[überall] 11. Juni: internationaler Tag der Solidarität mit Marius Mason und anderen anarchistischen Langzeitgefangenen

Quelle: june11, übersetzt von abc wien

Seit 15 Jahren ist der 11. Juni ein Tag der Unterstützung und Aktionen für inhaftierte Anarchist*innen – von lauten Demonstrationen vor den Knästen über Briefe schreiben an Gefangene, von Soliparties und Spendensammlungen bis hin zu Brandanschlägen. Dieser Tag ist eine Möglichkeit, sich an die Anarchist*innen, die lange Haftstrafen absitzen müssen, zu erinnern und Unterstützung und Solidaritätsaktionen für sie zu organisieren.

Dieser Tag ist ein Mittel um sicherzustellen, dass unsere inhaftierten Gefährt*innen nicht vergessen werden, da soziale Kämpfe mal mehr mal weniger aktiv geführt werden. Unser schlechtes Gedächtnis ist teilweise das Produkt der Tech-Entfremdung der übergeordneten Kultur, gegen die wir kämpfen. Aber es ist auch ein Produkt der Dynamiken des anarchistischen Alltags. Menschen brennen aus und der Kreislauf des Vergessens geht weiter.

Der 11. Juni ist ein Weg, um diese Amnesie zu bekämpfen, ein Versuch ein Langzeitgedächtnis im anarchistischen Alltag zu erhalten. Dies schafft nicht nur Unterstützung für Anarchist*innen die in staatlichen Gefängnissen eingesperrt sind, sondern zwingt uns auch auf das Vorhergegangene zurückzublicken. Sich zu erinnern, was frühere Generationen getan haben, kann uns mit Ideen inspirieren, die wir vergessen haben und uns helfen zu verstehen, wie unsere derzeitigen Praktiken entstanden sind.

Während diejenigen von uns, die den 11. Juni organisieren, den Fokus auf Langzeitgefangene legen und auf die oftmalige Unverhältnismäßigkeit der Länge der Haftstrafen hinsichtlich der eigenen Strafnormen der Justiz hinweisen, bedeutet dies nicht, dass wir die Regierung für ihre Ungerechtigkeit kritisieren. Anstatt uns für ein faires Strafmaß einzusetzen streben wir die völlige Abschaffung aller Gefängnisse an: sowohl die physischen Käfige, um Menschen zu entführen, wie auch als Logik der sozialen Kontrolle, die Überwachungstechnologien, Bewährungsstrafen und Fußfesseln umfasst. Während wir diejenigen unterstützen, die die Gesetze des Staates so auslegen, dass unsere Gefährt*innen so früh wie möglich wieder frei kommen, sind wir auch verpflichtet all jene zu unterstützen, die auf ihre frühzeitige Entlassung warten oder keinerlei Möglichkeit auf Hafterlass haben. Wir wollen die Grenzen, was diese Verpflichtung bedeutet, erweitern und verschieben. Unser Schwerpunkt auf Langzeitgefangenen soll sicherstellen, dass unsere Gefährt*innen auch im weiteren Verlauf der Zeit Unterstützung erhalten.

Die Person, die am längsten am 11. Juni im Fokus steht, ist Marius Mason. Marius ist Anarchist, Umwelt- und Tierrechtsaktivist und ist zu 22 Jahren Knast verurteilt worden. Er hat sich schuldig bekannt, an einem Brandanschlag auf ein Labor der Michigan State University, die für Monsanto GVO*-Forschung betrieb, im Jahr 1999 beteiligt gewesen zu sein sowie an 12 weiteren Aktionen der Zerstörung von Eigentum. Marius wurde 2009 während der Green Scare** verhaftet, einer Zeit in der die US-Regierung hart gegen die Kämpfe der Umwelt- und Tierbefreiungsbewegung vorging. Bis 2017 war er in einem Hochsicherheitsgefängnis eingesperrt, aus welchem er nach der ständigen Fürsprache externer Unterstützer*innen in den Normalvollzug verlegt wurde. Zu Beginn dieses Jahres wurde Marius schließlich nach Danbury verlegt, wodurch er vielen seiner Familie und Freund*innen näher ist. Im Jahr 2014 machte Marius seine Transsexualität öffentlich und verwendete ab da das Pronomen „er“ und bekam schließlich 2016 Zugang zu einer Hormonbehandlung. Weitere Informationen findet ihr auf seiner Support-Webseite.

Gefangenen Updates

Sean Swain trat im September in den Hungerstreik, nachdem ihm die Gefängnisverwaltung einige seiner Privilegien aufgrund seiner Schriften entzogen hatte. Michael Kimble war einer von acht Holman-Häftlingen im Juni 2018 die von der Aufstandsbekämpfungseinheit geschlagen und ohne ersichtlichen Grund weggesperrt wurden. Er ist mittlerweile wieder im Normalvollzug. Jeremy Hammond wurde von einer Wache angegriffen, nachdem er diese versehentlich mit einer Tür gestoßen hatte, und musste monatelang in Isolationshaft bleiben, um anschließend ins FCI Memphis verlegt zu werden, welches eine höhere Sicherheitsstufe hat. Er darf seinen Hochschulabschluss nicht machen und wurde aus einem Unterstützungsprogramm entfernt, wodurch die Reduzierung seiner Haftstrafe um 1 Jahr hinfällig wurde.

Eric King ist in Isolationshaft, nachdem er sich im August 2018 gegen den Angriff einer Wache verteidigte. Er wurde in das USP McCreary verlegt, wo seine Kommunikation nach draußen stark eingeschränkt ist. Joaquin Garcia wurde wegen eines Bombenanschlags auf eine Ausbildungseinrichtung für Gefängniswärter*innen in Chile zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt. Connor Stevens von den Cleveland 4 sollte im April 2019 entlassen werden. Freddy Fuentevilla, der vor 10 Jahren wegen Bankraubs und Mordes an einem Polizisten zusammen mit zwei Gefährt*innen inhaftiert wurde, ist im Juli 2018 auf Bewährung entlassen worden. Lisa, die wegen Bankraubs in Aachen verurteilt wurde, wurde in Isolationshaft genommen und dann Anfang des Jahres in den Normalvollzug überstellt.

Alle Anklagen der J20 in den USA wurden für die übrigen Angeklagten eingestellt. Dies wäre ohne die Unterstützungs- und Koordinierungsarbeit der Angeklagten und ihren Unterstützer*innen nicht möglich gewesen.

Die Unterdrückung von Anarchist*innen hält vor allem in Russland und Italien an. Russische Anarchisten werden gefoltert und wegen Mitgliedschaft in einer angeblichen Organisation namens „The Network“ verhaftet. In Italien führt der Staat mehrere Operationen durch, um gegen Anarchist*innen vorzugehen, darunter die laufenden Operationen Scintilla, Renata, Panico und Scripta Manent.

Die meisten dieser Informationen wären nicht öffentlich geworden, wenn es nicht die Leute gäbe, die Unterstützungsarbeit für anarchistische Gefangene leisten. Vielen Dank an alle Unterstützer*innen da draußen, an das Anarchist Black Cross, den Greek Imprisoned Fighters Fund, und alle, die die Initiative ergreifen und gefangenen Anarchist*innen unterstützen.

11. Juni 2019

Wir rufen Anarchist*innen auf der ganzen Welt dazu auf, die Initiative zu ergreifen, egal auf welche Art und Weise. In der Vergangenheit haben wir Solidaritätsangriffe, Lärmdemonstrationen, Graffiti, Briefschreiben, Tanzpartys, Spendenaktionen und vieles mehr erlebt.

In den kommenden Monaten werden wir weitere Informationen für den 11. Juni 2019 veröffentlichen. Wie immer freuen wir uns über Poster, Kunst, Flyer, Gefangenenstatements, Rückmeldungen, Kommuniqués und alles andere. Besucht june11.org für weitere Informationen.

 

*GVO – Gentechnisch veränderte Organismen

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