[Spanien] Rodrigo Lanza in Isolationshaft nach Naziangriff

gefunden auf Insurrectionnewsworldwide (auf englisch)

Rodrigo Lanza wurde 2006 verhaftet, da er beschuldigt wurde, im Rahmen der Räumung eines besetzten Hauses in Barcelona nach einer Party einen Cop angegriffen zu haben. Während der folgenden Riots warf jemand einen Topf aus den oberen Stockwerken des Hauses, wodurch einer der Cops („a bastard of the urban guard“) verletzt wurde, so dass dieser querschnittsgelähmt war.

Die Cops brauchten nun einen Sündenbock und nach einem langen Gerichtsprozess wurde Rodrigo Lanza zu 5 Jahren Haft verurteilt, in denen er von der Polizei gefoltert, geschlagen und misshandelt wurde – aus dem einfachen Grund, dass er Chilene ist. Nach dieser langen Zeit im Knast wurde er letztendlich entlassen.

Am 07. Dezember 2017 war Rodrigo in Zaragoza mit Freunden in einer Bar, in der sie auf einen bekannten Nazi trafen: den 55 Jahre alten Victor Lainez, ein Mitglied der faschistischen Falange Nacional. Bei der folgenden Auseinandersetzung vor der Bar traf den Nazi Lainez ein Schlag in den Nacken, wodurch er ins Koma fiel. Seine Familie entschied Tage später die Maschinen abzustellen und die Welt von seiner Anwesenheit zu befreien.

Rodrigo wurde schnell verhaftet und beschuldigt, am Tod des Nazis beteiligt zu sein. Rodrigo befindet sich seitdem in Isohaft, ohne weitere Information über die gegen ihn erhobenen Anklagepunkte.

 

 

gefunden auf insurrectionnwesworldwide (auf englisch)

Brief von Rodrigos Mutter

„Am Samstag, 17. Dezember 2017, habe ich Rodrigo im Gefängnis besucht. Ich weiß, dass er in Isolation ist. Präventive Isolationshaft, ohne Gerichtsverfahren, nur aufgrund der sofortigen Verurteilung in den Medien sowie in der Gesellschaft.

Was heißt das? Er muss in einer Zelle bleiben mit kaum genug Platz für ein Bett. Eine leere Zelle. Für zwei Stunden darf er in einen quadratischen Hof gehen, so groß wie ein kleiner Raum, in dem man den Himmel nicht sieht. Er ist allein.

Sie sagen, sie wollen ihn beschützen. Jedoch kann die Isolation im Strafvollzug laut Istanbul-Protokoll eine Methode der Folter sein und internationale Organisationen ordnen die Isolation als eine Sanktion für maximal 14 Tage ein, da es sonst zu irreversiblen psychischen Schäden kommen kann.

Als ich ihn besuchte, wurde er in Handschellen mit je zwei Wärtern vor und neben sich zu mir gebracht. Ich sah in durch Glas. Soweit es in solch einer schwierigen Situation möglich ist, geht es ihm gut. Wir haben uns lange angesehen und ich erzählte ihm von der Verfälschung seines Falles in den Medien. Das ist etwas sehr Ernstes, denn trotz allem, was sie untersuchen können, wird es aufgrund des sozialen Drucks schwierig sein, etwas zu ändern. Der Richter begründet die Anklage mit dem, was die Medien schreiben und berücksichtigt dabei nicht alle Zeugenaussagen der Anwesenden.

Es wäre nicht zu solch einem Medien-Boom gekommen, wenn es sich nicht um Rodrigo handeln würde und der Boom wäre nicht so groß, wenn es einen anderen politischen Kontext gäbe. Die Presse hat nicht nur Rodrigo mit Wut verurteilt, ohne Zeugenaussagen oder seine eigene Aussage zu berücksichtigen, sondern hat auch uns der Gefahr ausgesetzt, von Nazis angegriffen zu werden und uns dazu gezwungen unterzutauchen.

Wir haben unzählige Drohungen gegen Rodrigo oder gegen mich selbst erhalten, auf Facebook, Twitter, etc. Ich kann nicht mehr ohne Angst erkannt und angegriffen zu werden auf die Straße gehen. Sie haben meine Adresse sowie Bilder meiner Familie in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Wir haben Angst um unser Leben, weil wir wissen, dass Rodrigo mit einem Messer angegriffen wurde und ich weiß, dass diese Leute die uns drohen, gefährlich sind. Ich kann nicht aufhören, daran zu denken, dass mein Sohn hätte tot sein können, aber er hat sich selbst verteidigt und ist am Leben.

Ich danke den vielen, vielen Menschen, die uns ihre Unterstützung und Zuneigung zeigen und denen, die uns verteidigen.

Die Wahrheit wird früher oder später ans Licht kommen, und ich bin mir sicher, dass dies passiert.

Eine große Umarmung

Mariana“

 

 

gefunden auf indymedia (auf englisch)

Brief von Rodrigo:

„Und wieder einmal aus den Kerkern des Staates, aus dem Bauch der Bestie.

Und wieder einmal aus den Kerkern des Staates, aus dem Bauch der Bestie. Ich schreibe diese Worte aus dem F.I.E.S. (erster Grad), isoliert aber niemals allein, weil ich weiß, dass unsere Werte viel stärker sind als die Gitter die ich vor mir habe, dass unsere Liebe für Freiheit tausendmal mehr Wert ist als ihr Hass und dass es keine Mauer gibt, die uns von uns selbst trennen kann.

Ich glaube an viele Dinge und zwei davon waren immer, dass antifaschistische Selbstverteidigung der legitimste Kampf ist und dass ein Staat, der Faschismus, Rassismus, Homophobie und vieles mehr fördert, diejenigen rücksichtslos angreift, die sich dagegen wehren. Nach einer rassistischen Beleidigung, dem Angriff durch einen Mann der ein Messer in der Hand hatte und einem tragischen Ende kommt die Maschine ins Rollen, der Staat wird stark und er weiß, dass eine Lüge die Tausendmal erzählt wird, zur Wahrheit wird – zumindest für die Mehrheit, die diese Wahrheit braucht.

Der Angreifer wird zum Angegriffenen, sie erfinden eine lächerliche Entschuldigung für die Aggression, die nicht einmal in den polizeilichen Ermittlungen auftaucht, das Messer verschwindet und sie versuchen, die faschistischen und rassistischen Verbindungen zu vertuschen. Ich werde im TV als Gefahr dargestellt, und sie werden diese Lüge tausendfach erzählen, weil sie es können und weil sie es brauchen. Ich fühle mich schrecklich hilflos, ich bin nur eine Schachfigur in ihrem Spiel, aber ich verzweifle nicht, ich weiß aus Erfahrung, dass die Wahrheit ans Licht kommen wird, auch wenn die Geschichte von den Mächtigen, den Gewinnern, geschrieben wird…. noch.

Ich weiß, dass wir mehr Lärm machen werden als sie, dass unsere Bindung und Solidarität mehr wert sind, als ihre Medien und ihre Mauern. Ich glaube jetzt mehr denn je an legitime Selbstverteidigung, an Antifaschismus, an meine Brüder und Schwestern in den Strassen, an unseren Kampf, an meine Familie, an meine Prinzipien.

Wegen all dem und mehr fühle ich mich weiterhin glücklich, auch wenn ich jetzt hier bin nach allem was passiert ist, weil ich weiß, dass ich auf euch zählen kann, so wie ihr auf mich zählen könnt.

Aus den Kerkern, isoliert, aber niemals allein.

Rodri.“

 

zur Info:

F.I.E.S.

In den spanischen Knästen kam es in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen immer wieder zu Aufständen. Der spanische Staat reagierte auf die Kämpfe mit totalitärer Repression und schuf 1991 das sogenannte FIES-Regime, ein Gefängnis innerhalb des Gefängnisses, wo rebellische und politische Gefangene mittels totaler Isolierung und Kontrolle sowie psychischer und körperlicher Folter gebrochen werden sollen. Bis heute sind mindestens 17 Menschen durch die Folgen der FIES-Haft umgekommen.

Innerhalb des jeweiligen FIES-Regimes gibt es jeweils drei verschiedene Stufen oder ‚Grade‘:

Erster Grad bedeutet Isolationshaft: Eine so gut wie leere Zelle; eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten, speziell überwachter Hofgang, fast tägliche Leibesvisitationen, der ständigen Willkür von Wärtern und Anstaltsleitung ausgesetzt, usw. Dieser Zustand kann drei Monate, sechs Monate oder auch Jahre andauern.

Bei ‚guter Führung‘ können Gefangene dann in den zweiten Grad verlegt werden mit teilweise ‚gelockerten‘ Haftbedingungen; dann in den dritten Grad, der die letzte Stufe darstellt, bevor mensch die Chance hat, freigelassen zu werden. Eine ‚Rückverlegung‘ in den zweiten oder ersten Grad ist immer möglich und hängt vollkommen von der Willkür der Wärter, der Anstaltsleitung, der Justiz ab.

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