkeiten nur von ein paar Cent, die jedoch, angesichts der angespannten ökonomischen Situation von Inhaftierten (qua
Gesetz verdienen diese 9 % des Durchschnittslohns) für diese erhebliche Bedeutung haben. Nachdem das baden-württembergische Justizministerium
2014 die Stromkostenbeteiligung erheblich erhöhte, für einen Wasserkocher (500W) fielen nun 2,50 Euro/Monat und für einen Kühlschrank
4,86 Euro/Monat an, stellte ich Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 Strafvollzugsgesetz), denn das Gesetz in Baden-Württemberg (vgl. §
52 BW-JVollzGB-5) gestattet lediglich eine Stromkostenbeteiligung, mit Betonung auf Beteiligung. Nachdem ich im ersten Durchgang verlor, denn
das Landgericht Freiburg war der Ansicht, an der Höhe der Beteiligung sei nichts zu beanstanden, hob das Oberlandesgericht Karlsruhe
(20.08.2014, Az.: 2 Ws 277/14) den Beschluss auf. Die JVA müsse nachweisen, dass die ihr tatsächlich entstandenen Stromkosten für meine
Gerätschaften über den von mir gezahlten Beiträgen liege. Es sei nicht zulässig, von Inhaftierten mehr Gelder zu vereinnahmen, als tatsächlich
an Kosten entstanden seien. Vielmehr müsse der von den Gefangenen erhobene Betrag unter den realen Kosten liegen, da das Gesetz eben
lediglich eine Kosten-Beteiligung und keine (vollständige) Kostenübernahme vorsehen würde.

Und nunmehr hat das Landgericht Freiburg diese Entscheidung nachvollzogen (30.03.2015, Az.: 13 StVK 47/14) und beanstandete die
eingangs erwähnten Beiträge. Im Rahmen des Verfahrens stellte sich heraus, dass die Anstalt keineswegs 0,299 Euro/kwh an den
Energieversorger zahlt, sondern lediglich 0,189 Euro/kwh, so dass für den Wasserkocher maximal 1,70 Euro, bzw. für den Kühlschrank 3,06 Euro
anzusetzen seien.
Soweit ersichtlich, haben nur sehr wenige Insassen gegen die Neuregelung 2014 Klage erhoben, die Bereitschaft des Landes, zu viel vereinnahmte
Beträge an die Gefangenen zurück zu zahlen, dürfte nicht sonderlich ausgeprägt sein. Für das Land handelt es sich lediglich um einige
tausend Euro (pro Monat), die es zu viel vereinnahmt. Für Gefangene, insbesondere jene, die lediglich die rund 35 Euro Taschengeld erhalten,
machen die zu Unrecht erhobenen Beiträge jedoch einen wesentlichen Teil ihrer Ausgaben aus.

B.) Fesselung wie bei „Hannibal Lector“?

Herr Müller, wie er an dieser Stelle heißen soll, verbüßt seit mehreren Jahren in der JVA Freiburg Sicherungsverwahrung; er darf mehrmals im
Jahr die Anstalt ungefesselt verlassen, um, bewacht von zwei Beamten in Zivil, die Umgebung zu erkunden und einkaufen zu gehen. Als vergangenes
Jahr ein Facharzttermin erforderlich wurde, in Folge einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, war Herr Müller ebenso erstaunt wie empört, als
er in Hand- und Fußketten gelegt, zusätzlich mit einer Kette an einen der Wärter gefesselt, dem Arzt in Freiburgs Innenstadt vorgeführt wurde.
Gegen diese Art und Weise der Fesselung zog Herr Müller vor Gericht.
Herr Oberregierungsrat R. (der schon an anderer Stelle kreativ ein Pepperoni-Verbot in der Anstalt verteidigte, vgl.
https://linksunten.indymedia.org/de/node/129385) nahm für die JVA ausführlich Stellung zu der Klage des Herrn Müller und spekulierte, dass
man nie wissen könne, wer in einer Arztpraxis anzutreffen sei, es also auch und gerade um die Sicherheit des Herrn Müller gehe, wenn man ihn
gefesselt ausführe.
Das Landgericht ließ sich nicht überzeugen, es entschied, die Fesselung sei rechtswidrig gewesen (LG Freiburg, 30.03.2015, Az.: 13 StVK 548/14)
und zwar schon aus formalen Grünen, denn Oberregierungsrat R. habe es unterlassen, die Verfügung über die Anordnung der Fesselung substantiell
zu begründen.
Im übrigen sei es unzulässig, erst im gerichtlichen Verfahren irgendwelche Gründe nach zu schieben.

C.) Verzögerte Postaushändigung

Das Justizvollzugsgesetzbuch (§ 28 Abs. 2 JVollzGB-5) in Baden-Württemberg, bzw. die bundesgesetzliche Regelung (§ 30
StrVollzG-Bund) sehen vor, dass die Haftanstalten eingehende wie ausgehende Briefe „unverzüglich“ weiter zu leiten haben.
Als ein an einem Freitag, morgens um 9:01 Uhr der Anstalt zugestellter Brief, erst am darauf folgenden Dienstag, morgens um 7:14 Uhr
ausgehändigt wurde – es handelte sich um ein zuzustellendes Schriftstück des Verwaltungsgerichts, wandte ich mich an das Landgericht. Denn
regelmäßig werden solche Briefe erst nach Tagen ausgehändigt, und das obwohl sie nicht inhaltlich überwacht werden.
Versuche in den letzten Jahren, im Rahmen von Gesprächen dieses Problem zu lösen blieben erfolglos, denn Anstaltsleiter und nachgeordnete
Bedienstete vertraten die Ansicht, sie hätten schon immer so diese Art und Weise der (verzögerten) Aushändigung praktiziert und würden keinen
Grund sehen, hiervon abzurücken.
Das Landgericht Freiburg (16. März 2015, Az.: 13 StVK 18/15) stellte nunmehr fest, die Aushändigung sei rechtswidrig verzögert erfolgt. Die
Anstalt hätte Sorge tragen müssen, dass das morgens eingegangene Schreiben noch am selben Tag ausgehändigt wird.
Es bestehe Wiederholungsgefahr, da konkret absehbar sei, dass die JVA auch künftig eingehende Post derart verzögert weiterleiten werde.

Zusammenfassung

Das Spektrum an Streitigkeiten von Inhaftierten mit der jeweiligen Haftanstalt wurde hier nur ausschnittsweise dargestellt; in der
Literatur vgl. Feest/Lesting, „Contempt of court – zur Wiederkehr des Themas der renitenten Strafvollzugsbehörden“ in: Festschrift für Ulrich
Eisenberg zum 70. Geburtstag, Seiten 675 – 690) wird schon seit den 60er Jahren von einer Renitenz der Gefängnisverwaltungen gesprochen. Zum
einen hinsichtlich der Beachtung der Rechtspositionen der Inhaftierten, zum anderen auch was die Befolgung gerichtlicher Entscheidungen
anbetrifft hier heben Feest/Lesting, a.a.O., S. 687 die neue Rolle der Zivilgerichte hervor, da immer öfters diese den Gefangenen
Geldentschädigungen zusprechen, wenn – mal wieder – eine Justizvollzugsanstalt Vorgaben der Strafvollstreckungskammer
missachtet), denn immer wieder ignorieren Vollzugsanstalten gerichtliche Beschlüsse, oder versuchen sie (mehr oder minder kreativ) zu umgehen.
Die allerwenigsten Inhaftierten verfügen über die Kenntnisse, um vor Gericht zu ziehen, noch über erforderliche finanzielle Mittel, um eine/n
Rechtsanwältin/Rechtsanwalt zu beauftragen, so dass im Ergebnis die Vollzugsanstalten weiter machen können wie bisher.

Es bleibt hinsichtlich des eingangs genannten Falles der überhöhten Stromtarife nun abzuwarten, ob oder wann die JVA Freiburg die
rechtswidrige Praxis beendet, insbesondere, ob sie auch den hunderten Inhaftierten, die nicht vor Gericht gezogen sind, Gelder erstatten wird.

Thomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com
http://www.freedom-for-thomas.de

Thomas Meyer-Falk: Sicherungsverwahrung und Rückfall

Dienstag, Februar 10th, 2015

2-format43Nach Ansicht des Gesetzgebers soll Sicherungsverwahrung die Gesellschaft vor ‘gefährlichen Rückfalltätern’ schützen; durch deren Verwahrung, bzw. dann Behandlung während des Freiheitsentzugs, so die Vorstellung, werden schwerwiegende neuerliche Straftaten vermieden, zumindest jedoch in geringerem Umfange begangen, als wenn es die SV nicht geben würde.

An dieser Überzeugung wird aus kriminologischer Sicht immer wieder Kritik geäußert, die sich freilich kaum in der Praxis der Anwendung und Vollstreckung der SV niederschlägt.

Ergebnisse von 2009

In seiner Dissertation (‘Nachträgliche Sicherungsverwahrung- ein rechtsstaatliches und kriminalpolitisches Debakel’) untersuchte Michael Alex seinerzeit das Legalverhalten von Gefängnisinsassen, gegen die nachträglich die SV angeordnet wurde, bzw. werden sollte, die jedoch dessen ungeachtet, aus Rechtsgründen frei kamen, also gerade nicht, weil man sie (plötzlich) für ‘ungefährlich’ gehalten hätte.

Von 77 Betroffenen, wurden in dem Untersuchungszeitraum 50 Personen strafrechtlich gar nicht auffällig. 15 wurden zu Geldstrafen oder Haftstrafen mit Bewährung verurteilt. Lediglich 12 ehemalige Insassen erhielten eine Haftstrafe ohne Bewährung (darunter sieben Fälle von Drogendelikten oder Diebstahl und fünf Fälle wegen Gewalt- oder Sexualtaten).

Allen 77 Probanden war jedoch eine hochgradige Gefahr der Begehung schwerster Sexual- oder Gewalttaten attestiert worden, in aller Regel von Psychiatern oder Psychologen. In lediglich fünf von 77 Fällen verwirklichte sich diese Gefahr.

Ergebnisse von 2014

Anknüpfend auch an die eben genannte Doktorarbeit von Michael Alex, untersuchte Anna Mandera von der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, die Folgen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 zur Sicherungsverwahrung.

Seinerzeit erklärte der EGMR die deutsche Praxis, rückwirkend die Sicherungsverwahrungs-Vollzugsdauer von maximal 10 Jahren entfallen zu lassen, also die Betreffenden auch über diese Frist hinaus zu verwahren, für unvereinbar mit den Menschenrechten.

In ihrem Forschungsbericht (‘Führungsaufsicht bei ehemaligen Sicherungsverwahrten‘) stellte Mandera die rechtliche Entwicklung seit jenem Urteil von 2009 dar. Sodann folgen die Ergebnisse ihrer durchgeführten, umfangreichen Befragung von BewährungshelferInnen, die die seit 2009, in Folge des Urteils auf freien Fuß gelangten ehemaligen Verwahrten betreuten. Hier von besonderem Interesse sind die Rückfalldaten (a.a.O., Seite 59-66).

Erfasst von der Arbeit waren 59 Fälle, die allesamt zwischen dem 12.Mai 2010 und 28.12.2012 entlassen wurden. Jeder galt als hochgefährlich, weshalb die SV über 10 Jahre hinaus vollstreckt wurde – unter Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

D.h.die Klientel war vergleichbar derer, die Alex schon 2009 untersucht hatte.

Bei lediglich 18 der 59 Probanden kam es zu einem Ermittlungsverfahren, welches nicht nur wegen eines Verdachts des Verstoßes gegen Führungsaufsichtsauflagen, vgl. § 145 a StGB, eingeleitet worden war. In 10 dieser 18 Fälle kam es bis zum Zeitpunkt der Untersuchungsarbeit zu Verurteilungen, darunter wegen Diebstahl, Betrug, Einbruchs.

Zusammenfassend stellte Mandera deshalb fest, dass „die Gefährlichkeit der (…) betroffenen Sicherungsverwahrten vielfach überschätzt worden ist“ (a.a.O., S.67). Soweit denn überhaupt Tatvorwürfe bestanden hätten, wären diese „fast ausschließlich auf Delikte geringer oder mittlerer Schwere“ beschränkt geblieben.

Bewertung

Von Rationalität durchdrungen ist die Debatte über die (angebliche) ‘Gefährlichkeit’ von Inhaftierten, speziell von Sicherungsverwahrten, in den seltensten Fällen. Empirische Befunde widerlegen, und dies schon seit langer Zeit, die behauptete Gefährlichkeit von in der SV befindlichen Menschen. Wenn überhaupt, kommt es in wenigen Einzelfällen zu einschlägigen Rückfällen; die überwiegende Mehrzahl der eigentlich nach fachkundiger Meinung von Psychiatern und Psychologen, extrem ‘gefährlichen’ ehemaligen Insassen, lebt unauffällig und begeht keinerlei Straftaten mehr, geschweige denn schwere oder schwerste Sexual- oder Gewalttaten.

Leider ist auch der Vollzugsalltag in den Sicherungsverwahrungsanstalten frei von solchen objektiven Befunden; d.h. die Sicherungsverwahrten gelten-per definitionem-als ‘allgemeingefährlich’ und entsprechend gestaltet sich deren Vollzugsalltag (vgl. dazu meine Beiträge auf community.beck.de). Von einer gefängniskritischen Position ist primär in linksradikalen Zusammenhängen die Rede. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, ob nun sachkundig, oder Laie, hält lieber an den irrationalen Ängsten und Befürchtungen fest, wie man gerade in diesen Tagen, wenn auch in anderem Kontext (Stichwort:Pegida), etwas resignierend festhalten muss.

Grußwort von Thomas Meyer-Falk

Donnerstag, Januar 8th, 2015

(gefunden auf: political-prisoners.net)

Silvester 2014
Eure Geste der Solidarität, mit all jenen die hinter diesen dicken kalten Mauern zu leben gezwungen werden, leuchtet wie eine Fackel in der Finsternis. Auch 2014 wurde hier gelitten und gestorben. Es gab Selbsttötungen, zahlreiche Selbsttötungs-versuche, einen Hungerstreik.
Und dennoch pulsiert im Gefängnis das Leben. Nicht zuletzt befeuert von der solidarischen Unterstützung seitens Angehörigen, Freundinnen und Freunden oder Genossinnen und Genossen.

Der Anti-Knast-Kampf schließt immer auch die Idee einer Umwälzung bestehender Verhältnisse mit ein. Denn eine kapitalistische Gesellschaftsform wird niemals ohne Gefängnisse auskommen. Wer also für eine Abschaffung der Verwahranstalten streitet, möchte auch eine andere, nämlich eine freie Gesellschaft.

Eure Demos vor diesem Knast, werden von denen, die hier leben, begeistert wahrgenommen. Denn ihr zeigt uns daß wir hier nicht alleine sind. Dass es Menschen gibt die Knäste ablehnen.

Solidarische und herzschlagende Grüße!

Euch ein gesundes, buntes, lebendiges und freies Jahr 2015!

Für eine Gesellschaft ohne Gefängnisse!

Thomas Meyer-Falk

Keine Pepperoni im Knast?!

Donnerstag, Dezember 11th, 2014

Sage niemand, im Staatsdienst würden geistig nicht außerordentlich wenige Menschen arbeiten. Nachdem in der Justizvollzugsanstalt Freiburg (jva-freiburg.de) seit ewigen Zeiten in Wasser und Essigsäure eingelegte Pepperoni von den dort inhaftierten Insassen, zum Zwecke des Genusses, z.B. als Auflage für eine Pizza, oder einen Salat griechischer Art, käuflich erworben werden konnten, entdeckten am 10.September 2014 die Knast-Beamten schier Ungeheuerliches!
Und zwar fiel es ihnen wie die sprichwörtlichen Schuppen von den Augen: Pepperoni weisen eine- Zitat- „gewisse Schärfe“ auf. Das darf selbstredend nicht so sein, also schritt die sogenannte „Einkaufs-Beamtin“, Frau Obersekretärin R. zur Tat und verbot der Lieferfirma, jemals wieder solche Pepperoni an die Gefangenen zu verkaufen.

Geistig nicht weniger wendig ihr Dienstvorgesetzter, Herr Oberregierungsrat R., manchen vielleicht noch aus seiner Schaffensperiode in der JVA Bruchsal bekannt, da ich seinerzeit auch schon seine Entscheidungen  kommentierte, mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 führte er aus, diese aufgeweichten, glitschigen Pepperoni, der Variante „mild“, könnten – Zitat- auch als Waffe eingesetzt werden.

Ja, genau! Wir stellen uns das dann so vor, da? Ein Insasse eine reichlich matschige Pepperoni nach einem Wächter wirft. Sicherlich wäre dieser dann auf immer dienstunfähig.

Außerdem, so der nun auch als Amateur-Botaniker sich betätigende Ober-Regierungsrat, eigentlich studierter Jurist, könnte man die in Essigsäure einlegten Pepperoni zur Züchtung neuer Pepperoni mißbrauchen, am Ende sogar solche eines – Zitat – „größeren Schärfegrads“, als der eigentlichen Variante „mild“.

Und genau deshalb müsste jetzt dieses Produkt aus der Sortimentsreihe gestrichen werden; was freilich nur für die werten Insassen gilt. Denn das Personal, also insbesondere die Wärter*innen und Wärter lassen sich gerne vom örtlichen Pizza-Lieferservice Pizzen in die Anstalt liefern, um den körperlich anstrengenden Dienst überhaupt durch zu stehen- und auf diesen Pizzen liegen dann auch: genau! Pepperoni.

Der Originalvermerk der Beamtin R., wie auch ein Schriftsatz des besagten Amateurbotanikers, können hier nachgelesen werden: http://de.indymedia.org/sites/default/files/2014/12/Pepperoni.pdf

Thomas Meyer-Falk,C/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
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Tod und Siechtum in Sicherungsverwahrung (Thomas Meyer-Falk)

Dienstag, November 18th, 2014

Aus der Freiburger Sicherungsverwahrung gibt es selten Gutes zu berichten – so auch heute nicht. Herr M. verliert ein Bein

Der heute 55-jährige Herr M. wurde mit Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25.08.1999 wegen versuchten Mordes und versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Mit Urteil vom 6.02.2013 wurde nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet, da er an einer chronifizierten Psychose leide und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen werde (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. vom 7. Mai 2014, Az. 2 Ws 32/14).

Seit Juli 2013 war Herr M. mein direkter Zellennachbar und immer mal wieder unterhielten wir uns über seine Situation, denn er hatte – nach eigenem Bekunden – mit dem Leben in Freiheit abgeschlossen. Briefe von Gerichten oder seinem Pflichtverteidiger zerriss er, ohne sie zu lesen, meist sofort nach Erhalt. In den Gesprächen wirkte er wach, voll orientiert, war aber auch ein Einzelgänger, der einfach nur seine Ruhe wollte.

Vor einiger Zeit entwickelte sich ein Abszess in der Leistengegend und Herr M. suchte den Anstaltsarzt auf. Erst bekam er eine Salbe, später, so Herr M. habe ein Sanitär der JVA versucht, mit einer Nadel in den Abszess zu stechen, um Eiterflüssigkeit abzulassen. Diese „Maßnahme“ verweigerte Herr M. und konnte stattdessen eine Verlegung in das nahe gelegene St.-Josephs-Krankenhaus durchsetzen. Dort schätzte man die Situation dann so kritisch ein, dass nicht irgendein Krankenpfleger mit einer Nadel herum stochern sollte, sondern M. kam umgehend „auf den Tisch“, sprich, es musste eine Not-OP durchgeführt werden.

Es folgten weitere Operationen und wir sahen dann nur noch einmal kurz Herrn M., bevor er zur „Nachsorge“ in das Gefängniskrankenhaus Asperg (bei Stuttgart) verlegt wurde. Dort schien es dann mit der „Nachsorge“ nicht so ganz funktioniert zu haben, denn nun wurde ihm ein Bein amputiert.

Sein Haftraum 136 in der Freiburger Sicherungsverwahr-Anstalt räumte am 13.11.2014 ein Vollzugsbeamter.

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Knast im Herbst 2014 – Thomas Meyer-Falk

Sonntag, November 2nd, 2014

2-format43Strafvollzug, wie Sicherungsverwahrung sind mediale Randbereiche, machen meist erst dann Schlagzeilen, wenn es zu Todesfällen, Ausbrüchen und ähnlichem kommt. Heute ein weiterer Blick in den baden-württembergischen Vollzugsalltag.

 

1.) JVA Bruchsal

Die Anstalt kommt aktuell nicht aus den Schlagzeilen. Nachdem dort im August 2014 ein Migrant verhungerte (http://community.beck.de/gruppen/forum/neuigkeiten-ber-hungertod-eines-gefangenen) und der Anstaltsleiter suspendiert wurde, meldete am 28. Oktober 2014 die Lokalpresse, dass im vergangenen Jahr ein Beamter sich habe von einem Kollegen an einen Heizkörper der JVA ketten lassen. Ihm sei der Mund zugeklebt und schwarze Schuhcreme auf Stirn und Kopfhaut geschmiert worden. Zudem habe der Beamte ein gestreiftes Häftlingskostüm getragen. Hiervon seien Photos gemacht und in Umlauf gebracht worden.

Beide Beamte wurden deshalb, so die Badische Zeitung (28.10.2014, Seite 8, „Justizminister unter Druck“) mit Geldbußen von jeweils 1.000,– Euro belegt.

Zu dem eingangs erwähnten Hungertod eines in Isolationshaft sitzenden Mannes, der aus Burkina Faso stammte, meldete der SPIEGEL (27.10.2014, Ausgabe 44/2014, Seite 40) ein bedrückendes Detail. Die Wärter sahen ihn durch eine Luke in der Zellentüre regungslos im Bett liegen. Als er auf Zuruf nicht antwortete, stürmten sie mit Knüppeln in den Händen, Pfefferspray, behelmt und mit Schildern versehen die Isolationszelle. Sie fesselten ihn an Händen und Füßen. Erst jetzt, als er sich nach wie vor nicht bewegte, bequemten sich die Vollzugsbeamten, den Sanitätsbeamten hinzu zu rufen. Dieser und eine später hin zugerufene Notärztin konnten nur noch den Tod von Rasmane Koala feststellen. Deshalb hatte er auf den Zuruf nicht reagiert.

Ein solch verrohter Umgang mit einem toten Migranten passt ins Bild von der „Sicherheitsbranche“, wo ja kürzlich aus Flüchtlingsheimen in NRW Fotos um die Welt gingen, von seitens des Sicherheitspersonals gequälten und gefolterten Flüchtlingen.

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Thomas Meyer-Falk – Beitrag zu den Antiknasttagen

Sonntag, November 2nd, 2014

Vielen von uns ist das ganz spontan und längst bewusst: Gefängnisse sind Orte das Verfalls. Ethisch, menschlich, moralisch und kulturell. Dort wird keine Lust auf Leben, Freiheit, Menschlichkeit vermittelt, sondern die Wärter*innen und sonstigen Beschäftigten, behandeln die Inhaftierten wie tote Gegenstände, sie verwalten Menschen wie Stückgut in einem Lagerhaus.
Knäste also sind nekrophile Orte.

Erst vor wenigen Wochen verhungerte in Deutschland ein Insasse, der seit mehreren Jahren in Isolationshaft gehalten wurde, nachdem er 2012 einem Wärter mit einem Kopfstoß das Nasenbein brach.

Koala Rosmane wurde nur 33 Jahre, er stammte aus Burkina Faso, wo er als Kindersoldat zwangsrekrutiert wurde.

Nach seinem Tod erhob ein Rechtsanwalt Anschuldigungen gegen die zuständige Leitung der Haftanstalt, da es dort ein rechtsextremistisches Netzwerk gebe. Überraschenderweise wurde der Gefängnisdirektor, Thomas Müller nach dem Tod von Koala Rosmane suspendiert.
Sehenden Auges hatte man ihn sterben lassen.

Dies mag illustrieren was wir uns unter einem nekrophilen Ort vorzustellen haben.

Wir setzen dem unsere Liebe zur Freiheit entgegen, zum Leben, zur Vielfalt und Buntheit. Der Kampf für Freiheit bedeutet sicher auch, Opfer zu bringen, denn die Staatsmacht tut alles, um weiterhin die Kontrolle zu behalten.
Freiheit wird einem nicht gegeben, wir müssen sie uns nehmen, sie erkämpfen und verteidigen.

Wenn sie uns dann in ihren Knästen einsperren, versuchen mundtot zu machen, und das mit allen Mitteln, ist eine solidarische Bewegung vor den Knastmauern überlebenswichtig.

Für das Leben und die Freiheit!

Thomas Meyer-Falk
zur Zeit: JVA Freiburg