R.I.P Taylor – Zorn ist unsere Waffe

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Content warning – Selbstmord (grafisch), Gefängnis, Gewalt, Selbstverletzung, Missbrauch, Homophobie, Transphobie

Die Häufigkeit mit denen uns Nachrichten vom Tod von Gefährt*innen im Knast erreichen, die auf unserer Gefangenenliste stehen und die wir auf die eine oder andere Art unterstützten, scheint in letzter Zeit wieder zu steigen. Wir sind wütend und traurig. Unsere Anteilnahme und Liebe geht an Taylors Unterstützer*innen und Freund*innen. Unser Hass an alle Gefängnisse und Staaten! abc wien

Taylor ist tot. Er wurde am Samstag, den 9. Juli, um 22.37 Uhr im Gefängnis für tot erklärt, nachdem er sich den Hals aufgeschnitten hatte. Er sollte eigentlich unter Selbstmordbeobachtung stehen, aber das Gefängnis hat versagt. Wir wurden am Sonntag um 3.30 Uhr vom Gefängnisdirektor informiert. Seine Zelle wurde von der Polizei versiegelt, und wir warten auf die Ergebnisse der Autopsie. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir Neuigkeiten zu seiner Beerdigung bekannt geben.

Seine Geschichte ist eine Geschichte von Missbrauch, Ungerechtigkeit, Transphobie und Tragödie. Es hätte nicht so kommen müssen. Er wurde vom Staat ermordet. Sein Tod sollte überall innerhalb und außerhalb von Gefängnissen Widerstand und Rebellion auslösen. Wir haben kein Vertrauen in seine Untersuchung oder darauf, dass der Staat in irgendeiner Weise für Gerechtigkeit sorgen kann. Dies ist ein Aufruf zum Widerstand an Abolitionist*innen und Anarchist*innen in der ganzen Welt.

Mit Wut in unseren Adern und Liebe in unseren Herzen, bis jedes Gefängnis zu Asche wird. Taylor: Du warst unser bester Freund. Unsere queere Familie wird dich für immer vermissen. Du wirst nie vergessen werden und dem Staat wird nie verziehen werden.

Wer ist Taylor?

Taylor war ein trans Gefangener, der über 14 Jahre lang im britischen Gefängnissystem gefangen war. Er war ein IPP-Gefangener, der 10 Jahre länger im Gefängnis gesessen hatte als seine ursprüngliche Strafe. Er war ein geliebter Freund der anarchistischen Gefährt*innen, die ihn im Gefängnis trafen. Er hatte ACAB auf seinen Fingerknöcheln, einen antiautoritären Geist und eine große Liebe zu Tieren. Er war ein Gefangener der Arbeiter*innenklasse der alten Schule, der wusste, auf welcher Seite er stand. Er hasste das System mit jeder Faser seines Seins.

Taylor war eines der ersten Gefangenenmitglieder der IWW über das Incarcerated Workers Organising Committee (IWOC), das 2015 in England, Wales, Schottland und Irland gegründet wurde. Er war auch bei Smash IPP aktiv, schrieb Beiträge für den Newsletter und ermutigte andere IPP-Gefangene, der Gruppe beizutreten.

IPP-Todesurteil

IPP (Imprisonment for Public Protection – Freiheitsentzug zum Schutz der Allgemeinheit) ist eine 2005 eingeführte Art der Verurteilung, bei der Personen zu einem anfänglichen „Tarif“ (Mindestzeit, die verbüßt werden muss) verurteilt werden und nach diesem Zeitpunkt der Bewährungsausschuss über ihre Entlassung entscheidet. Das bedeutet, dass IPP-Häftlinge KEIN definitives Entlassungsdatum haben.

Es handelt sich praktisch um eine lebenslange Haftstrafe für geringfügige Straftaten. Nach massivem öffentlichem Druck wurden IPP-Strafen 2012 abgeschafft, allerdings nicht rückwirkend, was bedeutet, dass immer noch mehr als 3500 Menschen ohne Entlassungsdatum in Haft sind. Die Ungewissheit ist die Hölle auf Erden. Diese Strafe hat dazu geführt, dass das Vereinigte Königreich eine der höchsten Selbstmordraten von Gefangenen weltweit aufweist.

Mindestens 243 der britischen IPP-Häftlinge sind im Gefängnis gestorben, 72 von ihnen haben sich das Leben genommen.

Für Taylor war die IPP ein Todesurteil. Er wurde wegen Einbruchs zu 4 Jahren verurteilt, verbüßte aber 14 Jahre, bevor er starb. Die langjährigen Haftstrafen ohne Enddatum zerstörten Taylors psychische Gesundheit völlig. Er unternahm mehrere Selbstmordversuche, unter anderem schlitzte er sich die Kehle auf und nahm eine Überdosis, die ihn zweimal ins Koma versetzte. Schließlich starb er daran.

Kein Enddatum

Die IPP funktioniert so, dass ein*e Gefangene*r zunächst eine Anfangsstrafe verbüßt, nach der er*sie eine Anhörung vor dem Bewährungsausschuss hat. Der Bewährungsausschuss entscheidet, ob der*die Gefangene freigelassen wird oder ob er*sie für „offene“ Bedingungen (Kategorie D) empfohlen wird, z. B. für eine psychiatrische Unterbringung oder eine Reha-Maßnahme. Der Bewährungsausschuss kann auch entscheiden, ob ein*e Gefangene*r länger im Gefängnis bleiben muss, und bestimmte Empfehlungen aussprechen, wie z. B. Kurse, die der*die Gefangene absolvieren muss. Die externe Bewährungshilfe und die für die Gefangenen zuständigen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt erstellen Berichte mit Empfehlungen, und die Gefangenen werden häufig auch verschiedenen Risikobewertungen oder psychologischen Gutachten unterzogen.

Bei jeder Anhörung vor dem Strafvollzugskomitee können neue Auflagen gemacht werden, die der*die Gefangene dann zu erfüllen hat. So kann ein*e Gefangene*r beispielsweise alles tun, was der Bewährungsausschuss vorschreibt, und in der nächsten Anhörung zwei Jahre später kann der Bewährungsausschuss sagen: „Sie müssen noch immer das Verhalten X aufarbeiten und daher den Kurs X absolvieren.“ Dies führt zu einem kontinuierlichen Prozess der Inhaftierung, bei dem die Ziele immer wieder verschoben werden. Die Ungewissheit, die Frustration und die fehlende Macht führen dazu, dass sich das Verhalten der Gefangenen verschlechtert, sei es in Form von erhöhtem Drogenkonsum, Selbstverletzung oder Selbstmord aus Protest.

Dieses Verhalten wird dann als Rechtfertigung für die weitere Inhaftierung herangezogen, da die betreffende Person für die Gemeinschaft nicht „sicher“ ist oder ihr „straffälliges Verhalten“ nicht in den Griff bekommen hat. Der Kreislauf geht weiter.

Wir haben 14 Jahre lang katalogisierte Beweise für unmögliche Bewährungsanhörungen und Versäumnisse im Gefängnis. Taylors Selbstmordgefährdung war der Grund für seine Inhaftierung, doch seine Selbstmordgefährdung wurde durch das Gefängnis verursacht. Es gibt eine Grenze, was ein Mensch ertragen kann. Der Tod wurde für Taylor zur einzigen Option, da sich alle legalen Türen zur Freiheit immer wieder schlossen.

 

Transphobie – pathologisiert, hospitalisiert und inhaftiert

Taylor gab 2018 sein Einverständnis, mehr über seine Lebensgeschichte zu erzählen, um das Bewusstsein für trans Gefangene zu schärfen und zu zeigen, was passiert, wenn das medizinische System trans Menschen pathologisiert.

Als Kind war Taylor jahrelang körperlichem, sexuellem und psychologischem Missbrauch durch seine Mutter und seinen Stiefvater ausgesetzt. Als Teenager gelang es ihm zu entkommen und von seinen Großeltern adoptiert zu werden. Er kehrte jedoch oft zu seiner Familie zurück und suchte verzweifelt nach Liebe und Bestätigung, die er jedoch nicht erhielt. Dieses intensive Traumamuster hat ihn für immer verfolgt. Leider starben während seiner Haftzeit beide Adoptiveltern, wodurch er sein wichtigstes Unterstützungsnetz verlor. Die Trauer war unüberwindbar und konnte nicht heilen, weil er in einer Zelle eingesperrt war und ihre Gräber nicht besuchen oder seine Trauer nicht vollständig verarbeiten konnte. Wir wissen, dass er jetzt bei ihnen ist.

Taylor wusste immer, dass er ein Mann war. Als junger Teenager ging er zu einem örtlichen Arzt und äußerte seine Gefühle und Probleme mit seinem zugewiesenen Gender. Der Arzt pathologisierte Taylor als „labil“ und verweigerte ihm den Zugang zu Hormonen oder einer Operation. Das war vor über 30 Jahren, und der Zugang zu Hormonen im Internet oder anderen Selbsthilfegruppen war nahezu unmöglich. Vor dem Gefängnis hatte Taylor noch nie eine andere trans Person getroffen.

Die Kombination aus Missbrauch in der Kindheit und Genderdysphorie führte zu Drogen- und Alkoholmissbrauch sowie zu einem langfristigen Muster von Selbstverletzungen. Taylor wurde süchtig, und da er aus der Arbeiter*innen klasse stammte und keine finanziellen Mittel hatte, war „Kriminalität“ die einzige Möglichkeit, seine Sucht aufrechtzuerhalten. Dies führte Taylor zu einem sehr selbstzerstörerischen Leben mit vielen missbräuchlichen Beziehungen und Handlungen, die er zutiefst bedauerte. Taylor nahm viele psychiatrische Dienste in Anspruch, von denen jedoch keiner Taylors Genderidentität oder seine Bedürfnisse anerkannte, und er wurde wiederholt pathologisiert, in Krankenhäuser eingewiesen und inhaftiert.

In der Zusammenfassung seines Falles, in der er zu einer IPP-Strafe verurteilt wurde, räumte der Richter ein, dass es Taylors „Geschlechtsprobleme“ waren, die zu seiner Inhaftierung führten.

Taylor erfuhr im Gefängnis transphobe Beschimpfungen durch Beamte und andere Gefangene. Einmal wurde er von einem Mädchen in seinem Flügel in einem Hof angegriffen. Zum Glück war unser Taylor ein Kämpfer und verteidigte sich. Er spuckte auf sie zurück und sagte: „Hier ist etwas von meiner Gender-Fluidität“.

Während seiner gesamten Haftzeit beschimpften ihn die Beamten, deadnameden ihn (nutzen seinen alten Namen) und misgenderten ihn immer wieder. In HMP Eastwood Park deadnamede ihn Officer Lorde wiederholt, um ihn „aufzuziehen“ und zu provozieren, damit er sich daneben benimmt und so seine Bewährung sabotiert.

Als Taylor nach einer Reihe von Selbstmordversuchen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde, wurde ihm ein*e Psychiater*in zugewiesen. Während der Sitzungen wurde Taylor wiederholt entmenschlicht und ermutigt, sich als Frau zu sehen. Der*die Psychiater*in erklärte, dass Beziehungen ein wesentlicher Bestandteil seines „kriminellen Verhaltens“ seien, und riet ihm davon ab, mit Frauen zusammen zu sein oder überhaupt eine Beziehung zu führen. Während dieser intensiven Zeit der Verletzlichkeit glaubte Taylor, dass die einzige Möglichkeit, jemals aus dem Gefängnis entlassen zu werden, darin bestand, sich als Frau auszugeben und keine romantischen Beziehungen zu Frauen zu haben.

Glücklicherweise wurde ihm nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus und nach Beendigung der Sitzungen klar, was für ein schrecklicher transphober Akt institutioneller Gewalt dies war. Ein Akt, den trans Menschen auf der ganzen Welt erlebt haben und der von psychiatrischen Behörden pathologisiert wurde.

Taylor war überwältigt von den Briefen und Karten, die er von der trans Community erhielt. Trotz der Bemühungen des Gefängnisses, ihn daran zu hindern, einen Binder zu bekommen, und trotz der Behauptung, man wisse nicht, ob die eingesandten Binder „für oben oder für unten“ seien, und der Weigerung, sie auszugeben, erlebte er schließlich die Euphorie, seine Brust enger an sein Gender anpassen zu können. Er sprach voller Begeisterung von der Operation seines Oberkörpers, wenn er rauskommen würde und dann halbnackt am Strand herumlaufen oder im Meer schwimmen würde. Jetzt wird er nie die Gelegenheit dazu haben.

Homophobie im Gefängnis

Beziehungen galten für Taylor ständig als „Risikofaktor“, und seine Anziehung zu Frauen wurde im Gefängnis ständig pathologisiert und kriminalisiert. In den 14 Jahren, die er hinter Gittern war, wurde er von vielen Menschen, die er liebte, getrennt. Darunter befand sich auch eine Langzeitbeziehung, die über sechs Jahre andauerte, wobei er gewaltsam von ihr getrennt wurde und die Gefängnisverwaltung die beiden absichtlich getrennt hielt, so dass sie sich bis vor einigen Jahren nie treffen konnten.

Im Gefängnis werden körperliche Beziehungen bestraft – man kann einen IEP erhalten (was bei ausreichender Anzahl zu einer einfachen oder vollständigen Absonderung führt). Dies geschah viele Male während Taylors Haftzeit. Die ständige Überwachung durch die Beamten und die Trennung zwischen ihm und den Menschen, die ihm wichtig waren, trugen ebenfalls dazu bei, Taylors Lebenswillen zu zerstören.

Sollte Taylor bei seiner nächsten Anhörung Bewährung erhalten haben, war eine Bedingung, dass er auf alle romantischen und intimen Beziehungen verzichtet. Sein*e eigene*r Anwält*in sagte, er müsse sich daran halten, obwohl wir alle wissen, dass die Nähe zu anderen Menschen ein zutiefst notwendiger Teil des Überlebens ist. Wir sprachen mit Taylor oft darüber, dass der Staat sich wie ein missbräuchlicher, kontrollierender Partner verhielt. Er fühlte sich machtlos, ihn herauszufordern.

In der letzten Woche seines Lebens wurde Taylor bestraft, weil er eine andere Gefangene geküsst hatte. Dies war eines der auslösenden Ereignisse, die zu seinem Tod führten.

 

Das Höllenloch HMP Eastwood Park

HMP Eastwood Park ist ein „Frauengefängnis“ in Gloucestershire, nicht weit von Bristol entfernt. Das Grauen kommt regelmäßig zum Vorschein – innerhalb des letzten Monats sind dort 3 Gefangene gestorben. Eine Frau, Kayleigh, starb zwei Tage vor Taylor im selben Flügel.

Es kommt regelmäßig zu gewalttätigen Übergriffen durch Beamte, und sexueller Missbrauch ist an der Tagesordnung. Bei einem kürzlichen Besuch bei Taylor erzählte er, wie Frauen gezwungen wurden, den Beamten Oralsex zu geben, um dafür Drogen von draußen zu bekommen.

Taylor war der Freiheit so nahe, und das HMP Eastwood Park nahm ihm alles weg. Der Auslöser für Taylors jüngste Spirale von Selbstmordversuchen war völlig vermeidbar. Er hatte endlich seine ROTLs (befristeter Freigang) erhalten, mit denen er das Gefängnis für einen Tag in Begleitung eines Beamten verlassen konnte, um „auf seine Entlassung hinzuarbeiten“ und dem Bewährungsausschuss zu zeigen, dass er „ungefährlich“ war.

Am 20. Mai befand sich Taylor in Cabot Circus in Bristol, als ihn die für seine Betreuung zuständige Beamtin verließ. Taylor versuchte, sie zu finden, was ihm jedoch nicht gelang. Er hatte weder ein Telefon noch eine Möglichkeit, sie zu finden, obwohl er sich ständig in der Stadt umsah. Taylor gelang es, dies dem Gefängnis zu melden. Anstatt die Verantwortung für den Verlust Taylors zu übernehmen, log die Beamtin, die Taylor nach Bristol eskortierte, und behauptete, er sei absichtlich für einige Stunden verschwunden.

Taylor wurde wütend und stieß eine Pflanze in der Rezeption um. Die Gefängnisbeamten griffen ihn daraufhin an. Sie prügelten auf ihn ein und schleppten ihn ohne seine Habseligkeiten in eine neue Zelle. Wir sahen Taylor Tage später und konnten überall blaue Flecken an ihm sehen. Taylor wartete auf eine Operation wegen eines Leistenbruchs, und von den Beamten „verbogen“ zu werden, war ein lebensbedrohlicher Akt der Gewalt.

Es wurde ein Aktionsalarm (https://actionnetwork.org/letters/free-taylor-no-more-sabotage-and-violence) gestartet.  544 Personen schickten einen Brief an das Gefängnis, um zu warnen, dass Taylors Angehörige ernsthaft um sein Wohlergehen besorgt sind und dass diese missbräuchliche Behandlung seinen schweren psychischen und physischen Gesundheitszustand nach Jahren der Inhaftierung nur noch verschlimmern wird. Dieser Vorfall war der Auslöser für die drei Selbstmordversuche und den letzten, an dem er starb. Was wäre, wenn sich Tausende an dem Aktionsalarm beteiligt hätten? Wie hätten wir Eastwood Park dazu bringen können, davon Kenntnis zu nehmen? Das sind die Fragen, die uns immer verfolgen werden.

Klassenkampf

Alles in Taylors Leben war von der Klasse geprägt. Wir wollen nicht, dass dies ausgelöscht wird. Es sind nicht reiche Menschen, die Drogen nehmen, die im Gefängnis landen. Es sind arme Menschen, die von unserem Wirtschaftssystem unterdrückt werden, die im Gefängnis landen, und sie bleiben dort, um eine klassengeschichtete Gesellschaft aufrechtzuerhalten.

 Lektionen für unsere Bewegungen

„Der Staat ist permanente Gewalt“Errico Malatesta

Wir schreiben „unsere Bewegungen“, aber wir wissen nicht immer, wer „unsere“ sind. Wir wollen anerkennen, dass es eine kleine Anzahl von erstaunlichen engen Freund*innen und Gefährt*innen in unseren Netzwerken gab, die uns im Laufe der Jahre unterstützt haben. Ihr wisst, wer ihr seid <3 Die nach erschütternden Besuchen am Telefon waren oder die Aktionswarnungen vollendet haben, die wir online gestellt haben. Die Taylor Karten schickten und die zu Lärmdemos kamen.

Aber meistens fühlten wir uns allein. Taylor war allein. Gefährt*innen gingen jahrelang durch die Hölle und mussten nicht selten um Unterstützung betteln. Eine Person unterstützte Taylor 13 Jahre lang, 9 Jahre davon fast ganz allein, obwohl sie sich nach Kräften bemühte, seinen Fall in Gruppen vorzubringen und online über ihn zu schreiben. Einige anarchistische Websites wollten unsere Aktionswarnungen oder Aufrufe zur Unterstützung nicht teilen, weil Taylor kein „politischer Gefangener“ sei. Und das, obwohl das Verständnis von Klassen- und Geschlechterunterdrückung ein Kernstück des Anarchismus ist.

Taylors Tod hätte verhindert werden können. Wenn es mehr Unterstützung, mehr Widerstand gegeben hätte. Wenn unsere Bewegungen eine verdammte Bedrohung wären. Wenn die Gefängnisbehörden uns und unsere Aufrufe zum Handeln fürchteten. Wir müssen wie der Teufel für die Lebenden kämpfen. Wir müssen wie der Teufel für die kämpfen, die noch drinnen sind.

Abolition bedeutet Unterstützung für Gefangene

Abolition war für kurze Zeit in aller Munde. Doch die unsexy und unglamouröse Arbeit der Telefonate mit Gefangenen, Besuche, Aktionswarnungen, unermüdliches Fundraising usw. zieht nicht viele Menschen an. Uns wurde gesagt, dass wir diese Arbeit „nicht nachhaltig“ machen, aber es wurde keine praktische Unterstützung gewährt, um uns die Last von den Schultern zu nehmen. Wir weigern uns, unsere Freund*innen im Gefängnis im Stich zu lassen.

Ja, eine Vielfalt von Taktiken ist notwendig. Aber das kann nicht als Ausrede dafür dienen, sich nicht an der unrühmlichen Arbeit zu beteiligen, bei der eine Verlegung in ein Gefängnis mit geringfügig geringeren Anteilen weißer rassistischer Bullen – die das Risiko rassistischer Angriffe auf die Liebsten verringern – ein Jahr dauert und so gut ist, wie es eben geht.

Was hätte geholfen, Taylors Tod zu verhindern? Menschen, die Taylor schreiben und Vertrauen zu ihm aufbauen, damit er einen größeren Freund*innenkreis hat. Hilfe beim Reisen für Besuche. Juristische Beratung und Unterstützung bei seinen Bewährungspapieren. Menschen, die bei unseren Aktionswarnungen helfen und diese verbreiten. Menschen, die Beratung oder Unterstützung bei der Bewältigung des anhaltenden traumatischen Stresses anboten (oder auch nur anerkannten, wie schwer das für uns war). Menschen, die zu Demos kamen, bei denen wir um Unterstützung baten (und uns nicht demütigten, weil wir die Leute anflehen mussten, zu kommen). Privilegierte Menschen, die ihre Netzwerke nutzen, um Taylor zu helfen (Medienarbeit, juristische Arbeit usw.). Geldspenden für die Crowdfunding-Aktion zu seiner Oberkörper-Operation und für die Besuchskosten. Briefaktionen für trans Gefangene. Hilfe bei der Organisation von Infoabenden für Smash IPP oder IWOC. Transparente aufhängen. Weiterverbreitung unserer Statements und Grafiken.

Wir brauchten die Wut von allen. Wir brauchten das Gefühl, nicht allein zu sein. Wir wollten Solidarität in der Praxis spüren. Wir wollten, dass die Menschen verstehen, dass Abolition Unterstützung für Gefangene bedeutet. Dass dies ein wichtiger Teil der Bewegung sein sollte und dass es Teil des Widerstands ist, unsere Freund*innen im Gefängnis am Leben zu erhalten.

Wir wollen, dass die Menschen erkennen, dass Gefangene keine Projekte sind. Sie sind keine „Fallarbeit“. Sie sind kein faszinierendes Studienobjekt, über das man seine Masterarbeit schreiben kann. Sie sind nicht dasselbe wie die Organisation einer Buchmesse oder die Durchführung einer Kampagne. Es sind Menschen, und es geht verdammt noch mal um Leben und Tod. Menschen brauchen Beständigkeit. Sie brauchen Zuwendung und Freundschaft. Sie müssen wie verdammte menschliche Wesen behandelt werden. Taylor liebte uns nicht, weil wir Anarchist*innen sind, sondern weil wir seine verdammten Freund*innen sind. Wir sind seine Familie. Weil wir ihn mit Leidenschaft und Freundlichkeit für das lieben, was er ist, und nicht, weil er ein Gefangener ist.

Abolition bedeutet Revolution. Keine verdammten Lesegruppen mehr. Wo bleibt eure Wut?

Nichts kann das Gefühl beschreiben, wenn du wieder einen Anruf erhältst, dass dein Freund mit einem Hubschrauber aus dem Gefängnis geflogen wurde, weil er sich den Hals aufgeschnitten hat, weil er die Misshandlungen im Gefängnis nicht mehr ertragen kann. Die Wut gegen das Gefängnissystem fließt durch deine Adern. Sie wollen die ganze Welt zerstören. Aber du wendest dich an deine Gefährt*innen, und wo sind sie?

Irgendwie hat man das Gefühl, dass selbst unter den Abolitionist*innen die Gewalt, die in den Gefängnissen selbst stattfindet, so oft ignoriert wird und die Gefangenen vergessen, ausgelöscht, bevormundet und als Alibi dargestellt werden. Ja, die Abschaffung der Gefängnisse erfordert, dass wir den ganzen Staat, die Grenzen, das Bildungssystem niederbrennen. Und nicht nur die Gefängnisse. Der Staat lässt Menschen verschwinden, also müssen wir doppelt so hart arbeiten, um sicherzustellen, dass Menschen nicht ausgelöscht werden. 

Unsere Liebsten werden gefoltert, und die Antwort darauf ist, dass wir Lesegruppen über Abolition gründen. Wir schreiben Erklärungen für den transphoben Guardian. Immer wieder wird uns gesagt, dass die Leute „nicht die Kapazität“ haben, um jetzt eine Demo zu machen. Wir ertragen das Schweigen der Signalgruppenchats, wenn wir um Unterstützung bitten. Wo ist eure verdammte Wut?????? Warum brennen wir diese Orte nicht in Grund und Boden? Die „abolitionistische Bewegung“ in Großbritannien ist passiv und fügsam. Sie ist nicht wütend genug. Man kann die Abolition nicht nur aus einem Buch lernen. Lernt von Gefangenen, lernt von Angehörigen von Menschen im Gefängnis. Es gibt verdammt viele von uns, fragt jede*n nach seinen*ihren Erfahrungen und ihr werdet Geschichten von Vernachlässigung, Missbrauch und Gewalt hören. Das ist Motivation genug, um zu kämpfen.

Revolutionäre Abolitionist*innen in den so genannten Vereinigten Staaten riskierten den Tod, um Menschen von Sklavenplantagen zu befreien. Sie gründeten die Underground Railroad, um ihre Familien und Gefährt*innen zu befreien. Wo bleibt die direkte Aktion, um unsere Freund*innen aus den Käfigen zu befreien? Wo bleibt der Zorn, wenn sie darin sterben? Wie können wir unsere Bewegungen über die Wahlwerbung für den verdammten Jeremy Corbyn hinaus vorantreiben? ????

Abolition bedeutet Revolution. Es bedeutet, den Staat zu zerstören. Es bedeutet direkte Aktion. Es bedeutet, den Kampf im Klassenkampf zu führen.

Wir wissen, dass Taylor einer von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt war, die in einem Käfig gehalten werden. Wir wissen, dass Tausende von Menschen vom Staat in Kriegen ermordet werden – wie bei der Invasion in der Ukraine. Wir wissen, dass der Staat Menschen an seinen Grenzen, in Haftanstalten, in Gefängnissen, in psychiatrischen Kliniken tötet. Wir wissen, dass diejenigen, die von weißer Vorherrschaft, Behindertenfeindlichkeit, Armut und Transphobie betroffen sind, am stärksten von dieser Gewalt betroffen sind. Jede*r einzelne Eingesperrte ist ein*e politische*r Gefangene*r.

Die Untersuchung und der Bericht des Ombudsmanns für Gefängnisse und Bewährungshilfe werden keine „Gerechtigkeit“ schaffen. Die Gefängnisse funktionieren genau so, wie sie konzipiert sind. Dieser Horror ist kein Zufall. Er ist vorsätzlich.

Taylors Blutlachen bedeckten seine Zelle, in der er allein starb. Sein Blut hat die Hände von HMP bedeckt, und sie werden keine Konsequenzen zu spüren bekommen. Es sei denn, wir sorgen dafür.

Wir rufen überall zur Wut auf. Erinnert euch an Taylor. Kämpft mit allem, was ihr habt, für die, die noch im Gefängnis sind. Keine leeren Slogans mehr, dies ist ein Kampf auf Leben und Tod.

Wir rufen die Gefährt*innen auf, Taylor auf jede erdenkliche Weise zu ehren.

Gegen die Gefängnisse, gegen den Staat. Für Freundschaft, für Freiheit, für die Revolution.

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