[Deutschland] G20: Redebeitrag zu den G20-Gefangenen auf der Knastkundgebung am 24.11.2018 vor dem UG Holstenglacis

Quelle: united we stand

Hallo liebe FreundInnen und GenossInnen drinnen und draußen! Erst mal solidarische Grüße an die G20-Gefangenen und alle anderen politischen und sozialen Gefangenen!

Wir wollen euch auf einen demnächst beginnenden Prozess gegen 4 Genossen aus Frankfurt/Offenbach und einen Genossen aus Frankreich hinweisen. Dieser Prozess steht im Zusammenhang mit dem Komplex Elbchaussee am frühen Morgen des ersten Gipfeltages am 7.7.2018.

Solidarität mit den G20-Gefangenen! Prozessbeginn am 18.12.2018 in Hamburg!

Die massive Repression des Staates nach den Aktionen während des G20-Gipfels im Juli 2017 in Hamburg hält an. Eine als Öffentlichkeitsfahndung inszenierte Menschenjagd in ganz Europa sowie zahlreiche Hausdurchsuchungen zeigen einerseits den Verfolgungseifer des Staates, andererseits die Willkür und Schwäche der staatlichen Behörden. Nicht nur sitzen bereits GenossInnen mit absurden Urteilen im Gefängnis, es kommen auch neue Fälle dazu. So kam es pünktlich zum Jahrestag des Gipfels im Rhein-Main-Gebiet zu vier Hausdurchsuchungen. Zwei Genossen sitzen seitdem seit nahezu 5 Monaten in Untersuchungshaft. Am 18.12.2018 soll der Prozess gegen alle vier, verbunden mit dem Verfahren gegen den französischen Genossen in Hamburg beginnen.

Am Morgen des 27.Juni kam es bundesweit zu einer weiteren Durchsuchungswelle bei Anti-G20-AktivistInnen. In Frankfurt und Offenbach wurden vier Personen durch die Polizei nach Hamburg verschleppt. Den jungen Männern wird vorgeworfen, sich an Aktionen freitagmorgens in der Hamburger Elbchaussee beteiligt zu haben. Zwei der Festgenommenen waren zum Tatzeitpunkt noch unter 18 Jahre alt und gelten somit vor dem Gesetz als Jugendliche. Auf dieser Grundlage konnte erreicht werden, dass zumindest die Haftbefehle für die beiden Jugendlichen außer Vollzug gesetzt wurden. Diese mussten allerdings ihre Pässe abgeben und sind verpflichtet, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden.

Die beiden volljährigen Männer befinden sich seitdem jedoch in Untersuchungshaft hier im Hamburger Gefängnis Holstenglacis. Vor kurzem am 9.11.2018 hatten die beiden Haftprüfung. Die auch für den Prozess zuständige Richterin gewährte Haftverschonung und ordnete die umgehende Freilassung der Inhaftierten an. Die beiden konnten das Gefängnis verlassen, aber leider nur für kurze Zeit. Die Staatsanwaltschaft legte umgehend Beschwerde gegen die Haftverschonung ein und schon nach 2 Stunden Freiheit bestätigte das Oberlandesgericht Hamburg den Haftbefehl und ordnete die Fortdauer der Untersuchungshaft an. Auf Rat ihrer Anwälte gingen die beiden zurück ins Gefängnis, was unter anderem auch die angebliche Fluchtgefahr widerlegt. Die Beschwerde unserer Genossen wurde durch das OLG abgelehnt.

Die Anklage ordnet die Beschuldigten willkürlich dem Komplex Elbchaussee zu, um in der Öffentlichkeit „Schuldige“ präsentieren zu können und die Rechtsbrüche und die massive Polizeigewalt gegen DemonstrantInnen während der G20-Protestwoche zu kaschieren. Die harten Urteile, die bislang nach G20 gefällt wurden, reihen sich ein in die Faschisierung der Staatsapparate, am deutlichsten sichtbar in den neuen Präventiv- und Polizeigesetzen (etwa das bayerische PAG). Hinzu kommen die innere Aufrüstung und immer ausgedehntere Überwachung sowie die politische Repression und die harten Strafen gegen alle, die sich gegen die herrschenden Verhältnisse wehren.

Angesichts der verhältnismäßigen Stille, ja Gleichgültigkeit, bei Angriffen auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte ist es dennoch nicht verwunderlich, welche Empörung ein paar zerstörte Scheiben und Autos hervorrufen. Noch immer Gilt: „Scheiben klirren und ihr schreit, Menschen sterben und ihr schweigt !“ Dass schon am selben Abend den Geschädigten eine Zahlung von 40 Millionen EUR zugesichert wurde (zum Vergleich: den Angehörigen der Opfer des NSU wurde nach jahrelanger Schikane, Kriminalisierung und Stigmatisierung insgesamt (!) eine Million EUR Entschädigung gewährt), verdeutlicht die massive Diskrepanz bei der Wahrnehmung des Wertes von Menschenleben im Vergleich zu Waren und Konsumgütern.

Der Zynismus von Polizei und Justiz ist in Anbetracht der Vorwürfe unerträglich. Am frühen Morgen des ersten Gipfeltages machten einige hundert AktivistInnen ihrer Wut über die bestehenden Verhältnisse Luft und verdeutlichten ihre Unversöhnlichkeit unter anderem durch das Entglasen von Konsulaten, Banken und Ämtern und das Anzünden von Autos in der im Villenviertel gelegenen Elbchaussee. Obwohl es keinerlei polizeiliche Foto- oder Videoaufnahmen von den Geschehnissen gibt, hat die Polizei nun vier junge Männer aus dem Rhein-Main-Gebiet als vermeintliche Täter präsentiert. Die Vorwürfe – Brandstiftung, schwerer Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung – basieren auf einem „Bewegungsprofil“, dass die Polizei über die vier erstellt haben will. Sie habe die Gruppe auch zu anderen Gelegenheiten in Hamburg beobachten können, so etwa ganz ohne schwarze Vermummung beim Bäcker in Altona. Konkrete Taten werden ihnen nicht vorgeworfen, außer dass sie vor Ort gewesen sein sollen und einer der Beschuldigten eine Mülltonne auf die Straße gezogen habe. Es ist offensichtlich, dass es hier darum gehen soll, Menschen von künftigem politischen Protest abzuhalten und eine ganze Bewegung einzuschüchtern, indem einzelne drakonisch bestraft werden.

Die Absurdität der Vorwürfe knüpft an die bisherigen G20-Prozesse an, genauso wie die Anordnung von U-Haft wegen der angeblichen „Schwere der Tat“ und vermeintlicher „Fluchtgefahr“. Dazu die Schikanen, die die zwei im Knast ertragen müssen: Der Jüngere war in den ersten drei Tagen durchgehend eingesperrt. Erst danach bekam er eine Stunde Hofgang täglich. Seitdem wurde seine Zelle mindestens viermal ohne Angabe von Gründen durchsucht und er selbst wiederholt spontanen Leibesvisitationen unterzogen. Die einzige Möglichkeit, die ihnen gelassen wird, ist im Knast zu arbeiten. Auch wenn sich manches inzwischen gelockert hat, durften die beiden sich bis heute nicht sehen und sind immer wieder wahllosen Schikanen und der Willkür der Schließer ausgesetzt. Diese nannten als Begründung nur: „Weil wir es können“.

Ganz offensichtlich dienen diese Haftbedingungen dazu, Druck auf die beiden auszuüben und sie zu Aussagen zu bewegen. In Anbetracht der mangelhaften Beweislage gegen sie ist das kein Wunder. Auch eine weitere Person, ein Genosse aus Frankreich, sitzt seit Oktober hier im Hamburger Holstenglacis in Untersuchungshaft. Er wurde am 18.8.2018 in Frankreich verhaftet und dann nach Deutschland ausgeliefert. Die französischen Repressionsbehörden setzten einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn durch, der aufgrund seiner vermeintlichen Beteiligung an den Hamburger Protesten während des G20-Gipfels verhängt wurde. Auch ihm werden Straftaten im Zusammenhang mit den Aktionen auf der Elbchaussee vorgeworfen. Diese beiden Verfahren gegen unsere Genossen aus Frankfurt/Offenbach und den Genossen aus Frankreich wurden nun zu einem Verfahren verbunden, der am 18.12.2018 beginnende Prozess wird gegen alle 5 Personen geführt. Polizei und Staatsanwaltschaft möchten nach mehr als einem Jahr Arbeit der eigens eingerichteten SoKo „Schwarzer Block“ gern Ergebnisse vorweisen, und das heißt „Schuldige“ bestrafen. Machen wir es den Inhaftierten leichter im Knast und erzeugen wir unsererseits Druck auf die Behörden! Der Prozess gegen alle 5 Beschuldigten beginnt am 18. Dezember vor der Jugendkammer des
Landgerichts Hamburg hier am Sievekingplatz. Der Prozess wird möglicherweise nicht öffentlich sein, da unter den Angeklagten auch zwei Jugendliche sind. Der Ausschluss der Öffentlichkeit würde auch die Presse betreffen. Sollte die Öffentlichkeit tatsächlich ausgeschlossen werden, wird es Wege und Mittel geben müssen, die kritisch-solidarische Öffentlichkeit über die Geschehnisse im Gerichtssaal zu informieren. Der Prozess wird voraussichtlich sehr lange dauern. Es sind bereits 30 (in Worten dreißig) Prozesstage bis Mai terminiert. Die Anklageschrift besteht weitgehend aus der Beschreibung von beschädigten Autos sowie einer Handvoll Indizien, dass die Beschuldigten irgendwie vor Ort gewesen sein sollen. Dieser Show-Prozess muss begleitet und kritisiert werden!

Schreibt Postkarten und Briefe, kommt zum Prozess und zeigt ihnen, dass wir sie mit dieser Repression nicht allein lassen! Wir werden weiter Post schicken, mit eurer Hilfe alle Prozesstage begleiten und „den Scheiß aufdrehen“ bis sie wieder frei sind. Der Grund dafür ist einfach: Weil wir es können!

Weitere Prozesstermine, immer ab 9.30 Uhr: 8.1.19, 10.1.19, 15.1.19 usw., Landgericht Hamburg, Sievekingplatz.

Wir lassen uns nicht spalten in „Gut“ und „Böse“, der Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg war legitim. Solidarische Grüße auch an die GenossInnen in Buenos Aires im Kampf gegen den G20 am kommenden Wochenende.

Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Solidarität ist eine Waffe!

United We Stand!

POWER DURCH DIE MAUER BIS SIE BRICHT!!!

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