[Deutschland] Leipzig: Hungerstreik Tag 4 / Brief von Néstro & Presseerklärung

Quelle: indymedia

In der JVA Leipzig befindet sich Néstro seit 4 Tagen im Hungerstreik. Er und drei weitere U-Haft-Gefangene wurden an Silvester in Connewitz mit fadenscheinigungen Gründen festgenommen. Unten folgt ein Brief von Néstro.

Solid-Kundgebung heute / 17 Uhr / Str. des 17. Juni X Münzgasse – komtm vorbei!

Brief des Untersuchungsgefangenen Néstro vom 19.01.2020

„Ich bin einer der drei noch in Haft Sitzenden, die in der Silvester Nacht am Connewitzer Kreuz brutal festgenommen wurden.

Seit dem 17.01.2020 befinde ich mich im Hungerstreik, um auf die sinnlose und an den Haaren herbeigezogenen Untersuchungshaftgründe aufmerksam zu machen.

Es macht mich wütend, wie die Obrigkeit – Richter und auch Staatsanwaltschaft – uns ausnutzt, um ihr Handeln zu rechtfertigen. Sie verdrehen mit ihrer Macht das Recht, verstoßen gegen geltende Grundrechte, um uns in die Knie zu zwingen. Ich werde mich nicht beugen und ihren Terror hinnehmen. Sie werden mich nicht brechen, um mich dann ihren Lügen zu unterwerfen.

Es macht mich dennoch traurig, von meinen Lieben getrennt zu sein.

Es macht mich traurig, jeden verdammten Tag durch die Gitter vor meinem Fenster, hinweg über den Zaun, in die Freiheit zu schauen.

Es macht mich traurig, in die Gesichter der Gefangenen zu schauen, ihre Geschichten zu hören, die zurückzuführen sind auf den alles beherrschenden Kapitalismus.

In einer Gesellschaft, in der man klauen muss, wenn man kein Geld hat, um sich etwas zu Essen zu kaufen, man schwarzfahren muss, wenn man sich kein Ticket kaufen kann, oder man im Drogensumpf versinkt. Weil einem die Gesellschaft das Gefühl gibt, wertlos zu sein, wenn du kein Geld hast. Darum verkaufen Leute Drogen, um Prestige-Objekte wie Markenklamotten oder dicke Autos zu kaufen und Anerkennung zu bekommen in dieser Gesellschaft. Sie sind keine Straftäter. Die Verbrecher sind die, die da oben sitzen und uns mit Füßen treten.

Mein Ziel ist die Freilassung aller drei seit dem 01.01.2020 in Untersuchungshaft Sitzenden bis zu einer fairen Verhandlung, um unsere Unschuld zu beweisen.

Anarchistische Grüße und ein fettes Dankeschön an die Leute, die uns Kraft geben und uns solidarisch zur Seite stehen.

In Liebe und Aufrichtigkeit,

Néstro“

 

Und ein weiterer Brief eines Gefangenen erreichte uns am 17. Januar 2020:

Hallo liebe Genoss_innen,
    
Ich schicke euch einen fetten Dank für das wunderschöne Feuerwerk am Sa. den 11.01.2020. Wir erfreuten uns sehr daran, weil es zum Greifen nah war.
    
Das fette Dankeschön kommt nicht nur von mir oder von den anderen 2 Leuten, sondern von vielen, die sich daran erfreuten, laut riefen, jubelten und mit dem Geschirr an ihre Gitter schlugen.
 
Schön, dass ihr für uns alle da seid und uns das Gefühl gebt nicht vergessen zu sein.
 
mit anarchistischen Grüßen,

 

Presseerklärung

Seit dem 17.01.2020 befindet sich Néstro im Hungerstreik in der JVA Leipzig. Er wurde mit elf weiteren Personen am Rande der Silvester-Krawalle vom Connewitzer Kreuz in Untersuchungshaft genommen. In einem offenen Brief (siehe unten) fordert er „die Freilassung aller drei seit dem 01.01.2020 in Untersuchungshaft Sitzenden bis zu einer fairen Verhandlung, um unsere Unschuld zu beweisen.“, zuvor kritisiert er die Brutalität der Festnahmen, sowie die „an den Haaren herbeigezogenen Untersuchungshaftgründe“.

„Die Geschehnisse sind vor allem Ausdruck angestauter Wut gegen die starke Polizei-Präsenz in Connewitz“, erklärt Anja Schwerthoff, Sprecherin vom Solidaritätskomitee 31.12. Gerade Silvester war für die Polizei ein „willkommener Moment zur Eskalation, die politisch zugunsten des konservativen Bürgertums ausgeschlachtet wurde“, erklärt Schwerthoff weiter.

Der Stadtteil Connewitz sei dabei nur ein Beispiel: „Während in Connewitz die widerständigen Linken zum Feindbild der Polizei wurden, sind es in Grünau präkarisierte Jugendliche und um die Eisenbahnstraße Migrant*innen.“ Daraus schließt Schwerthoff: „In diesem Kontext betrachten wir die Geschehnisse vereinfacht als politische Konfrontation zwischen Unterdrückten und der herrschenden Klasse.“

Aus seiner Pespektive hinter Gitterstäben bekräftigt Néstro: „Es macht mich traurig, in die Gesichter der Gefangenen zu schauen, ihre Geschichten zu hören, die zurückzuführen sind auf den alles beherrschenden Kapitalismus. In einer Gesellschaft, in der man klauen muss, wenn man kein Geld hat, um sich etwas zu Essen zu kaufen, man schwarzfahren muss, wenn man sich kein Ticket kaufen kann […]“. Weiter stellt Néstro fest: „Sie sind keine Straftäter. Die Verbrecher sind die, die da oben sitzen und uns mit Füßen treten.“

 

Kontakt

Telefon: 015214518810

E-Mail: solidaritaet3112@riseup.net

Twitter: twitter.com/solidievomkreuz

Website: dievomkreuz.noblogs.org

Solidaritätsbekundungen können postalisch an den Gefangenen gerichtet werden. Es ist zu beachten, dass die Post mitgelesen wird:

Néstro / Solidarität3112
c/o linXXnet
Brandstr. 15
04277 Leipzig

 

-->