Entwaffnen

Quelle: ausnahmezustand2020.blackblogs.org

Staaten bewaffnen sich. Tatsächlich entwickeln und vervielfältigen sie ihre Kriegswaffen. Krieg wird im Frieden vorbereitet. Die Nationen befinden sich derzeit in einem Zustand des Friedens. Aber der scheinbare Frieden von heute ist viel gefährlicher und bedrohlicher als der Krieg von gestern. Es ist eine Zeit des Friedens, in der man nur denkt und arbeitet, um den nächsten Krieg zu entfesseln und zu stärken. Alle Staaten wollen und bereiten sich auf einen Krieg vor. Alle Machthaber und alle Militaristen denken über den Krieg nach. Wovür würde man die Armeen benötigen, wenn es keine Kriege mehr gäbe? Alle Völker arbeiten fieberhaft für den Krieg.

Wem nützt der Krieg? Den Dynastien, Militärkasten, Finanziers, Kapitalisten, Lieferanten.
Wem schadet der Krieg? Dem Proletariat, allen Arbeitern. Aber wer den Krieg mit dem Notwendigen ausstattet, ist das Proletariat. Es ist das Proletariat, das Gewehre, Maschinengewehre, Sturmpanzer, Kanonen, Flugzeuge, Schiffe, U-Boote, Gas, Pulver, Sprengstoff und alle anderen Arten von Sprengköpfen herstellt. Und es ist das Proletariat, das in den Krieg marschiert. Es ist der Schweiss der Arbeiter, mit welchem die Waffen herstellen werden, die sie selbst töten sollen. Ihre Hände, nachdem sie die Waffen hergestellt haben, ergreifen diese, um sich gegenseitig zu töten.
Was würde man von einem Menschen denken, der nicht mit dem Bewusstsein, Selbstmord zu begehen, sondern aus dem Wunsch heraus, zu leben, auf halsstarrige Weise dahingehend arbeite, eine Waffe herzustellen, und sie dann tödlich gegen sich selbst zu wenden? Man würde sagen, er ist entweder ein Idiot oder ein Verrückter.
Und nicht weniger idiotisch oder verrückt ist das Proletariat, das tödliche Waffen und Maschinen herstellt um sie dann dazu zu benutzen, sich selbst weg zu blasen.
So bereiten sich die kapitalistischen Staaten mit dem Einsatz der Hände und zum Nachteil ihrer jeweiligen Proletarier auf den Krieg vor. Aber nicht der sinnlose Krieg von gestern, vorgestern, mit eben zehn Millionen Toten. Ja, wie ein französischer Abgeordneter sagte und wie viele Wissenschaftler und Techniker im Dienste des Königreichs des Todes sagen: “Der nächste Krieg wird ein Krieg von ungeheurer Zerstörungskraft sein”.
Die Kriegswissenschaft macht ungeheure Fortschritte. Sie rechnet damit, mit ihren wunderbaren Erfindungen und wissenschaftlichen Entdeckungen ganze Städte in wenigen Stunden zu zerstören. Die Hälfte, eine, fünf Millionen Menschen werden tot umfallen, wie fünf Millionen Wanzen, ersticken oder von den Flammen dahingerafft.
Die Wissenschaft schreitet voran, Wissenschaftler verrohen, die Menschheit wird dumm und geht unter. Deshalb rüsten Nationen auf. Sie scheinen von einem kollektiven Rüstungswahnsinn ergriffen zu sein.
Sie bewaffnen sich, um uns zu töten, um uns zu dezimieren. Und wir merken nicht einmal, dass wir daran arbeiten, sie zu bewaffnen.
Aber wenn wir keine Idioten oder Narren sind, müssen wir unsere eigene verbrecherische Schuld, unsere eigene größte Schuld anerkennen.
Und wir müssen entwaffnen.
Uns verweigern, Waffen und Kriegsmaschinen herzustellen; uns verweigern Soldaten zu sein; uns verweigern, jedwedem Aufruf zu den Waffen oder Mobilisierungsbefehlen zu folgen; uns zerstörerisch, revoltierend gegen den Krieg und gegen jegliches Kriegswerk zu wenden.
Entwaffnen wir den feindlichen Staat.

[La Rivendicazione, Jahr II, Nr. 20, 29. März 1924]

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