[Deutschland] Hambacher Forst: UPIII ist frei!!

Quelle: abc rhineland

Update: UPIII heute (04. Oktober 2018) bei Haftprüfung entlassen. Haftbefehl aufgehoben. UPIII frei!

Am Donnerstag, den 4. Oktober 2018 um 14.45 Uhr findet die Haftprüfung von UP III vor dem Landgericht Köln statt.

Hintergrund

UP III wurde am 19. März 2018 festgenommen im Rahmen eines Einsatzes im Hambacher Forst und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Erste Instanz und Urteil

Am 31. Juli 2018 wurde sie zu 9 Monaten ohne Bewährung wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten gefährlichen Körperverletzung verurteilt. Hierbei ging es weniger um einen „rechtsstaatlich“ fairen und angemessenen Strafrahmen, als vielmehr um eine generalpräventive Maßnahme, die Statuierung eines Exempel, da UP III ihre Personalien nicht angegeben hat.

Die Höhe des Urteils ist nicht das einzig Verwunderliche in diesem Fall:

Berufung

Gegen das Urteil wurde form – und fristgerecht Berufung eingelegt, sowie eine Entscheidung über die Haftfortdauer beim Amtsgericht Kerpen erwirkt.

Beschwerde am LG Köln & Ablehnung

Zu diesem Zeitpunkt war die Hälfte der im Urteil zuerkannten Strafe bereits verbüßt. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes, dass UP III im Knast zu bleiben habe wurde sodann weitere Beschwerde beim Landgericht Köln eingereicht. Wieder erfolglos, es bestände immer noch Fluchtgefahr und die zu erwartende Strafe sei so hoch, dass UP III sich wohl eher entziehen werde.

Problem: Vor der Urteilsverkündung konnte sich das Landgericht noch mit traumwandlerischer Sicherheit auf einem höher zu erwartenden Strafrahmen ausruhen – dessen einer versuchten gefährlichen Körperverletzung und eines schweren Landfriedensbruchs nämlich. Dass diese Hauptvorwürfe durch das Urteil nun entfielen, schien dem Landgericht beim Kopieren der vorherigen Begründung nicht zu stören: Komplett andere Sachlage, egal, für das LG Köln – gleiche Entscheidung mit gleicher Begründung.

Beschwerde am OLG Köln

Der Verteidigung war das aber nicht egal. Sie nutze das letzte Mittel einer weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht (ebenfalls in Köln), bisher entscheidungslos.

Als die Verteidigung mal beim Berufungsgericht – Landgericht Köln – nach horchte, wie es denn um die Berufung und die Akten stünde, kam nur die Antwort, dass die Akte über die zuständige Staatsanwaltschaft Aachen, an das OLG versendet wurde. Auf Nachfrage gab die Staatsanwaltschaft nur an, dass die Akte am 10. September angekommen sei und am 14. September Richtung OLG weiterging.

Akte 17 Tage nicht auffindbar

Wo war die Akte zwischen dem (spätesten bekannten Zeitpunkt) 24. August und dem klammheimlichen Wiederauftauchen am 10. September? Wird Gerichtspost seit Neustem mit der DB versandt oder wieso dauert es bei einem Haftfall 17 Tage bis die Akte von A nach B kommt? Immerhin richtet sich die Beschwerde gegen die Haftfortdauer. Schlussendlich wartet die Inhaftierte jeden Tag, den die Justiz eine Briefmarke falsch klebt oder ihre Akte „ausversehen“ verlegt. Ergänzende Akteneinsicht wurde durch die Verteidigung ebenfalls beantragt, um diesem Umstand nachzugehen.

Zeitgleich mit der Akte schickte die Staatsanwaltschaft Aachen am 14. September auch ihre Berufungsbegründung ab. Damit wird die Beschwerde gegen die Haftfortdauer automatisch in einen Antrag auf Haftprüfung umgewandelt. Absicht oder nicht –  durch dieses Vorgehen löst sich das zusätzliche zulässige Rechtsmittel der Beschwerde der Angeklagten quasi in Luft auf.

Verletzung Art. 5 Abs. 4 EMRK

Am 18. September antwortete UP III‘s Verteidigung darauf mit einem Antrag auf Haftprüfung und einer Rüge der Verletzung des Art. 5 Abs. 4 EMRK an den zuständigen Tatrichter am LG Köln. Nach Art. 5 Abs. 4 EMRK hat jede inhaftierte Person das Recht, dass „ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet“. Diese Frist ist bei 20 Tagen spätestens nicht mehr gewahrt, so der EGMR.

Der Zeitraum zwischen der Einlegung des Rechtsmittels (22. August) und dem angeblichen Eingang der Akten beim Landgericht (17. September) beträgt mit über drei Wochen doch weit mehr als 20 Tage.

Verfahrensverschleppung?

Das Verfahren wird willkürlich in die Länge gezogen, damit wesentliche Rechte der Gefangenen beschnitten und sich ganz entspannt auf verlorenen Akten ausgeruht. Das wollen wir nicht unausgesprochen und ungesehen lassen. UP III sitzt vielleicht schon länger hinter den trostlosen Knastmauern der JVA Köln, als sie bei geregeltem und rechtsstaatlich festgeschriebenem Verfahrensgang sitzen müsste.

Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: bei der Terminierung für die Berufung ist bei der Verteidigung ein Zeitraum von Dezember bis März abgefragt worden. Dabei sollte UP III bereits kurz vor Weihnachten mit ihrem 9 – monatigen Urteil entlassen werden.

Die Haftprüfung ist nicht öffentlich, aber wir können alle miteinander vor dem Landgericht Köln warten und den kontinuierlichen Rechtsmissbrauch nicht ungesehen lassen. Wir zeigen Präsenz, um der Justiz zu zeigen, dass wir sie im Blick haben.

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