[Italien] Operation Prometeo – Brief von Robert aus dem Gefängnis von Sassari

Quelle: mpalothia, übersetzt von abc wien

Hallo zusammen!

Ich bin Robert und seit dem 6. Juli im Gefängnis von Sassari eingesperrt. Mir wird vorgeworfen, zusammen mit einer Gefährtin und einem Gefährten „explosive Briefumschläge“ an zwei Staatsanwälte, Sparagna und Rinaudo, und an den Direktor der DAP* geschickt zu haben. Im Morgengrauen des 21. Mai [2019] wurden wir durchsucht und ins Gefängnis gebracht. Beppe und ich waren im Opera-Gefängnis eingesperrt, wo wir einen Monat in der Abteilung „Beobachtung“ verbrachten. Dies ist der Bereich, in dem die Gefangenen untergebracht werden, die 15 Tage in Isolation verbringen müssen oder denen ein hohes Risiko für Selbstverletzung zugeschrieben wird.

In unserem Fall befanden wir uns in diesem Abschnitt, da Opera nicht über eine AS2 [High Surveillance2] verfügt, sondern „nur“ über AS1, AS3 und die unvermeidliche 41bis. Da uns die Kommunikation mit den anderen Gefangenen verboten war, verbrachten wir einen Monat in Einzelzellen bei permanent geschlossener Tür und einer Stunde Freigang am Morgen in einem dreckigen, engen Innenhof. In dieser Abteilung war es auch verboten, Kocher zu benutzen, so dass wir uns auf das Gefängnisessen einstellen mussten, das fast immer ungenießbar war. Nicht, dass ich jemals irgendwelche Erwartungen an diese Orte der psychischen und physischen Vernichtung gehabt hätte. Nach einem Monat kam der Transfer und sie brachten mich in den AS2 nach Terni, wo ich zwei Wochen blieb. Mit dieser Verlegung nicht zufrieden, wurde ich am 6. Juli nach Sassari versetzt, wo es einen AS2-Abschnitt gibt, in dem bisher islamische Gefangene, die des Terrorismus beschuldigt sind, eingesperrt werden; 2019 ist offensichtlich das Jahr, in dem man das anarchistisch-islamischen Experiment erleben kann. Dieser Ort wird von den Gefangenen selbst als „das Guantanamo Italiens“ bezeichnet, da das Regime hart und restriktiv ist und wegen seiner Distanz zu allem, wodurch nicht nur Gespräche erschwert werden, sondern auch der Gefängnisverwaltung der Weg geebnet wird, Entscheidungen und Maßnahmen noch willkürlicher zu treffen.

Ich werde ein paar kurze Bemerkungen zur Operation Prometheus machen. Die Untersuchung der ROS („Special Operational Grouping“ der Carabinieri) in Turin, die von der Mailänder Staatsanwaltschaft koordiniert wurde, zeigt, dass es ein weiterer schwacher Versucht ist, Anarchist*innen als solche zu treffen.

Bei bestimmten Handlungen müssen die Strafverfolgungsbeamt*innen unbedingt eine Begründung vorlegen, Motive konstruieren und Verantwortlichkeiten zuschreiben. Die fleißigen Ermittler haben wieder einmal ihr kreatives Talent und ihre Frustration gezeigt, indem sie aus der Menge der Lauschangriffe alltägliche Dialoge fischten, diese miserabel ausnutzten und sich an jede Möglichkeit klammerten, allem etwas Substanz zu verleihen. Korrespondenz mit Gefangenen und Solidaritätsinitiativen werden zu zentralen Untersuchungspunkten und bilden den Vorwand für das Erfinden von Verbindungen […]. Nichts, was man nicht schon bei den Untersuchungen der letzten Monate und Jahre gesehen hat.

In Zeiten der Hysterie und Hexenjagd verpasst der Staat nicht die Gelegenheit, den Krieg zwischen den Armen zu verschärfen, indem er unerwünschte Subjekte (Anarchist*innen, Ausländer*innen, Vandal*innen usw….) einsetzt, um die Aufmerksamkeit von den Grausamkeiten abzulenken, die täglich begangen werden. Und mit feigen und freiheitsvernichtenden Mitteln versucht er in jeder Hinsicht, diejenigen loszuwerden, die als zu viel angesehen werden und die Interessen der Chef*innen beeinträchtigen.

Mit großer Verspätung aufgrund der Zensur erfuhr ich von den Hungerstreiks der Gefährt*innen und der Mobilisierung, die geschaffen wurde, um die Isolation zu durchbrechen und die Stimme und die Kämpfe derer, die eingesperrt sind, widerzuspiegeln. Ich finde es interessant, dass wir versuchen, einen Diskurs zu entwickeln, der über den Notfall hinausgeht, in der Hoffnung, bei ähnlichen Gelegenheiten nicht unvorbereitet getroffen zu werden. Deshalb grüße ich alle, die in den Hungerstreik getreten sind, und diejenigen, die innerhalb und außerhalb dieser tödlichen Mauern kämpfen.

Der Staat ist Terrorist und Massenmörder.

Mit Liebe und Wut, mit dem Herzen jenseits der Gitterstäbe. Daje forte!

Robert

Datum des Zensurstempels: 5.8.2019
Datum des Schreibens, dem der Text beigefügt war: 17.7.2019
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* Dies ist Santi Consolo, ehemaliger Direktor des DAP („Department of Penitentiary Administration“). Die Anklage bezieht sich auf 2017. Der derzeitige Direktor des DAP ist Francesco Basentini.

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