[Russland] Moskau Anarchist Black Cross – Updates September 2021

Quelle: avtonom, übersetzt von abc wien

Dieses Mal gibt es sowohl gute als auch schlechte Nachrichten, beginnen wir also mit den guten.

Maxim „Hadad“ Smolnikov aus der Untersuchungshaft entlassen

Maxim „Hadad“, ein Anarchist und Straßenkünstler aus Chabarowsk, wurde am 6. August aus der Untersuchungshaft in den Hausarrest entlassen, nachdem er fast 4 Monate im Gefängnis verbracht hatte. Ihm wird vorgeworfen, in einem Social-Media-Post vom November 2018 „den Terrorismus zu rechtfertigen“, nachdem der 17-jährige Anarchist Mikhail Zhlobitsky einen Sprengstoffanschlag auf FSB-Büros in Archangelsk verübt hatte. Die Staatsanwaltschaft legte gegen die Freilassung Berufung ein, aber das Berufungsgericht bestätigte Smolnikovs Freilassung am 22. September. Smolnikow hat noch keinen Gerichtstermin.

Weitere Informationen über den Fall Smolnikov findet ihr hier.

 

Kansker Gefangene freigelassen – Gerichtstermin steht noch aus

Zwei Jugendliche aus Kansk, Denis Mikhaylenko und Bogdan Andreev, wurden am 17. August mit einigen Einschränkungen aus der Haft entlassen. Bogdan hat mehr als ein Jahr unter Hausarrest verbracht, Denis im Gefängnis. Nikita Uvarov wurde am 5. Mai unter Auflagen freigelassen. Das Gerichtsverfahren gegen die drei wird am 9. November fortgesetzt, und leider haben die Verteidiger*innen, die von den Angehörigen beauftragt wurden, beschlossen, keine Neuigkeiten über das Verfahren zu veröffentlichen.

Die Unterstützungskampagne für den Fall Kansk hat jetzt eine englische Website.

Frühere Berichte über den Fall findet ihr hier.

 

Der Antifaschist Andrey Kazimirov wird dieses Jahr nicht nach Belarus abgeschoben

Andrey Kazimirov ist ein Antifaschist aus Brest, Belarus, der der Teilnahme an Ausschreitungen gegen „Präsident“ Lukaschenka beschuldigt wird. Er flüchtete nach Russland, wurde aber festgenommen. Das Moskauer Gericht beschloss, ihn nach Belarus abzuschieben, aber der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Abschiebung bis zum 15. Januar 2022 ausgesetzt. Inzwischen befindet er sich im Untersuchungsgefängnis, und etwas Post könnte ihn aufmuntern:

Andrei Sergeyevich Kazimirov, born in 1999.
SIZO-4 Medved, 127081, 4 Vilyuyskaya St., Moscow, Russia

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Der restlichen Nachrichten sind leider nicht so gut.

 

Anarchist*innen aus Tscheljabinsk zu Haftstrafen verurteilt

Am 10. September hat das Bezirksgericht in Tscheljabinsk Anastasia Safonova und Dmitry Tsibukovski zu 2 bzw. 2,5 Jahren Gefängnis wegen „Rowdytums“ verurteilt. Ihr Verbrechen: sie sollen im November 2018 ein Transparent mit der Aufschrift „Der FSB ist der Hauptterrorist“ in Solidarität mit den anarchistischen Gefangenen im Fall Network an den Zaun des FSB-Büros in Tscheljabinsk gehängt haben. Sie wurden im April 2020 in Untersuchungshaft genommen und im Juli desselben Jahres freigelassen, und warten nun auf den Gerichtsprozess. Tsibulkovski gab unter Folter mit Elektroschocks zu, dass er das Banner aufgehängt habe. Derzeit warten beide in einem Untersuchungsgefängnis auf das Urteil des Berufungsgerichts. Ihr könnt ihnen also Post schicken, um sie aufzumuntern:

Anastasia Viktorovna Safonova, 1991 g.r.
SIZO-3 ul. Artilleriyskaya 66a
456205 g. Chelyabinsk Russia

Dmitry Aleksandrovich Tsibulkovski 1993 g.r.
SIZO-1 ul. Rossiyskaya 53A
453006 Chelyabinsk Russia

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Künstler Pavel Krisevich wartet im Gefängnis auf seinen Prozess

Pavel Krisevich ist ein Aktions-Künstler, der schon mehrfach aufgrund seiner Performances inhaftiert wurde, mit denen er sich gegen Repression und für politische Gefangene in Russland einsetzt. Seine letzte Aktion war eine symbolische Selbstmordperformance am 11. Juni 2021 auf dem Roten Platz mit einer mit Platzpatronen geladenen Waffe. Krisevich gehört zwar nicht der anarchistischen Bewegung an, allerdings unterstützt er unterdrückte Anarchist*innen – vor allem im Fall des Penza-St. Petersburg-Netzwerkes. Derzeit wird Krisevich in dem berüchtigten Butyrka-Gefängnis in Moskau festgehalten. Es gibt kein Video von der Aktion am 11. Juni, aber einige Aufnahmen sind in diesem (nicht sehr sympathischen) Video zu sehen:

Videos von seinen früheren Aktionen gegen politische Repressionen sind hier und hier verfügbar.

Wenn ihr Krisevich schreiben wollt:

Pavel Olegovich Krisevich 2000 g.r.
FKU SIZO-2 UFSIN Rossii po g. Moskve
127055 Moskva ul. Novoslobodskaya d. 45
Moscow Russia

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Anarchist aus Wologda muss sich vor Gericht wegen Molotowcocktails verantworten

Der Anarchist Ruslam Gatamow aus Vologda ist angeklagt, im Oktober 2019 einen Molotowcocktail an die Wand des Büros der regierenden Partei „Einiges Russland“ geworfen zu haben. Diese Aktion hat Gatamow zugegeben, während er den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Mitglied der anarchistischen Organisation „Peoples Selfdefence“ zu sein, bestreitet. Zuvor war Gatamov angeklagt worden, während der Umweltproteste in Shies in der Region Arkhangel gegen die Polizei gekämpft zu haben. Diese Anklage wurde allerdings vor Gericht fallen gelassen. Der gemeldete Schaden des Molotow-Angriffs beläuft sich auf 653 Rubel und 23 Kopeken, d.h. 7,60 Euro (!!!)  und es wurde niemand verletzt. Der Prozess gegen Gatamov wird am 25. Oktober fortgesetzt, und die Staatsanwaltschaft fordert die Höchststrafe von 3 Jahren Gefängnis.

Mehr über den Fall (auf Russisch).

 

Pussy Riot-Mitglied Maria Alyokhina zu 1 Jahr „eingeschränkter Freiheit“ verurteilt

Maria Alyokhina, die 2012-2013 wegen der Aktivitäten von Pussy Riot inhaftiert war, wurde im Rahmen des sogenannten „Sanitation Case“ zu einem Jahr Haft (eingeschränkte Freiheit) verurteilt. Mehrere Anhänger*innen von Alexej Nawalny und andere bekannte Oppositionelle wurden wegen Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften angeklagt, weil sie am 23. Januar zu Protesten gegen die Inhaftierung von Alexej Nawalny aufgerufen hatten.

Eingeschränkte Freiheit ist eine besondere russische Sanktion, die mit einigen sehr strengen Bewährungsauflagen in den Vereinigten Staaten vergleichbar ist. Aljochina darf an keinen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen, ihre Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt und sie wird wahrscheinlich ein Jahr lang eine elektronische Fußfessel tragen müssen.

 

Unterstützt den von Donezker Separatisten inhaftierten Grigoriy Sinchenko

Grigoriy Sinchenko war an Guerillaaktivitäten gegen die von Russland unterstützte Volksrepublik Donezk (DNR) beteiligt. Er schloss sich 2016 der Widerstandsgruppe im Untergrund an und wurde im Dezember desselben Jahres zum ersten Mal verhaftet. Er wurde von Separatist*innen schwer gefoltert und wäre beinahe gestorben. Im Dezember 2017 wurde er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mit 74 anderen Gefangenen des separatistischen Regimes freigelassen. Er beschloss jedoch, den Widerstand nicht aufzugeben, und kehrte in die DNR zurück, um den Guerillakrieg gegen Russland und die Separatist*innen fortzusetzen. Fast ein Jahr lang gelang es Sinchenko, mit Ablenkungsmanövern wie Brandstiftungen und Bombenanschlägen gegen das Regime vorzugehen. Die bekannteste Aktion war der Bombenanschlag auf die von den Separatist*innen kontrollierte Basisstation des Mobilfunkbetreibers Fenix. Nach dem Bombenanschlag wurde ein Video veröffentlicht, in dem die Folter in der Donezk-Republik verurteilt wird.

Soweit uns bekannt ist, hat Sinchenko nie einer anarchistischen Gruppe angehört oder an anarchistischen Veranstaltungen teilgenommen, aber da er ein Kommuniqué über seine Aktion an die anarchistische Website „Anarchist fighter“ schickte, ist er zumindest ein Sympathisant der Anarchisten. Wir glauben, dass Sinchenko derzeit im Untersuchungsgefängnis von Donezk inhaftiert ist, aber es ist unwahrscheinlich, dass er Post erhalten darf, da Donezker Separatist*innen nicht einmal offiziell zugeben, dass sie ihn inhaftiert haben.

 

Die Gefangenen des Netzwerks Viktor Filinkov und Yuli Boyarshinov sind in ihren Gefängniskolonien angekommen

Nachdem das Känguru-Berufungsgericht [*Kangaroo Court: Begriff der Gerichte beschreibt, deren Gerichtsverfahren nur eine Formalität darstellen, mit meist vorherbestimmten Urteilen gegen die Angeklagten] die Urteile gegen Filinkow und Bojarschinow unverändert bestätigt hat, wurden sie zur Vollstreckung ihrer Strafen in Gefängniskolonien eingewiesen. Filinkov hat eine harte Zeit hinter sich, da die Gefängniskolonie offenbar versucht, seinen Geist zu brechen. Er kam Anfang August in seiner Kolonie an und verbrachte zunächst zwei Wochen unter strengen Quarantänebedingungen. Seitdem wurde er sieben Mal ins Loch geschickt und verbrachte nur drei Tage mit den restlichen Gefangenen. Davor verbrachte er 45 Tage im grausamen „etap“, der Gefangenenverlegung. Er hat keine Post erhalten und seine Mutter, die aus Kasachstan angereist war, um ihn zu besuchen, wurde ohne Besuchserlaubnis wieder zurückgeschickt, da ihr Sohn im Loch saß. Ihr könnt Victor Briefe zur Aufmunterung schicken:

Viktor Sergeevich Filinkov, 1994 g.r.
IK-1 Krymskiy per. 119
460026 g. Orenburg, Russia

Yuli Boyarshinov wurde ebenfalls zur Vollstreckung seiner Strafe in eine Gefängniskolonie in der Republik Karelien gebracht, und ihr könnt ihm schreiben:

Yuli Nikolaevich Boyarshinov, 1991 g.r.
FKU IK-7 UFSIN Rossii po Respublike Kareliya
g. Segezha, ul. Leybugskaya
186420 Respublika Kareliya Russia

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Mehr über den Fall Network findet ihr hier:

 

Azat Miftakhov wird in eine Gefängniskolonie verlegt

Der anarchistische Mathematiker Azat Miftakhov wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, da er während einer Demonstration für politische Gefangene ein Fenster der regierenden Partei Einiges Russland eingeschlagen haben soll. Er wurde in das Gefangenenlager in der Stadt Mutninsk verlegt. Das Lager Omutninsk ist ein berüchtigtes „rotes“ Gefängnis, das nicht von Gefängniswärtern, sondern von Häftlingsfunktionären („Rote“, „Ziegen“) geleitet wird. Dort sind Schläge gegen Gefangene an der Tagesordnung. Nach der Quarantäne wurde Azat zu schwerer körperlicher Arbeit eingeteilt, aber er hat Post erhalten.

Bitte schickt ihm Briefe zur Unterstützung:

Miftakhov Azat Fanisovich, 1993 g.r.
g. Omutninsk, ul. Trudovyh rezervov 125
612740 Kirovskaya Oblast Russia

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Wenn ihr Kontakte zu wissenschaftlichen Abteilungen oder mathematischen Vereinigungen habt, leitet diese Petition bitte an sie weiter. Auf der Website findet ihr weitere Informationen über seinen Fall.

 

Unterstützt weiterhin Gefangene in Russland

Die Kontaktadressen aller von uns unterstützten Gefangenen in Russland findet ihr hier und eine Anleitung zum Spenden hier.

Wenn ihr für einen bestimmten Gefangenen oder Fall spenden möchtet, nehmt bitte vorher Kontakt mit uns auf, um sicherzustellen, dass die Unterstützer*innen des Gefangenen oder Falles gerade Spenden sammeln.

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