[Deutschland] Prozess, RAZ, RL, Radikal – Prozessberichte vom 12. – 16. Verhandlungstag

quelle: soligruppe für gefangene

Der zwölfte Verhandlungstag im Prozess gegen unseren Gefährten begann am 09.09.21 pünktlich um 9:00 Uhr, im Verlauf des Tages waren sieben solidarische Personen anwesend. Als erster Zeuge war ein Beamter vom Verfassungsschutz geladen, der wie auch schon seine Kollegen zuvor unter Arbeitsnamen und mit Perücke und falschem Bart verkleidet vor Gericht erschien, angeblich 47 Jahre alt und in Berlin beschäftigt. Der Zeuge war an der Observation des Angeklagten beteiligt, hat aber nach eigener Aussage keine Erinnerung mehr daran, weder konkret noch allgemein an den Einsatz. Weder der Name unseres Gefährten noch RAZ sage ihm irgendetwas. Zur Vorbereitung habe er das Behördenzeugnis und den Observationsbericht gelesen, was aber keine neuen Erinnerungen in ihm wachgerufen habe. Auf Nachfrage des Richters bestätigte er, am 12.07.21 an einer Besprechung seiner Behörde teilgenommen zu haben, bei der er und seine Kollegen darauf vorbereitet worden wären, was vor Gericht auf sie zukomme, was die Aussagegenehmigung bedeute und was sie zu beachten hätten. Auf die weitere Frage des Richters, ob er sich mit Kollegen über den damaligen Einsatz gesprochen habe, gab der Zeuge an mit niemandem darüber gesprochen zu haben, er sei gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrt.

Nun wollte die Verteidigung wissen wo die Besprechung stattgefunden habe, was der Zeuge zunächst mit Hinweis auf seine beschränkte Aussagegenehmigung nicht beantwortete, auf die weitere Frage, ob er denn wenigstens die Stadt nennen könne, in der die Besprechung stattgefunden habe, antwortete er mit Berlin. Auch seien alle Teilnehmer dieser Besprechung aus Berlin gewesen, niemand sei aus Köln angereist. Er erinnere sich auch, dass er grundsätzlich an Observationen in Berlin teilgenommen habe, ob er speziell dazu ausgebildet worden sei, also als Observateur, dazu wollte er wieder mit Verweis auf seine beschränkte Aussagegenehmigung nichts sagen. Daraufhin wurde der Zeuge entlassen.

Dann teilte der vorsitzende Richter noch mit, dass die für 13:30 Uhr geladene Zeugin, die auch schon an einem früheren Termin nicht erschienen war, heute wieder aufgrund eines Rückenleidens, welches sie sowohl am Stehen wie auch am Sitzen hindere, nicht kommen könne. Der Richter betonte die Wichtigkeit der Ladung der Zeugin und meinte, dass man dafür Sorge trage könne, dass die Zeugin zu einem anderen Termin auch liegend vor Gericht erscheinen kann. Des Weiteren habe der vorsitzende Richter noch ein Fax vom 24.08.21 erhalten, in welchem ihm auf seine Frage bezüglich der Erinnerungen der zu ladenden Zeugin Immendorf geantwortet worden sei. Es sei mit der Zeugin telefoniert worden und sie könne sich nicht an die Observation erinnern, noch was der Gegenstand dieser gewesen war. Allerdings sei wohl ein Zeuge beim Verfassungsschutz noch nicht fündig geworden, man wüsste nur seinen Decknamen. Dann wurden noch weitere Termine mit den Verhandlungsteilnehmern abgesprochen, da die bisher angesetzten Verhandlungstage nicht ausreichend seien (Wir haben die neuen Termine ans Ende des Berichts gesetzt). Es wurde vom Richter festgestellt, dass die am 19.08. ausgegebenen Urkunden zur Kenntnis genommen werden konnten und deshalb nicht mehr verlesen werden. Im Anschluss teilte das Gericht noch mit, welche Urkunden es vorhabe zu verlesen beziehungsweise in Augenschein genommen werden sollen. Auch sei dem Gericht mitgeteilt worden, das Frau Durbach vom Verfassungsschutz nicht so gerne kommen möchte, das Gericht habe aber darauf bestanden und folglich werde sie wahrscheinlich am 14.09. oder am 21.09. vor Gericht erscheinen. Um 9:25 Uhr wurde dann eine Pause bis um 11:00 Uhr einberufen.

Nach der Pause erschien ein pensionierter Bulle vom BKA, der die Razzia bei unserem Gefährten geleitet hatte, vor Gericht. Er wisse worum es geht, könne sich anhand der Unterlagen, die er im Vorfeld gelesen habe, erinnern. Er habe in der hier zu verhandelnden Sache nur die Durchsuchung geleitet und eine kleine Auswertung vorgenommen. Auf eine diesbezügliche Frage des Richters, teilte der Zeuge mit, dass durch entsprechende Maßnahmen der tatsächliche Wohnort des Beschuldigten versucht wurde herauszufinden, wo dann auch die Razzia durchgeführt wurde, da diese nicht mit der Meldeadresse übereinstimmte. Er könne sich noch ungefähr an die Wohnung erinnern, ihre Größe, dass alle Räume unverschlossen waren, der Mitbewohner nicht anwesend war, Cem sich aber in der Wohnung befunden habe. Diese habe er über seine Rechte belehrt. Zum Ablauf teilte er mit, dass um 6:00 Uhr das SEK in die Wohnung eingedrungen wäre, da davon ausgegangen worden sei, dass sich in der Wohnung eventuell Waffen und Sprengstoff befinden könnten. Dann sei der Zeuge mit den anderen Bullen in die Wohnung, wo er Cem gefesselt vorgefunden habe. Nachdem dieser versichert habe, die Durchsuchung nicht zu stören, seien ihm die Fesseln abgenommen worden und er sei über das laufende Ermittlungsverfahren und den Durchsuchungsbeschluss aufgeklärt sowie über seine Rechte belehrt worden. Auf die Frage des Richters, was der Beschuldigte darauf gesagt habe, teilte der Zeuge mit, dass dieser einen Rechtsanwalt kontaktieren wollte, was zunächst nicht funktioniert habe, da niemand bei der Telefonnummer die ausgehändigt wurde, um den Anwalt zu kontaktieren, abgenommen habe, jedoch über eine Notfallnummer schließlich doch geklappt habe. Ebenso habe er um einen Durchsuchungszeugen gebeten, wozu jemand im Haus gefunden wurde, der der Razzia bis zu ihrem Ende um 12:00 Uhr beiwohnte. Zur Sache habe Cem keine Aussagen machen wollen. Später sei dann auch der kontaktierte Rechtsanwalt erschienen und habe mit Cem gesprochen, auch der Zeuge habe mit dem Anwalt wegen der Hausdurchsuchung und der folgenden ED-Behandlung des Beschuldigten gesprochen. Bei der Razzia sei, wie gesagt, nach Sprengstoff und Waffen gesucht worden, weshalb unter anderem mit Spürhunden die Wohnung und die Kellerräume durchsucht wurden. Cem habe dem Zeugen zwar mitgeteilt, dass er die Kellerräume nicht nutze und dementsprechend auch über keine Schlüssel zu diesen verfüge und auch der Mitbewohner, den die Bullen diesbezüglich angerufen haben, bestätigte, dass Cem den Keller nicht nutze, dennoch wurde die Tür für die Kellerräume aufgebrochen und diese dann durchsucht. Nachdem der Keller, der aus zwei Räumen bestand, geöffnet worden war, stellte die Bullen fest, dass, so wie es ihnen zuvor vom Mitbewohner mitgeteilt worden war, der vordere Raum vom Mitbewohner genutzt wurde und der hintere Raum von einer weiteren Person ohne festen Wohnsitz, die in keinem Zusammenhang mit dem Verfahren stehe. Es habe sich kein Hinweis auf eine Nutzung der Kellerräumlichkeiten durch Cem finden lassen.

In der Wohnung habe sich die Zuordnung des Zimmers zum Angeklagten dadurch ergeben, dass dieser dort geschlafen habe und der Zeuge gehe auch davon aus, dass man dort persönliche Gegenstände von Cem gefunden habe. Im Verlauf der Hausdurchsuchung wurde ein Rechner und weitere Datenspeicher beschlagnahmt, was dort aufgefunden wurde, wusste der Zeuge nicht. Ansonsten sagte der Zeuge noch, dass Cem nichts unterschrieben habe und erläuterte dann noch den Ablauf Asservierung, dass sich die Asservatennummer aus jeweils einer Nummer für die Person, des Hauses, der Etage und des Raumes ergebe. In der Wohnung belege er üblicherweise die Zimmer mit einzelnen Nummern, die er an die Türen klebe, so dass die Kollegen diese nachvollziehen und die Asservaten entsprechend zuordnen können. Auf die Frage, ob sich viele schriftliche Unterlagen und Bücher in dem Zimmer befunden haben, antwortete der Zeuge, dass es schon Bücher gegeben habe, aber ob das besonders viele gewesen seien, könne er jetzt nicht mehr sagen. Der Zeuge habe Cem noch zur ED-Untersuchung gebracht, an der Auswertung der Asservate sei dieser nicht beteiligt gewesen. Er habe noch zwei Vermerke zur Telekommunikationsüberwachung vom 05. und 06.03.2013 bezüglich des Anschlussinhabers einer Telefonnummer und eines E-Mail-Accounts angefertigt, aber er denke, da habe es nichts Belastendes gegeben, ansonsten wäre ihm das in Erinnerung geblieben. Wie der E-Mail-Account dem Beschuldigten zugeordnet werden konnte, das wisse er nicht.

Nun fragte die Verteidigung den Zeugen, ob er bezüglich der Nutzung der Zimmer auf die Angaben des SEK vertraut habe, woraufhin dieser angab, dass er Cem gefragt habe, welche Räume er nutze und sich diese Angabe nach Überprüfung bestätigt hätte. Der Rechtsanwalt wollte nun wissen, zu welchem Zeitpunkt er sich denn zur Raumnutzung geäußert habe. Sehr früh, so die Antwort des Exbullen, nach der Belehrung als der Angeklagte nicht mehr gefesselt gewesen sei, aber noch vor dem Telefonat mit dem Rechtsanwalt. Die Frage, ob er dies für relevant halte, bejahte der Zeuge, warum er dies dann nicht in den Bericht geschrieben habe, ließ er unbeantwortet. Auch die weitere Frage der Verteidigung, warum laut Bericht, 13 Minuten zwischen dem erfolglosen Anruf auf der Festnetznummer des Rechtsanwalts und dem erfolgreichen auf der Mobilfunknummer konnte nicht geklärt werden. Die weiteren Fragen bezogen sich auf die Telekommunikationsüberwachung. So glaube der Zeuge nicht, dass sich daraus irgendwelche Hinweise auf ein konspiratives Verhalten des Beschuldigten ergeben habe und er habe auch keine Erinnerung an ein Zeitungsprojekt auch nicht eines mit dem Namen „Strike“. Die Verteidigung wies darauf hin, dass bei den abgehörten Gesprächen zwischen Cem und Oliver Rast (der auch beschuldigt war) um ein öfters als „Blättchen“ bezeichnetes Zeitungsprojekt ging, wobei es sich immer, so der Bullenbericht, um die Zeitschrift „Strike“ gehandelt habe. Eine Verbindung zur RAZ habe sich laut dem Zeugen aus Telekommunikationsüberwachung auch nicht ergeben. Daraufhin wurde der Zeuge entlassen, jedoch nicht ohne sich die Anreise aus einem Kaff in der Nähe von Bonn und eine Übernachtung in Berlin vom Gericht entschädigen zu lassen.

Kurz vor Ende des Prozesstages erklärten sich alle Verhandlungsteilnehmer damit einverstanden, dass auf die Ladung der zuvor schon erwähnten Zeugin Immendorf vom Verfassungsschutz verzichtet werden kann.

Damit endete der Verhandlungstag um 11:40Uhr.

Die neuen zusätzlich angesetzten Termine sind am 28.10., 16.11., 01.12., 13.12., und am 12.01. jeweils um 9:00 Uhr.

Der nächste Prozesstermin ist am 14. September um 09:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.

 


Prozessbericht vom 13. Verhandlungstag

Heute am 14.09.21 fand um neun Uhr morgens der 13. Verhandlungstag gegen Cem statt. Im Laufe des Tages waren fünf solidarische Menschen anwesend.

Die Richterschaft rief als ersten Zeugen einen Beamten des BKA auf, einen gewissen Andy Milach, evtl. Vilach, 55 Jahre alt. Er war an der Durchsuchung in der Wohnung von der damaligen Lebensgefährtin (wir haben uns entschieden sie anonym zu lassen) von Oliver Rast beteiligt. Dieser befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im Knast. Er selbst nahm an der Ermittlung in der Sache RAZ-RL-radikal ab Dezember 2012 teil. Dass es sich um die Wohnung von der Lebensgefährtin handelte, bzw. dass sie auch damals ein Paar waren, war bekannt, so der Zeuge.

Bei der Hausdurchsuchung, die um 06:00 Uhr morgens durchgeführt wurde, der Keller wurde auch durchsucht, nahmen vier Beamte des LKA, zwei vom BKA, sowie 2 Diensthundeführer – es handelte sich um Sprengstoffspürhunde – teil. Die Wohnung wurde mit dem Beschluss für die Hausdurchsuchung betreten, ein Einsatz des SEK wurde als nicht notwendig empfunden.

Gleich darauf fragte die Richterschaft nach der Wohnung, wie diese aussah, wo diese gewesen sei und der Zeuge beschrieb diese, wie auch die Umgebung.

Zeitgleich wurde auch die Zelle von Oliver Rast im Knast durchsucht. Auf die Frage, ob dieser in der Wohnung seiner Lebensgefährtin wohnen würde, denn Oliver genoss damals schon einige Male Hafturlaub, bejahte der Zeuge dies, denn in der Wohnung seien viele linke und antiquarische Bücher vorhanden gewesen und es war bekannt, dass Oliver Rast viel Umgang mit antiquarischen Büchern pflegte. Der Zeuge konnte sich heute nicht mehr daran erinnern, ob die Lebensgefährtin sich zu der Wohnsituation von Oliver äußerte. Gesucht wurde nach Sprengstoff, Schusswaffen, Datenträgern, Schriftstücken und allem, was in Zusammenhang mit krimineller Organisation in Verbindung stehen konnte.

Es wurden vier Gegenstände beschlagnahmt, dabei handelte es sich um einen Laptop, zwei USB-Sticks und einen Zettel mit handschriftlichen Notizen, die von einer Postille und der Beschäftigung mit einen Projekt handelten. Zu dem Laptop soll sich die Lebensgefährtin von Oliver so geäußert haben, dass dieser ihm gehört habe, dass sie nicht wüsste, wem die USB-Sticks gehören und dass bei dem Zettel, sie nicht wüsste, ob dieser von Oliver wäre, da sie die Handschrift nicht erkannte. Der Zeuge äußerte noch, dass sich ab einen gewissen Zeitpunkt im Wohnzimmer alle Bullen befanden, um die Bücher zu durchkämmen, da es sich um viele handelte.

Abgesehen von der Hausdurchsuchung hatte der Zeuge noch einige TKÜ-Maßnahmen betreut, wusste aber nicht genau, was er da gemacht hat bzw. worum sich dabei handelte. Der Staatsanwalt fragte bezüglich dieser Maßnahmen nach und wollte wissen, ob sich aus der TKÜ zum E-Mailverkehr von Oliver Rast Erkenntnisse ergeben hätten. Bei diesen gab es keine Hinweise, es ginge hauptsächlich um Bücher (sein Job), aus den E-Mails war auch ersichtlich, dass er und Cem sich kannten (insgesamt handelte es sich um 14 Mails). Bei einer dieser E-Mails ging es um einen „proletarischen“ Comic, den Cem Oliver gezeigt hatte, der Zeuge wusste aber nicht mehr genau, ob dieser im Gefangenen Info, oder in der Zeitschrift „Strike“ der IWW, veröffentlicht werden sollte. In diesem Comic soll eine Person mit Flugblatt abgebildet gewesen sein, auf dem Flugblatt soll ein fünfzackiger Stern und die Aufschrift Klasse gegen Klasse gestanden haben. Anfangs konnte der Zeuge das nicht zuordnen, aber später wurde er darauf hingewiesen, dass sich dieses Logo und der Schriftzug auch einige Male in der radikal 163 bis 165 zu finden seien. Auf die Frage, ob es eine Recherche im Internet zu dem Namen Klasse gegen Klasse gab, verneinte der Zeuge dies, er wüsste nicht, was zusätzlich mit diesem Begriff in Verbindung gesetzt werden kann. Er sagte dazu, dass dies wahrscheinlich kein Alleinstellungsmerkmal sei.

Auf die Frage ob er noch spontane Erinnerungen habe, antwortete der Zeuge, dass es ruhig und sachlich ablief. Was aber beschlagnahmt wurde, daran konnte er sich erst beim Lesen des Verzeichnisses der Asservaten erinnern, eigene Erinnerungen waren da nicht mehr vorhanden.

Die Verteidigung befragte den Zeugen, ob die Ermittlungsgruppe, in der er tätig war, sich mehrmals getroffen habe und ob es bei diesen Treffen auch ungewöhnliche Ermittlungsvorschläge gegeben habe, wie z.B., sogenannte Honeypots zur Provokation von Antworten, oder gefälschte E-Mailanhänge. Nein, dies soll nicht der Fall gewesen sein, so der Zeuge, und er sei auch nicht an der Ermittlung gegen die Militante Gruppe beteiligt gewesen.

Anschließend händigte der Richter den Zettel, der bei der Durchsuchung beschlagnahmt wurde, zur in Augenscheinnahme aus. Danach entließ der Richter den Zeugen ohne weitere Fragen.

Die Verhandlung wurde für eine halbe Stunde unterbrochen, weil der nächste Zeuge noch nicht anwesend war.

Nach der Unterbrechung wurde der nächste Zeuge kurz rausgeschickt, weil die Verteidigung bei der Aussage des Zeugen, klären wollte, dass dieser sich nur zu seinen eigenen Ermittlungen und Erinnerungen äußern sollte und deutlich machen sollte, wenn Erkenntnisse von anderen Stellen, Behörden oder vom Hörensagen stammen.

Aufgrund dessen wurde die Verhandlung ein weiteres Mal für zehn Minuten unterbrochen.

Erst jetzt konnte der nächste Zeuge verhört werden, es handelte sich hier um Kriminalhauptkommissar Oliver Damm, oder evtl. Dammen, 50 Jahre alt, vom BKA. Der Richter wies ihn darauf hin, dass er deutlich machen solle, ob Erkenntnisse, die er dem Gericht mitteilt von ihm selbst oder von dritten stammen. Der Zeuge hat von Anfang an in diesem Verfahren ermittelt, auch schon gegen die Militante Gruppe. Auf die Frage des Richters, was er zur Zeitschrift radikal sagen könne, erwähnte der Zeuge, dass es sich um ein „altehrwürdiges militantes Blatt“ handele, aber dass er sich nur mit den Nummern 161-165 beschäftigt habe. Als die Nummer 161 erschien, sei das Projekt radikal eigentlich schon eingestellt gewesen und mit dieser Nummer 161 im Sommer 2009 „wieder auf dem Markt erschienen“. Als Herausgeber habe sich die RL (Revolutionäre Linke) bzw. die radikal Redaktion bekannt. Die RL tritt mit dieser Ausgabe zum ersten Mal in Erscheinung und in der Nr. 162 reklamiert sie die neue Auflage der radikal für sich. Interessant, so der Zeuge, sei an der Ausgabe ein Interview mit der Militanten Gruppe, es geht dabei um ihre Auflösung bzw. die Ankündigung eines militanten Projektes auf einer anderen Stufe, mit einem neuen Namen. Es handelt sich dabei, laut den Bullen, um die RL und die RAZ, diese beiden Gruppen seien die Nachfolgeorganisationen der Militanten Gruppe, diese Erkenntnis der Bullen und des BfV sei der Grund für die Ermittlungen.

Außerdem sei noch zu den Anschlägen der RAZ ermittelt worden, der Zeuge erwähnt Brandanschläge und das Verschicken von Patronen sowie auch verschiedene Texte, bzw., Kommuniqués die von RAZ (hier handelt es sich um 15 Texte) und von der RL (hier handelt es sich um 35 oder 37 Texte) in der radikal veröffentlicht wurden.

Die Richterschaft fragte, woher die Erkenntnis oder Vermutung stamme, dass es sich bei den beiden Gruppen um Nachfolgeorganisationen der MG handele. Der Zeuge antwortete, es gäbe viele Hinweise, wie das ähnliche bzw., identische Begriffe verwendet wurden, dies soll die Verbindung gewesen sein. Der Zeuge fuhr fort und sagte, dass es innerhalb dieser Gruppen keine festgelegte Struktur gegeben haben soll. Die Redaktion der radikal war die RL, die RAZ hätte mehrere Zellen, bzw. „klandestine Kerne“, innerhalb dieser seien mehrere Mitglieder aktiv, wer aber genau in welcher Zelle aktiv war und auch wie viele, konnte nicht festgestellt werden. Es gab dazu keine nähere Zuordnung.

Auf die Frage wie groß diese Zellen gewesen sein hätten können und wie viele es davon gegeben haben soll, war die Antwort, es hätte vier bis fünf Zellen gegeben, in denen von einer bis zu vier oder fünf Personen aktiv hätten sein können. Wie viele Mitglieder denn nun die RL-RAZ hätte haben können, ist unbekannt. Zu den damaligen Beschuldigten habe es Hinweise zu einer Mitgliedschaft gegeben, ob es zusätzlich mehr Mitglieder gab, ist unbekannt, ebenso wie viele Personen in der Redaktion der Zeitschrift radikal beteiligt waren, ob es unterschiedliche waren, etc., auch dazu gab es keine Erkenntnisse. Eine weitere Erkenntnis soll gewesen sein, dass zeitgleich zu der Veröffentlichung eines Textes auf Indymedia und Linksunten, Cem und Oli sich in einem Internetcafé befanden. Aber auch dazu, gibt es keine genaueren Erkenntnisse, was diese dort gemacht haben sollen. Ob es außer den beiden noch weitere Verdächtige gegeben haben soll? Evtl., ja, aber keine konkreten Angaben.

Dann erläuterte der Zeuge auf eine entsprechende Frage des Richters, die Erscheinungsdaten der einzelnen Ausgaben der radikal von 2009 bis 2012. Mit einem gewissen Stolz erwähnte er auch, dass er eine Übersicht darüber erstellt hatte, in welcher Ausgabe welche Texte der beiden Gruppen erschienen sind und welche im Internet veröffentlicht, oder per Post verschickt worden sind. Dabei wurden die Ausgaben der radikal auch als Druckexemplare analysiert. Die Ausgabe 162 wurde am 04.02.2010 bei dem Anschlag auf das Haus der Wirtschaft unter einem Auto gefunden. Die RAZ selbst sagte, laut dem Zeugen, dass sie sie dort hinterlegt hätten. Diese Ausgabe sei vor dem Anschlag noch nicht in Umlauf gewesen, was sich aus eigenen Erkenntnissen des BKA und Erkenntnissen des BfV ergeben habe.

Bezüglich der Kommuniqués die für die Anschläge beim Amtsgericht und der Senatsverwaltung mit per Mail verschickt wurden, gab es einen Vermerk des Zeugen im Bericht, dass diese an verschiedene Medien über unterschiedliche Wege verschickt wurden. Adressiert waren der Berliner Kurier, die BZ und die Internetseite direct action, glaubte der Zeuge sich zu erinnern. Zu den Ermittlungen zwecks des Ausgangspunktes der Mails gab es keine Erkenntnisse. Eine weitere Mail zu der Verschickung von drei Patronen, angeblich wurden vier verschickt, drei kamen angeblich an, an den Bundesinnenminister und zwei Politologen, die sich mit der Extremismusforschung beschäftigten, wurde angesprochen, diese seien auch auf unterschiedlicher Art verschickt worden.

Die E-Mail wurde unter dem Namen Georg von Rauch am 18.11.10 eingerichtet, der Zeuge erwähnt kurz die Geschichte von Georg von Rauch, dass er von Bullen 1972 erschossen wurde, dass auch dieser mit der Bewegung 2. Juni in Verbindung stand. Der Provider war Vodafone, auf Anfrage über IP-Adresse, konnte Vodafone nicht helfen, weil die Daten schon gelöscht waren. Zwei E-Mails sollen von einem Café verschickt worden sein, in dem sich Cem zu diesem Zeitpunkt aufgehalten haben soll, wie durch die Observation des MEK Sachsen-Anhalt festgestellt worden sei.

Der Zeuge selbst hat die Erkenntnisse zusammengefasst, nahm aber nicht an der Observation teil, er hat das entsprechende Café nie besucht.

Bezüglich des Brandanschlages gegen das Bundeshaus gibt es einen Vermerk über die Auswertung einer Videoüberwachung, der Zeuge kann sich an diesen Vermerk jedoch nicht erinnern. Es handelt sich darum, ob Cem eine Wohnung betritt.

Zu der TKÜ stellt die Richterschaft die Frage, wie bei einer DSL-Auswertung die Behörde vorgeht, welcher Beamte was macht? Wie konnten bestimmte Aktivitäten Cem zugeordnet werden? Wie wurde all dies festgestellt? Ob der Zeuge mit all dem was zu tun gehabt haben soll? Der Zeuge antwortet, dass dies alles zu lange her sei und er sich nicht mehr daran erinnern könne.

Unterbrechung bis 11:10 Uhr, die Verteidigung wünscht eine interne Besprechung.

Die Verteidigung stellt dem Zeugen die Frage, wie die Behörden zu der Erkenntnis kommen, dass es eine Beziehung zwischen RL und RAZ gibt, diese als vermutliche Nachfolgeorganisation der MG einzuordnen sei und dass es sich hier um denselben Personenkreis handeln würde. Darauf weist dieser wieder auf die Ähnlichkeit der jeweiligen Texten hin, dass identische Begrifflichkeiten verwendet worden seien, dass die Parolen ähnlich gewesen seien, dass es einen Bezug auf die MG gegeben habe, dass die Texte zeitgleich erschienen seien… ergo, es muss, so der Zeuge, eine Absprache gegeben haben und in der radikal gab es fast nur Texte der RL und der RAZ. All dies weise auf jeden Fall auf eine enge Verflechtung, auf einen engen Austausch hin.

Die Verteidigung fragt darauf, wo denn konkret all dies auf bestimmte Personen zurückzuführen sei, bei wem ein solcher Verdacht vorhanden wäre, ob es Erkenntnisse des BKA dazu gibt? Der Zeuge habe kein Beispiel vor Augen, der Herr Arens wüsste mehr davon (Wir gehen davon aus, dass der Herr Arens, womöglich auch vom BKA ist und uns bald mit seiner Anwesenheit erfreuen wird.).

Auf die Frage, ob die Zellen, denn diese tauchen in den Berichten auf, ob diese autonom agieren würden, oder einer übergeordneten Struktur/Organisation, die „Befehle“ gab, untergeordnet waren, also wusste zwangsläufig die Zelle A, was die Zelle B machte und was die Zelle C … dazu, wieder einmal der Zeuge, hätte er keine konkreten Erkenntnisse in Erinnerung.

Im Bezug auf die identischen Begrifflichkeiten, war die Frage ob diese exklusiv der RAZ-RL zuzuordnen seien, oder ob diese auch von anderen militanten Gruppen verwendet wurden. Die Ähnlichkeit soll groß gewesen, so der BKAler, die RAZ übernahm Parolen der MG und erweiterte sie. Auch gab es eine vermeintliche Übereinstimmung in der Fortsetzung von Debatten, so dass von einem Austausch ausgegangen werden müsse, aber wie dieser konkret stattfand, bleibe spekulativ.

Danach ging es um die Ausgabe 162, die beim Anschlag auf das Haus der Wirtschaft unter einem Auto abgelegt worden sei und deren Verbreitung. Ab wann setzt das BKA fest, wann eine neue Ausgabe der radikal erscheint? Dies ergebe sich durch Ermittlungen des BfV und des LKA. Wann sei mit dem LKA ein Gespräch über die Nummer 162 geführt worden? Und wurde so ein Gespräch überhaupt geführt? Der Zeuge bejaht die Frage, könne sich an den konkreten Inhalt des Gesprächs jedoch nicht erinnern. Über den Zeitpunkt der Veröffentlichung konnte dieser auch nichts sagen. Nun fragte die Verteidigung, wie die radikal verbreitet wurde. Der Zeuge antwortet, dass es nach Eigenaussage ein Verteilernetz gegeben habe und die Zeitschrift in verschiedenen Läden und Buchläden gefunden werden konnte, dass diese auch einen Tarnumschlag habe, damit sie nicht sofort erkannt wird. Des Weiteren sei vermeintlich ein solcher Übergabevorgang unter Beteiligung von Cem und einer weiteren Person erfolgt. Die radikal soll leicht in linken Szeneobjekten zu finden gewesen sein, man konnte aber nicht feststellen, wo sie gedruckt wurde. All dies seien Merkmale eines konspirativen Netzwerkes.

Wenn die Veröffentlichung und Verteilung der Publikation grundsätzlich konspirativer Natur war, wie konnte das BKA dann wissen, dass diese Ausgabe bereits in Umlauf war? Dazu hatte der Zeuge keine Erkenntnis, er bezog sich auf das BfV und das LKA Berlin. Bezüglich der Arbeitsweise dieser Behörden habe er keine Aussagegenehmigung, er könne über deren Vorgehen nur spekulieren. Wie diese Ausgabe konkret ersichtet worden sei, wusste er auch nicht, er könne auch dazu nur spekulieren.

Zu der Struktur der RAZ und der RL Zellen, fuhr die Verteidigung fort, wie haben diese agiert? Waren sie abgeschottet, oder haben diese kollektiv gehandelt? Der Zeuge antwortete dazu, es müsse eine übergeordnete Struktur gegeben haben, die alles koordinierte, konkrete Erkenntnisse dazu gibt es aber nicht. Ob es sich um eine Struktur handeln könne, wo die Beteiligten nur das notwendige wüssten? Das Konzept des „need to know“ wird von der Verteidigung als Beispiel erwähnt. Der Zeuge sagte, dass die Ermittlungsergebnisse nicht zu aufhellend gewesen seien, er glaubt, dass es Erkenntnisse aus Schriftstücken gab, wo anderen Städten Aufträge erteilt worden seien. Gleich darauf fragte die Verteidigung, ob außerhalb von Berlin irgendwelche Anschläge stattgefunden hätten? Dies verneint der Zeuge, nur die Verschickung der Patronen war überregional, sie wurden aber aus Berlin verschickt. Hätten die Zellen an außenstehende Personen Aufträge weiterleiten können, wie z.B., das Verschicken der Kommuniqués? Nein, dies wäre eher ausgeschlossen, weil eben das Risiko daran liege mit außenstehenden zu handeln, aber dazu gibt es keine Erkenntnisse, es wäre dennoch theoretisch denkbar. Ob dem Zeugen das leninistische Dreiecksprinzip geläufig wäre, fragte als nächstes die Verteidigung. Diesem ist dieses Prinzip bekannt, der Sinn ist die Sicherheit der eigenen Organisation/Struktur zu gewährleisten. Um prinzipiell wenig voneinander zu wissen, um vor Repression zu schützen, fragte die Verteidigung? Ja, beantwortete der Zeuge.

Nun fragte der vorsitzende Richter noch einmal wegen der Telekommunikationsüberwachung nach und wollte wissen, was es mit dem „User-Agent“ auf sich habe, der in den Dokumenten auftaucht, wobei es darum ging, dass eine Indymedia-Seite aufgerufen wurde. Der Zeuge sagte, dass dieser „User-Agent“ bei der Auswertung mitgelockt werde und Infos zum Betriebssystem usw. enthalte, es sei quasi ein Fingerabdruck des Rechners. Auf die Frage, wie dieser „User-Agent“ festgestellt werde, antwortete er, dass das in der Software, die von der Behörde genutzt werde, mitgelockt werde. Ob er versucht habe zu recherchieren, wie dieser zugeordnet wurde, wusste der Zeuge nicht mehr konkret, üblicherweise gehe das in Kombination mit Observation vonstatten. Hierdurch sei es möglich, bei einer WG festzustellen, wer welche Aktivitäten im Internet mache.

Zur Überraschung aller kam der Staatsanwalt auch mal zu Wort und fragte den Zeugen, ob die RAZ und die RL gemeinsam Texte unterschrieben hätten, oder ob dies nur eine Schlussfolgerung des Zeugen sei. Dieser äußerte sich, er könne sich daran erinnern, dass es bei einem Text heiße, welchen konnte er aber nicht sagen, dass „die RAZ die klandestine Flanke der RL“ wäre. Es habe auch eine Gegenveröffentlichung gegeben in der die Einheit von RAZ und RL und deren Nachfolgeschaft der MG, was angeblich in der linken Szene behauptet worden sei, dementiert wurde. Diese sei in der Kommentarspalte von Indymedia und linksunten veröffentlicht worden, so der Zeuge auf die entsprechende Frage des Staatsanwalts. Ursprünglich sei die Militanzdebatte in der Interim geführt worden, dann über RAZ und RL in der radikal, die aber schwer zu kontaktieren war, wodurch schließlich auch dort keine Debatte mehr möglich gewesen sei. Auch ob die RAZ als ein Teil der revolutionären Linken, als Strömung und nicht als eine spezifische Organisation, verstanden werden könnte, dem stimmte der Zeuge zu, es sei auch möglich es so zu verstehen.

In Bezug auf die Sicherstellung der zerrissenen Papierschnipsel in der S-Bahnhaltestelle Alt-Glienicke, war ein Vermerk vom 06.06. datiert, bei der der Zeuge anfänglich von Oliver Rast spricht und dass dieser die Papierschnipsel in den Müll geworfen habe. Dies korrigierte er im Verlauf seiner Aussage, als er nun sagte, es handelte sich um Cem, da auch ein Brief vom Jobcenter, mit Angaben des Sachbearbeiters von Cem vorhanden waren. Genauso wie ein Umschlag einer linken Publikation (wir sind uns nicht mehr sicher, ob die Rede von der Interim oder der radikal war, zweite ist eher wahrscheinlicher), in dem Bezug auf eine Hausdurchsuchung genommen wird, die an einer linken Buchhandlung stattfand, zu welcher sich die RL äußerte. Und zwar soll sich die RL dazu in einem sogenannten radikal Vierseiter geäußert haben, bei dem auch das Kommuniqué zu der Versendung der Patronen zu finden sei. Diese Vierseiter der radikal sollen in der Zwischenzeit, zwischen den Veröffentlichungen der radikal erschienen sein, um die Zeit zwischen diesen zu verkürzen, so der Zeuge. Des weiteren wurde auch ein Computerausdruck mit Adressen, Post und E-Mail, diverser Berliner Zeitungen gefunden, unter denen vier auch angeschrieben worden seien, bezüglich der Versendung der Patronen. Der Text und das Schriftbild seien identisch mit denen, die als Adressaufklebern auf den Briefumschläge, die später beschlagnahmt wurden, waren. Auch seien Notizen mit Anweisungen, wie bei postalischen Versand vorzugehen sei, so wurden sie von den Bullen interpretiert, aufgefunden. Der Staatsanwalt führte seine Fragen fort und fragte als nächstes, welches der Sachverhalt bei der Verschickung der Patronen gewesen sei, an wen waren diese adressiert. Der BKA Beamte sagte, dass bis zu diesem Datum es Brandanschläge gegeben hatte, aber das am 17.03. das BKA die Nachricht erhielt, das Patronen verschickt worden seien, zu dem sich die RAZ mit einem Schreiben bekannte, in welchem ein fünfzackiger Stern als Logo auftauchte. Am 18.03. erfuhr das BKA über die Süddeutsche Zeitung, dass ebenfalls andere Personen Patronen per Post erhalten hatten. Letztere waren an zwei Politologen adressiert, die wie wir schon erwähnten, sich mit der Extremismusforschung/ -debatte auseinandersetzten. Das BKA vermutete nach dieser Aktion, dass Waffengebrauch bevorstehen würde, da die RAZ formuliert haben soll, dass die nächsten Patronen per Expressversand ankommen würden. Das Bekennerschreiben erschien in der Nummer 164 der radikal. Auf die Frage des Richters bestätigte der Zeuge, dass es Spurensicherungen bei den verschickten Dokumenten gegeben habe, diese allerdings zu keinen Ergebnissen geführt hätten.

Nun befragte die Verteidigung erneut den Zeugen und wollte zunächst zwecks des radikalen Vierseiters wissen, wodurch das BKA Kenntnis über diesen erhalten habe. Durch das BfV war die Antwort, laut einem Vermerk hatte das Bundesamt das BKA schon darüber informiert, bevor dieses den radikalen Vierseiter zu Kenntnis genommen habe. Dann fragte die Verteidigung bezüglich des Verhältnisses zwischen RAZ und RL, ob die Formulierung, dass die RAZ die militante Flanke der RL sei, von den RAZ selbst stamme oder von woanders her komme. Der Zeuge konnte dies nicht wirklich beantworten, glaube aber, dass sie aus dem eigenen Autorenkreis der RAZ stamme. Militante Flanke heiße nicht zwingend der gleiche Personenkreis, aber deute auf eine gemeinsame Organisierung hin, wobei die RAZ praktisch und die RL theoretisch arbeiten würde.

Die nächste Frage der Verteidigung war, wie sich die RL geschrieben habe, ob mit großem R oder kleinem r. Groß und mit Hammer und Sichel, was auch auf Parallelen mit der MG verweisen würde, war die Antwort. Dazu wies die Verteidigung darauf hin, dass fast jede kommunistische Gruppierung weltweit Hammer und Sichel verwendet. Weiters bedeute dies, dass revolutionäre Linke sich nicht auf die Gruppe bezieht, sondern auf etwas diffuseres, was der Zeuge bestätigte. Ob der aufgefundene Zettel mit den Notizen, die als Anweisungen interpretiert wurden, nicht die vorhergehende These der Verteidigung bestätige, dass Aufträge an außenstehende Personen gegeben worden sein können, war die nächste Frage. Der Zeuge meinte, das spreche weder dafür noch dagegen, das sei alles Spekulation. Die Verteidigung ließ sich nun noch vom Zeugen bestätigen, dass dieser bis März 2013 Ermittlungsführer war und danach Frau Arndt diesen Job übernommen habe. Daraufhin wurde der Zeuge entlassen.

Die Verteidigung gab eine Erklärung zur Vernehmung des Zeugen ab, dass dieser zur internen Struktur der Gruppierungen nur Spekulatives beitragen konnte, die Rolle des Angeklagten wie sie von der Staatsanwaltschaft in der Anklage dargestellt werde, könne nicht bestätigt werden, vieles könne sein, nichts muss. Das Gericht teilte mit, dass auf die Vernehmung von zwei Zeugen des VS verzichtet werde. Mittagspause bis 13:15.

Um 13:20 ging der Prozess mit dem nächsten Zeugen weiter, nämlich dem Kriminalhauptkommissar Sebastian Jonas, 39 Jahre alt, Dienststelle Bielefeld. Gleich als erstes wurde auf einen Vermerk hingewiesen, der mit dem Datum vom 12.02.13 datiert war. Hier ging es um ein Rechtshilfeersuchen an die Vereinigte Staaten von Amerika wegen eines E-Mailaccounts bei Yahoo. Darüber hinaus musste sich der Zeuge noch mal reinhängen, was seine Erinnerungen angeht, aber er wüsste noch, dass es um Brandanschläge in Berlin gehe und er das Selbstbezichtigungsschreiben der RAZ an die BZ technisch ausgewertet habe. Bei dieser Auswertung habe er über den Header versucht eine IP-Adresse herauszufinden und sei dabei auf die Zwiebelfreunde Dresden gestoßen, einen Tor-Provider. Daraufhin habe er eine Anfrage an Yahoo in Deutschland gestellt, dort wurde mitgeteilt, dass die Adresse zu dem amerikanischen Unternehmen gehört. Danach wurde über die Bundesstaatsanwaltschaft ein Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt auf Beschlagnahmung des E-Mail-Accounts. Dazu gab es eine Antwort, eine CD mit Dateien wurde verschickt, aus dem war das Postfach ersichtlich mit den verschickten Mails an den Berliner Kurier und die Berliner Zeitung sowie elf weitere Adresse, die sich im BCC befanden. Dazu befand sich dort auch noch eine Begrüßungsmail von Yahoo zur Einrichtung des Accounts. Da diese Begrüßungsmail fünf Minuten vor der Verschickung der anderen Mails eintraf, sei davon auszugehen, dass der Account ausschließlich zur Verschickung der Bekennerschreiben eingerichtet worden sei. Die Angaben des E-Mail-Accounts ergaben sich als Fake und eine weitere Mail mit dem Kommuniqué auf Englisch an sieben weiter Adressen wurde gefunden. Zu der Übersetzung konnte der Zeuge nichts sagen. Die Reihenfolge der Adressen im BCC sei die gleiche gewesen wie auf dem Zettel, der im Rahmen einer Observation beschlagnahmt wurde. Der Zeuge erinnert sich nicht im Detail, um welche Adressen bzw. Zeitungen es sich handeln würde. Sonst seien ihm keine Erkenntnisse erinnerlich. Der Richter fragte nach den Zwiebelfreunden Dresden, woraufhin der Zeuge erklärte, dass es da Ermittlungen gegeben habe, aber daraus hätten sich keine Erkenntnisse ergeben, außer das diese einen Tor-Node betrieben hätten. Nun wollte das Gericht wissen, ob eine IP-Adresse dauerhaft oder veränderlich sei, der Zeuge wusste nicht, wie das damals war, heutzutage könne sie sich nach einem Tag oder mehreren Stunden verändern. Wie es denn in einer WG, wo mehreren Personen einen Router benutzen, erkennbar sei, welches Gerät was im Internet aufruft, war die Antwort, dass dies nur über den Router möglich wäre, da dieser alles protokolliert. Die Richterschaft fragte wegen dem bereits erwähnten „User-Agent“, ob dieser als Fingerabdruck zu verstehen sei. Dies wurde vom Zeugen verneint, was dazu führte, dass einer der Schöffen nochmal nachhakte: Wenn mehrere über denselben Router im Netz sind, aber das gleiche System haben, dann was, Pech? Der Zeuge bestätigte dies. Die Verteidigung wollte wissen, wenn man über Tor eine E-Mail versendet, ist dann über die Verbindung feststellbar, zu welcher Uhrzeit sie stattfand; ist es von außen möglich festzustellen, auf welcher Seite ich bin, wenn ich mich über Tor mit dem Internet verbinde? Die erste Frage verstand der Zeuge nicht und die zweite wusste er nicht. Die letzte Frage der Verteidigung war, ob man im Rahmen einer TKÜ eine Person, die über Tor im Netz ist, überwachen kann. Dies konnte der Zeuge nicht beantworten, er verwies auf andere Techniker, die sich damit besser auskennen. Der Zeuge wurde entlassen.

Das Gericht kündigte an, dass zum nächsten Termin zwei Sachverständige erscheinen werden. Die Verteidigung beantragte die Unterstützung durch einen eigenen Sachverständigen (für Kopierangelegenheiten, Kopiermaschinen, etc.). Nach einem kurzen hin und her willigte die Richterschaft mit Bedenken ein, dass diese Person hoffentlich nicht den Prozessfluss stören werde und neben der Verteidigung Platz nehmen darf. Der Prozess endete um 13:50 Uhr.

Der nächste Prozesstermin ist am 16. September um 09:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.

 


 

Prozessbericht vom 14. Verhandlungstag

Am 16. September begann um 09:00 Uhr morgens der 14. Verhandlungstag. Es waren drei solidarische Personen im Publikum anwesend. Die Verhandlung begann mit dem Verhör eines Sachverständigen, Dieter Härtlein, für Kopiertechnik und sonstiges was mit Kopierern zu tun hat. Er hat sich eine Asservate angeschaut, es handelt sich um eine Kopie, ein DINA4-Blatt (Bekennerschreiben), welches nach der Untersuchung ein gewisses einzigartige Merkmale vorgewiesen haben soll. Von der Ermittlern bekam er mehrere Vergleichskopien, die aus zwei Kopierläden stammten. Da das Tonermaterial entweder magnetisiert oder nicht magnetisiert übertragen wird, konnte einer der Kopierläden ausgeschlossen werden. Der Zeuge führte dann noch weiter aus, wie so ein Fotokopiergerät funktioniert, was wir hier leider nicht im Detail wiedergeben können, weil die technischen Einzelheiten zu viele waren, um sie auf die Schnelle mitzuschreiben. Jedenfalls konnten spezielle Merkmale festgestellt werden, beim Schriftbild fand man zwei Punkte, die sich wiederholten. Diese entstehen durch einen Defekt auf der Fotoleitertrommel, so ein Merkmal ist individuell, durch solche Merkmale kann man Asservaten mit dem Kopierer vergleichen. Gleich darauf wurde das Beweisstück (Bekennerschreiben) von den Schöffen, der Verteidigung und dem Staatsanwalt in Augenschein genommen. Der Zeuge wies darauf hin, dass der Zeitabstand zwischen dem Vergleich und dem Beweisstück zwischen sechs und acht Wochen lag, das bedeutet, dass eine gewisse Anzahl von Verfälschungen von Merkmalen immer hinzukommt. Der Richter fragte, ob das Beweisstück, was der Zeuge vorbrachte, nicht auch Defekte haben könnte und deshalb nicht verwendet werden könnte.

Daraufhin wurde eine 15 minütige Pause einberufen, um Kopien anzufertigen, es handelt sich hier um das Beweisstück, was der Zeuge mitgebracht hatte, diese Kopie war Teil der Auswertungsunterlagen.

Um 10:40 Uhr ging es weiter. Gleich darauf fragte der Richter nach den individuellen Merkmalen und wie wahrscheinlich es denn ist, dass dies zweimal vorkommen könnte. Denn es handelt sich hier um eine Fläche von 28.000 mm², ob es nicht auszuschließen sei, dass es ein zweites Gerät gibt, das denselben Defekt haben könnte. Der Zeuge antwortete, dass dies sehr unwahrscheinlich sei, da es sich hier um zwei Punkte handeln würde, wäre es nur einer, dann wäre es wahrscheinlicher. Als nächstes fragte die Richterschaft nach der Berufserfahrung des Zeugen. Dieser übe diesen Beruf seit sehr langem aus, wäre seit über elf Jahren Sachverständiger. Ob diesem bei anderen Fällen so deutliche Merkmale untergekommen wären? Dies bejahte er und meinte er hätte sogar noch deutlichere Merkmale bei anderen Fällen festgestellt. In diesem Falle handelt es sich um ein sogenanntes wanderndes Merkmal. Der Staatsanwalt fragte nochmal nach und der Zeuge erklärte es ihm mehrfach, mit Handzeichen und danach mit einer Zeichnung, um dieses wandernde Merkmal plastisch zu erklären.

Die Verteidigung fragte, wozu die Infrarotspektroskopie gut sei, bzw. warum diese nicht durchgeführt worden sei? Dieser Vorgehen weise auf den verwendeten Toner hin, da das darin enthaltene organische Material angezeigt werden kann. Dieses Vorgehen war in diesem Fall nicht notwendig, weil aufgrund der Magnetisierung das Kopiergerät bereits ausgeschlossen werden konnte (so haben wir es zumindest verstanden). Ob man erkennen könnte, ob es sich hier um einen Schwarzweiß- oder Farbkopierer gehandelt habe, fragte die Verteidigung. Die Antwort war, dass bei Farbkopierern häufig Farbsprengsel zu finden sind, er sich aber nicht hundertprozentig sein kann. Ob der Sachverständige denn Kenntnisse über das konkrete Kopiergerät hätte? Ja, es handelte sich um einen Canon imageRUNNER 2530. Aber er selbst war nicht daran beteiligt den Kopierer sicherzustellen, man untersuchte ja nicht das Modell, sondern die von den Bullen sichergestellten Kopien. Könnte die Trommel gewechselt werden, war die nächste Frage der Verteidigung? Ja, dies findet statt, um diese zu reinigen, zwecks Reparatur, Wechseln, usw. Wie lang war der Zeitablauf, zwischen den Vergleichskopien und dem Beweismaterial? Es vergingen sechs bis acht Wochen antwortete der Zeuge, dies sei wichtig gewesen, weil dabei auch die Trommel identifiziert wurde. Die Verteidigung fragte gleich darauf, ob es nicht von einem anderen Gerät aus hätte sein können? Eher nicht, weil die Trommel dann ausgetauscht worden und nicht woanders eingebaut worden wäre, wo sich dasselbe Merkmal aufgefunden hätte. Wer wechselt die Trommel der Kopierer? Machen das nur Servicetechniker, oder auch versiertes Personal, das im Kopierladen arbeitet, fragte die Verteidigung? Sowohl als auch, war die Antwort, es wird nicht immer vom Servicetechniker gemacht, weil dies zusätzliche Kosten für die Läden sei. Da sich im Laden acht Geräte befanden, ob die direkte Zuweisung zum Gerät nicht ein Zufall war, denn das individuelle Merkmal könnte doch ein Produktionsfehler sein? Der Zeuge sagte, dass dies sein könnte, aber nicht das mit dem Produktionsfehler, es handelt sich um ein individuelles Merkmal, Produktionsfehler in einer Größenordnung, wie es die Verteidigung meine, hätte er noch nie gesehen. So was spricht sich unter Kollegen und auf Messen herum. Die nächste Frage an den Zeugen war, ob er denn noch wüsste wie viele solcher Kopierer er im Jahre 2010 untersucht hätte. Dieser wusste es nicht mehr. Ob er noch andere Merkmal außer diesen gefunden hätte? Ja, es sei weiteres Gesprengsel gefunden worden. Wie wird das Gesprengsel von den Defekten auf der Trommel unterschieden? Zweite wiederholen sich im selben Abstand. Wichtig sei immer der Vergleich, so der Zeuge, wenn man eine defekte Kopie kopiert, wird es schwierig herauszufinden, ob beide aus demselben Kopierer kommen. Die Verteidigung fragte, ob Kopierer ein digitales Gedächtnis hätten? Damals noch nicht alle, aber heutzutage schon. Ob solche Speicher heutzutage beschlagnahmt werden würden? Seine Antwort war, dass für die Ermittler, dies sogar wichtiger sei, als die Kopiermerkmale. Warum sie das Kopiergerät in diesem Fall nicht sicher gestellt haben, weiß der Zeuge nicht zu sagen. Als nächstes fragte die Verteidigung, ob der Zeuge auch die Adressaufkleber untersucht habe, die für die Versendung der Patronen verwendet worden sind. Ja das hätte er, aber es seien keine Merkmale gefunden worden und daher sei es nicht festzustellen, woher diese stammen. Zeuge wird entlassen.

Unterbrechung bis 10:55 Uhr.

Der nächste Zeuge nach der Pause war ein gewisser Florian Knaup, 38 Jahre alt, vom BKA. Er war bei der Hausdurchsuchung im Jahr 2013 bei der damaligen Lebensgefährtin von Oliver Rast dabei. Er wüsste noch grob, worum es geht, hatte damals auch nur eine unterstützende Rolle, ist mit dem Verfahren wenig vertraut. Die Lebensgefährtin habe die Tür geöffnet und eine Bekannte als Durchsuchungszeugin sei ebenfalls anwesend gewesen. Insgesamt waren zwei BKA-Beamte, mehrere Berliner Landespolizisten sowie Diensthundeführer mit entsprechenden Hunden beteiligt gewesen. Auf die Frage wonach gesucht wurde, antwortete der Zeuge, dass nach Datenträgern und Schriftstücken, aber auch nach Waffen und Sprengstoff gesucht wurde. Er habe auch noch grobe Erinnerung an die Wohnung, diese sei um die 40m². Zwei USB-Sticks, die dem Beschuldigten zugeordnet wurden, wurden von den Berliner Bullen sichergestellt sowie auch der Laptop. Genauso wurde sichergestellt, wem was genau gehört, der Laptop von ihr wurde kurz angemacht, um sicherzustellen, dass dieser ihr gehöre. Als nächstes wird ein Zettel mit Thesen revolutionärer Art gefunden und beschlagnahmt. Bezüglich dieses Zettels konnte oder wollte sich die Lebensgefährtin nicht äußern. Der beschlagnahmte Zettel wird per Beamer dem Gerichtsteilnehmern gezeigt, der Zeuge bestätigt, dass es sich hierbei um den fraglichen Zettel handele.

Die Verteidigung fragte, ob und wo ein Gespräch mit ihr stattgefunden hätte. Der Zeuge hat keine konkrete Erinnerung an den Ort des Gesprächs, vermutlich das Wohnzimmer. Ob er alleine mit ihr gesprochen habe. Nein, ein weiterer Kollege des BKA, Herr Villach, habe hauptsächlich mit ihr gesprochen. Die Verteidigung fragt nach dem damaligen Aussehen der damaligen Lebensgefährtin und der BKAler gibt eine grobe Beschreibung. Wie er sich vorbereitet habe? Hauptsächlich durch seine Erinnerungen und das Lesen der Unterlagen, war seine Antwort. An wie vielen Hausdurchsuchungen er seitdem beteiligt war? Geringer zweistelliger Bereich, war die Antwort. Wie es denn sei, dass sich der Zeuge nach acht Jahren an diese Hausdurchsuchung erinnern könne? Er wüsste es nicht. Ob er sich an die darauffolgende Hausdurchsuchung erinnern könne? Nein, der Zeuge konnte es nicht. Ob sich dieser überhaupt an eine desselben Jahres erinnern könne? Nein. Wieso dann gerade an diese? Wegen der Ladung und weil er sich an die Kunst, die auf dem Laptop der Lebensgefährtin zu sehen war, erinnern könnte. Wie viele Fenster das Wohnzimmer hätte und in welche Richtung diese zeigten, war die nächste Frage. Das wüsste er nicht mehr. Auch zur Einrichtung des Wohnzimmers konnte er nichts sagen, außer dass sich dort ein Schreibtisch auffand. Auf die Frage, wo im Zimmer sich den der Tisch befand, konnte der Zeuge keine Antwort geben, nur dass es viele Unterlagen gab. Er bestätigte, dass er kein konkretes Bild mehr vom Wohnzimmer hatte, aber das Protokoll und den Durchsuchungsbericht gelesen habe. Die Verteidigung fragte, ob dort die Größe der Wohnung aufgeschrieben ist. Er bestätigte dies. Ob er dies vor dem Lesen der Berichte gewusst hätte? Der Zeuge antwortete, er hätte es aus der Erinnerung, die er hat, geschätzt.

Der Richter fragte den Zeugen nach einer Skizze, die der Zeuge von der Wohnung gemacht habe. Der Zeuge bestätigte die Urheberschaft dieser und dass diese nicht nach Maßstab gefertigt wurde. Nachdem auf der Skizze drei Tische im Wohnzimmer zu sehen waren, konnte der Zeuge den Tisch ausmachen auf dem der Zettel mit den sogenannten Thesen sich befand. Die anderen Tische erkannte er nicht. Der Zeuge wird entlassen.

Zum Augenschein wird eine Videoaufnahme gezeigt, bei der eine nicht identifizierbare Person zu sehen ist, alle sind sich darüber einig, dass man nicht sagen kann, wer zu sehen ist.

Als nächstes gibt die Verteidigung eine Erklärung ab, nämlich dass das BKA nicht in der Lage war, zur inneren Struktur der RAZ etwas zu sagen. Weder wie diese intern funktionieren, handeln, wer alles in diesen Mitglied war, noch ob es Außenstehende gab, die einbezogen wurden, ob nach dem Dreiecksprinzip usw. Bezüglich der Erscheinungsdaten der radikal habe sich das BKA auf die Auskünfte von BfV und LKA Berlin verlassen. Also, alles nur Spekulation.

Der Richter verlas als nächstes das Pressekommuniqué/Mail der RAZ zur Patronenversendung, von der Zelle Georg von Rauch, am 18.03.11. (den Text kann man im Internet finden, hier ein Link)

Danach wird noch ein Fax von der Rechtsabteilung von GMX verlesen, das eine Tabelle zu den Bestandsdaten des E-Mail-Accounts enthält. Ein Schreiben von Vodafone an das BKA wird ebenfalls verlesen, wo es um das Auskunftsersuchen zu einer IP-Adresse geht, die von Vodafone nicht wiedergegeben werden kann. Auch wird die Strafanzeige des Hauptkommissars Chimchak (keine Ahnung, wie der Name richtig geschrieben wird) zu der Brandstiftung an dem Jobcenter Wedding 2009. Auch der Tatortbericht vom 08.01.2010 wird verlesen. Mittagspause bis 13 Uhr.

Nach der Mittagspause war die nächste Zeugin eine dipl. Psychologin und Schriftsachverständige, die ein Gutachten vom 29.08. erstellt hatte. Der Richter fragte sie zunächst nach ihrem beruflichen Werdegang. Sie habe 1976 an der Uni Mannheim Psychologie studiert und sei dort auf den Schriftpapst für forensische Schriftuntersuchung in Deutschland gestoßen. Ihre erste behördliche Anstellung habe sie dann 1985 beim bayerischen Kriminalamt gehabt und sei dann zum BKA gewechselt, wo sie seit 2008 den Bereich der Handschriftenuntersuchung geleitet hat. Bei dem konkreten Gutachten habe es sich um einen Auftrag des BKA gehandelt, das ihr fragliches Schriftmaterial zugesandt hatte. Darunter befand sich altes Material, das sie bereits untersucht hatte, sowie neues und die Frage war, ob bei diesem Material ein oder mehrere Urheber in Betracht kommen würden. Das fragliche Material wurde an eine Leinwand projiziert. Der Richter fragte nach der Qualität des Materials, worauf die Zeugin meinte, das Material sei hinreichend auswertbar gewesen bis auf ein Dokument, das eine Kopie war, wo es immer gewisse Einschränkungen gäbe, da Manipulationen nicht nachgewiesen und somit nicht ausgeschlossen werden können. Bei einem Dokument sei ein flüssiges Schreibmittel verwendet worden, was auch nicht so gut auswertbar war, wie beispielsweise ein Kugelschreiber. Sie geht auf Details ihres Faches ein, wobei von der Annahme ausgegangen wird, dass es keine zwei identischen Handschriften auf der Welt gibt, da ab dem Erlernen der Schulschrift jeder Mensch eigene Merkmale in seiner Schrift entwickelt. Der Richter fragte, ob desto länger ein Text ist, desto besser die zu erhaltende Information sei. Die Zeugin bejahte dies. Die angewendete Methodik sei wissenschaftlich anerkannt und es wird nach allgemeinen und besonderen Merkmalen in der Schrift gesucht, dabei ist Kombination aller Merkmale von Bedeutung (z.B. Schriftlage, -weite, Größe und Höhe der Buchstaben, usw., und die Kombination all dieser Merkmale). Am Ende werde aus den Einzelbewertungen eine Gesamtbewertung gemacht, was dann zu einem Schluss führe, ob es sich um identische Urheber der Schriften handelt. Dieser Schluss sei immer Wiedergabe einer subjektiven Wahrscheinlichkeit eines Gutachters (empirische Wissenschaften). Der Richter fragte, nach welchen Kriterien Schlussfolgerungen gemacht werden. Die Zeugin sagte, sie schreibe das im Gutachten nie detailliert auf, aber sie habe hier exemplarisch eine Liste mit Buchstaben mitgebracht. Diese händigte sie dem Gericht aus. Sie erklärt noch, dass Schrift nie statisch sei, sondern sie immer Varianten hat, alles andere würde auf Fälschung hinweisen.

Mitten in den Ausführungen der Zeugin wies die Verteidigung darauf hin, dass sie überfordert war, dass man hier Unterlagen bekommen habe, zu denen man keine vorherige Einsicht hatte und quasi wenig bis nichts verstehe. Deswegen wurde ein anderer Termin für diese Zeugin verlangt, so dass eine umfassende Auswertung erstellt und den Prozessbeteiligten zugänglich gemacht werden kann. Der Richter fragte, wie lange sie für eine Auswertung brauchen würde. Die Zeugin konnte dies nicht genau beantworten und verwies auf eine Kollegin. Deren Telefonnummer wurde auf Bitten des Staatsanwalts, da auch wir im Saal sitzen, dem Richter schriftlich überreicht, nachdem sie schon begonnen hatte ihm diese mündlich mitzuteilen. Bevor sie entlassen wurde, teilte sie noch Zettel mit der Schrift von Oliver Rast aus. Die Einvernahme der Zeugin wurde unterbrochen, um diese zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Der Verhandlungstag endete um 13:45 Uhr.

Der nächste Prozesstermin ist am 21. September um 10:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.

 


 

Prozessbericht vom 15. Verhandlungstag

Vorab, der nächste Prozesstag, also am 23.09.21 fängt nicht um 09:00 Uhr, sondern um 10:00 Uhr an.

Heute am 21.09.21 fand der 15. Prozesstag im Fall RAZ-RL-radikal statt. Im Verlauf des Tages waren fünf solidarische Personen anwesend.

Um 09:05 Uhr fing die Sitzung an und der erste Zeuge des Tages war ein Matthias (evtl. Mates, aber Namen sind hier vermutlich noch stärker als ohnehin schon nur Schall und Rauch) Kassel, 45 Jahre alt, Verwaltungsbeamter, Dienststelle Weißenfels (Sachsen-Anhalt). Ein ehemaliger Angestellter des BfV, jetzt in der Bundeswehr tätig.

Die Richterschaft begann den Zeugen zu befragen. Dem Zeugen war es bekannt, worum es in diesem Prozess ging und dass er an einer Observation teilgenommen hatte. Er hätte aber keine Erinnerungen mehr, was diese angeht, es sei zu lange her. Er habe an einem Treffen teilgenommen, wo er auf die Abläufe vor Gericht vorbereitet worden sei. Des Weiteren seien ihm die Zusammenhänge im Fall nicht mehr bekannt, diese würden ihm nichts mehr sagen. Er habe auch einen Bericht über die Abläufe erhalten. An die Observation von 2010 selbst habe er keine Erinnerungen mehr, er habe an mehreren Observationen teilgenommen. Dass ein Teleshop und ein Coffeeshop überwacht worden seien, daran könne er sich auch nicht mehr erinnern. Die Richterschaft fragte auch, ob er an anderen Observationen in Berlin teilgenommen habe, dazu machte der Zeuge keine Aussage, weil ihm keine Aussagegenehmigung vorliege. In dem Bericht, den er erhalten hatte, gehe es nur um das Verhalten vor Gericht und das Gesprächzur Vorbereitung sei ein Einzelgespräch gewesen mit Kollegen habe er auch nicht über den Fall gesprochen.

Die Verteidigung fragte den Zeugen, ob dieser noch im BfV tätig sei, was dieser verneinte, denn er sei jetzt in der Bundeswehr. Warum der Zeuge, im Gegensatz zu seinen ehemaligen Kollegen, nicht verkleidet war, darauf durfte dieser keine Angaben machen. Ob das Gespräch, was er hatte, mündlich, also von Angesicht zu Angesicht, gewesen sei, bejahte dieser. Ob dieses Gespräch mit Mitarbeitern des BfV gewesen sei, dazu machte der Zeuge keine Aussage. Warum er dies denn nicht machen würde, sprich eine Aussage, dazu antwortete dieser, es liege im keine Aussagegenehmigung vor. Wie sei die Vorbereitung der Abläufe gewesen, fragte die Verteidigung als nächstes. Es seien nur förmliche Sachen gewesen. Welche diese denn gewesen wären, war die nächste Frage. Wie das Verhalten vor Gericht sein sollte, wo er sitze werde, antwortete er. Wie lange habe dieses Treffen gedauert? Dazu machte der Zeuge keine Aussage wieder mit Verweis auf seine Aussagegenehmigung. Die Verteidigung bemerkte als nächstes, dass normale Zeugen ja eigentlich nicht geschult werde. Dazu meinte der Richter, dass Polizeibeamte schon geschult werden würden und der Staatsanwalt äußerte, dass dies nichts mit der Sache zu tun hätte. Daraufhin fragte die Verteidigung den Zeugen, ob dieser denn überhaupt vorbereitet werden wollte. Dieser verneinte die Frage, denn es gehe ja eigentlich um die eigenen Erinnerungen, die er selbst zum Fall habe. Nachdem der Zeuge die Frage, ob das, gemeint ist die Einladung zum Vorbereitungsgespräch, also von den uns unbekannten Personen, mit denen das Gespräch geführt wurde, komme, erneut nicht beantworten wollte, wegen seiner Aussagegenehmigung, wollte die Verteidigung als nächstes wissen, ob der Zeuge die Aussagegenehmigung dabei habe, denn die Verteidigung hätte sich diese gerne mal angeschaut. Der Zeuge antwortete, dies sei nur nach einer Rücksprache möglich (wir denken, er meinte wohl mit seiner ehemaligen Dienststelle). Daraufhin merkte er der Richter an, dass die Aussagegenehmigung dem Gericht ja vorliege und überreichte diese der Verteidigung. Die Verteidigung fragte ob, dieser nicht gesagt haben sollte, dass er das Behördenzeugnis nicht zur Verfügung gehabt habe, in der Aussagegenehmigung stehe etwas anderes. Dazu keine Antwort. Ob dem Zeugen diese überhaupt gegeben wurde? Keine Antwort. Sollte diese der Fall sein, so die Verteidigung, würde die Aussagegenehmigung nicht stimmen, auch gebe es keine Unterschrift und es sei nicht ersichtlich, welche Behörde diese Genehmigung ausgestellt habe, auf welcher Rechtsgrundlage könne man dies rechtfertigen? Keine Aussage. Wie lange das Gespräch gedauert haben sollte? Der Richter intervenierte und sagte diese Frage sei schon gestellt worden. Die Verteidigung beendet die Vernehmung des Zeugen mit dem Satz, „beenden wir diese Farce“. Der Richter entlässt den Zeugen.

Die Verteidigung fragte, ob dies der letzte Zeuge der Observation gewesen sei. Dies wurde von der Richterschaft bestätigt. Darauf wünschte die Verteidigung eine Erklärung abzugeben. Nämlich, dass zehn Zeugen unisono keine Erinnerungen hätten, diese kollektive Totalamnesie sei vom BfV orchestriert, warum dies so sei, darüber will die Verteidigung nicht spekulieren. Der ans Paranoide grenzende Ton habe sich verschärft, auch nachdem grobe Beschreibungen von Beamten des BfV im Netz aufgetaucht sind, die, auch wenn das BfV anderes behauptet hat, nicht zu der Identifizierung dieser beitragen würden. Die Verteidigung kenne das Verhalten der Mitarbeiter von Behörden wie BKA, LKA, BfV, weil sie diese auch ihrerseits des öfteren vernommen gehabt habe. Normalerweise haben die Zeugen die verdeckt ermitteln, Observationen durchführen, ein souveränes Verhalten, denn in ihrem Job müssen sie schnelle Entscheidungen treffen, sich unbemerkt bewegen können. Doch alle Zeugen, bis auf einen, die vorgeladen wurden, waren paranoid, ängstlich, haben nervöses Verhalten vor Gericht gezeigt. Diese Mitarbeiter seien doch eher vom Innen- als vom Außendienst. Diese Zeugen sind jetzt und waren auch damals, keine die an Observationen teilgenommen haben. Warum dies so ist, lässt sich nicht erklären.

Weiter fragte die Verteidigung, ob nicht alle Aussagen die aus Erkenntnisse des BfV stammen, seien diese direkt oder indirekt, ignoriert werden müssten, da diese nur mutmaßlicher Art seien. Die Richterschaft fragt die Verteidigung, was damit konkret gemeint wird? Dazu antwortete die Verteidigung, die Vergleichskopien (zur Feststellung aus welchen Kopierer angeblich Kopien stammen) seien gemeint, wie es denn dazu gekommen sei, denn die nächste Zeugin Frau Alice werde dazu evtl. ausholen und vermutlich nicht nur aus ihren eigenen Ermittlungen sprechen, sondern auch von Informationen, die man beim BKA vom BfV erhalten hätte. Dazu äußerte sich auch der Staatsanwalt, dass diese Rechtssicherheitsargumentation nicht nachvollziehbar sei, da die kommende Zeugin ihre Erinnerungen schildern würde. Die Verteidigung bezog sich auf einen Bericht der Zeugin Frau Alice. Die Richterschaft erklärte, dass es noch zu klären sei, woher denn die Erkenntnisse kommen würden und es noch Fragen gebe, wozu die Zeugin alles aussagen müsse. Danach wurde die Sitzung unterbrochen.

Pause bis 13:00

Nach der Pause verlas der Richter eine Mail vom 11.08.21 einer Frau Kunckel. Dabei handelte es sich um einen Vermerk, dass das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg ein striktes Löschverfahren mit kurzen Löschfristen habe, das auch für Dokumente gelte, die an andere Landesämter weitergegeben werden. Daher lasse sich aus den Dokumenten nicht mehr rekonstruieren, wer mal an welcher Maßnahme beteiligt war. Es könne nur ein Behördenzeugnis ausgestellt werden

Die Zeugin Ulrike Alice wurde dann aufgerufen, 53 Jahre alt, Dienststelle Meckenheim, BKA, sie wüsste worum es geht. Sie hätte viele Vermerke während der Ermittlung gemacht, so der Richter und diese wären jetzt von Bedeutung, so weit sie nur aus ihren eigenen Erinnerungen erzählt und sich nicht auf die damaligen Informationen des BfV stützen würde.

Nun am 23.03.10 ging die Zeugin Alice mit einem Kollegen, den Herrn Nollte, in zwei Copyshops, um Vergleichskopien anzufertigen. Sie hatten die Infos dazu am Vortag vom VS erhalten und fertigten diese Vergleichskopien an. Zunächst Leerkopien, d.h. ohne ein Blatt einzulegen, dann mit Kopiervorlagen, also ein weißes Blatt wurde kopiert und schließlich wurde ein Blatt mit Text kopiert. Auf die Frage, um was für einen Text es sich gehandelt hätte, da hatte sie keine Erinnerung mehr. Sie war also nun in den Läden mit dem Kollegen, in einem war nur ein Kopierer vorhanden (Kaffeeladen) und im Kopierladen (Copyshop) waren acht Kopierer vorhanden, nummeriert und man bekommt einen zugewiesen. In beiden Fällen handelte es sich um Geschäfte, die in der Wrangelstraße in Berlin-Kreuzberg sind. Bei der Nachfrage wie viele Kopierer im Laden vorhanden seien, meinte die Zeugin es hätte sich aber auch um neun Stück handeln können, sie wüsste es aus der Erinnerung nicht mehr wirklich. Der Richter liest aus dem Bericht vor, dass es sich um acht gehandelt habe. Das Anfertigen der Vergleichskopien und das Verhalten in den jeweiligen Läden sollte so unauffällig wie möglich sein, da man verdeckt arbeitete, nicht auffallen wollte, da es ja sein könnte, das Angestellte der Läden die verdächtige/zu observierende Person kennt usw. Im Kopierladen wurden die Kopien nur an einem Kopierer gemacht, man wurde ja zugewiesen. Die Richterschaft fragte darauf, ob dann der Erfolg der Recherche nicht davon abhänge, an welchem Kopiergerät man die Vergleichskopie anfertige? Ja, sie hätten das vom Ergebnis des Gutachtens abhängig gemacht. Und was wäre bei einem negativen Ergebnis passiert, ob dann aus den anderen Kopierern Vergleichskopien gefertigt worden wären? Ja, vermutlich hätte man dann gegebenenfalls bei den anderen Kopierern Vergleichskopien gemacht. Die nächste Frage der Richterschaft zielte auf die Ergebnisse des Gutachtens ab, worauf die Zeugin antwortete, dass sich aus den Vergleichskopien habe feststellen lassen, dass sie genau an dem Gerät gemacht worden wäre. Die Richterschaft fragte auch nach dem Hersteller der Geräte, die im Kopierladen vorhanden waren, es handelte sich ausschließlich um Kopierer der Firma Canon, so die Zeugin.

Nun setzte die Verteidigung mit der Befragung an die Zeugin fort und wollte wissen, woher die Information an das BKA gekommen sei, auf welchem Wege. Das BfV hätte telefonisch Kontakt mit dem BKA aufgenommen. Wann dies gewesen sei? An das Datum konnte sich die Zeugin nicht erinnern. Wie lange der Zeitabstand zwischen Telefonat und Überprüfung gewesen sei? Daran konnte sich die Zeugin nicht erinnern. Ob Informationen über die Läden gesammelt wurden, bei denen die Vergleichskopien gemacht wurde, wurden diese aufgeklärt? Sie wüsste nichts davon, ob dies stattgefunden habe. Gebe es dafür spezielle Gründe? Warum wurde denn nicht vorher aufgeklärt, wie viele Kopierer es im Laden gab? Das wisse sie nicht. Hatte sie Informationen, an welchem Kopiergerät die Vergleichskopien anzufertigen seien? Nein, das glaube sie nicht, das hätte sie dann aufgeschrieben. Auch in Bezug auf eventuelle weitere Kopien, alles mögliche hätte passieren können, schon aufgrund des Wartens auf die Ergebnisse des Gutachtens. Warum wurde denn solange gewartet? Die Zeugin hatte dazu keine Antwort. Seien denn örtliche Kollegen vom BKA mit dem Anfertigen weiterer Kopien oder anderen Aufgaben beauftragt worden, sei das erwogen worden? Sie wüsste es nicht mehr, antwortete sie. Ob die Zeugin überrascht gewesen sei, so viele Kopierer im Laden vorzufinden, auch daran könnte sie sich nicht mehr erinnern. Da sie ja Ermittlungsführerin gewesen sei, ob das Anfertigen von den Kopien im Team besprochen wäre? Weiß ich nicht mehr, war die Antwort.

Sie wäre doch im Ermittlungsteam im Falle der MG (Militanten Gruppe) gewesen. Ja, das sei richtig. Ob es auch in diesen Ermittlungen eine Undercoveruntersuchung gegeben hätte? Der Staatsanwalt intervenierte und sagte, dass dies nichts mit dem Prozess zu tun habe. Die Verteidigung könnte dies erläutern, wenn die Zeugin den Saal verlasse und erinnerte an den Antrag des ersten Prozesstages. Um dies zu klären unterbricht der Richter die Verhandlung.

Nach ca. 20 Minuten ging die Verhandlung um 13:40 Uhr weiter.

Die Verteidigung fragte die Zeugin, ob es während der Ermittlungen im MG-Verfahren auch Undercoveroperation des BKA gegeben habe. Sie wüsste nicht, was damit gemeint sei, antwortete die Zeugein. Ob es Akten gegeben habe, die nur für das BKA waren, also Akten, die nicht in den Gerichtsakten auftauchten. Die Zeugin schweigt dazu. Die Erststellung eines Beitrages zur Militanzdebatte in der Interim, bekannt als die zwei aus der Muppetshow, stammte doch vom BKA. Wenn sie das als Undercoveroperation bezeichnen, ja dann stimme dies, so die Zeugin. Eine detaillierte Aussage wäre gut, da nicht alle im Saal Anwesenden mit dem MG-Verfahren vertraut sind. Es habe sich dabei um einen Beitrag zur Militanzdebatte gehandelt, der von Mitarbeitern des BKA erstellt wurde und als Verfasser seien die zwei aus der Muppetshow angegeben worden. Ob dies auch so in den Akten vermerkt worden sei? Wahrscheinlich nicht, antwortete die Zeugin. Hatten sie Kenntnisse über diese Operation, fragte die Verteidigung. Ja, sie habe irgendwann welche dazu erlangt. Ob es dazu auch im BKA Besprechungen gegeben habe. Sie bejahte dies. Ob es dazu Besprechungen gab, wo es darum ging ob all dies in den Akten auftauchen sollte? Dies wüsste sie nicht mehr. Ob dies damals gang und gäbe gewesen sei, das Akten manipuliert wurden, da sie sich gar nicht mehr erinnern könne? Dies sei der Zeugin nicht kundig. Also es würde sich hier um ein Unikat handeln, fragte die Verteidigung. Die Zeugin ging davon aus.

Wie sei es danach gewesen, als dies aufflog? Keine Antwort. Weil ja damals Herr Damm als Zeuge aussagte, dass zwei Akten geführt wurden, wodurch diese Doppelaktenführung herauskam und publik wurde.

Die Richterschaft fragte, ob es nur diese Maßnahme gegeben habe, oder ob es sich hier um mehrere handelt. Die Verteidigung antwortete, es seien mehrere gewesen, weil das BKA interne Akten geführt habe und die, die sie der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft damals gaben andere waren. Die Frage des Richters, ob sie das noch wisse, verneinte die Zeugin. Die Verteidigung fragte weiter, ob sie nicht mehr wisse, dass Kollegen von ihr, diesen Beitrag bewertet und analysiert haben, dahingehend ob dieser authentisch sei. Die Zeugin antwortete, nein, das wüsste sie nicht mehr und in dem Referat in dem sie tätig war, seien solche Dinge nicht ihre Aufgabe gewesen, man habe sich mit anderen Dingen befasst. Wurde denn darüber in und von ihrem Referat dazu ermittelt? Die Zeugin antwortete sie sei Ermittlungsführerin zu der Ermittlung gegen Personen gewesen. Ob all dies Folgen nach sich gezogen habe, fragte die Verteidigung, ob es in diesem Verfahren ähnliche Vorgänge gegeben hatte? Ob es eine Genehmigung von der Bundesanwaltschaft dazu gegeben habe? Die Zeugin wusste dies nicht. Ob es in diesem Verfahren ähnlichere Vorgänge gegeben hätte, Ermittlungen die nicht in den Akten auftauchen? Dies wusste die Zeugin nicht. Gäbe es denn Sicherheitshinweise, Sicherheitsmaßnahmen, die so etwas verhindern würden? Der Zeugin wäre dies nicht bekannt. Ob es denn Anweisungen an das Ermittlerteam gab, damit so etwas nicht mehr passieren würde? Keine Ahnung, aber sicherlich wurde so etwas besprochen, was konkret wüsste die Zeugin nicht.

Der Staatsanwalt fragte noch, ob die Zeugin noch konkret etwas in den Ermittlungen getätigt hätte, was noch nicht zur Sprache gekommen sei, außer dass sie Berichte zusammengefasst habe. Die Antwort darauf war nein, alles was mit der Zeugin direkt zu tun hatte, wäre schon berichtet worden. Die Richterschaft entließ die Zeugin.

Daraufhin fragte die Richterschaft ob noch Erklärungen abgegeben werden sollten? Die Verteidigung bejahte dies, nämlich zwecks der Produktionseinheit des Canon Kopierers, des BfV, der Schrift, der Erkennung von Personen auf dem Video – die Kammer hat sich diesbezüglich noch nicht entschieden. Zu dem Handschriftengutachten erklärte das Gericht, dass es die Mitteilung bekommen habe, dass es bis zum 20.10. dauern werde, bis das Gutachten angefertigt ist, dann müsse die entsprechende Zeugin erneut geladen werde. Auf die Frage der Verteidigung, ob das Gericht eine Zwischenmitteilung/-fazit abgeben werde, erklärte der Richter, dass die Kammer vorhabe nach der Zeugenvernehmung am 5.10. zusammenzutreten, um zu klären wo sie stehen und das auch transparent machen werde, vermutlich dann am 19.10.

Der Richter beendet die Sitzung um 14:00.

Der nächste Prozesstermin ist am 23. September um 10:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.

 


 

Prozessbericht vom 16. Verhandlungstag

Um 10:05 Uhr begann der 16. Verhandlungstag am Donnerstag den 23. September 2021. An diesem Tag zeigten sechs Personen ihre Solidarität mit dem Beschuldigten durch ihre Anwesenheit im Gericht.

Als erster wurde der Zeuge Steffen Binder vorgeladen. Dieser ist ein Polizist aus Magdeburg, vom LKA Sachsen-Anhalt und 50 Jahre alt. Als die Richterschaft ihn nach dem Grund für seine Einladung fragte, antwortete dieser, dass er wüsste worum es gehe, dass er auch den Observationsbericht, um den sich im Laufe des Tages noch vieles drehen wird, unterschrieben hätte und dass es um eine Observation in Berlin gehe. Zur Frage, ob er sich an den Einsatz erinnern würde, sagte dieser, dass er dies täte, wenn auch nicht in Gänze, dass er auch nochmals zu dem Fall was gelesen hatte. Die Richterschaft sagte auch, sie habe mit dem Zeugen telefoniert und dieser fügte hinzu, dass teils teils durch die Akten, aber auch durch das Telefont, Erinnerungen aufgetaucht seien.

Um zu beleuchten, worum es geht, begann der Zeuge mit seiner Schilderung von den zwei Ereignissen, die sich ihm nach eigener Aussage eingeprägt hätten. In der Nacht vom 17. auf den 18. März 2011 oder vom 16. auf den 17. März, der Zeuge war sich nicht mehr ganz sicher, soll Cem angeblich mehrere Briefumschläge eingeworfen haben. Dies soll in der Nähe der Frankfurter Alle passiert sein. Das Format der Umschläge sei A4 gewesen, vermutlich beinhalteten sie Zeitschriften. Die observierenden Beamten hätten diese Umschläge markiert und etwas nachgeworfen, wodurch sie am nächsten Tag, die entsprechenden Umschläge identifizieren wollten, als sie sie rausholten. Ob der Zeuge dies mit seinen eigenen Augen gesehen habe, fragte die Richterschaft als nächstes. Dies sei nicht so gewesen, er habe es über den Funk mitgehört. Als nächstes wurde gefragt, ob der Zeuge die Observation koordiniert habe. Dies sei der Fall gewesen, so die Antwort, er sei die ganze Zeit in unmittelbarer Nähe gewesen und könne auch noch den Namen des Kollegen nennen, der den Vorgang beobachten haben will. Die Richterschaft wollte wissen, soweit es die Aussagegenehmigung erlauben würde, ob der Zeuge doch bitte schildern könne, wie so eine Observation von statten gehe und was dieser gehört haben soll. Der observierende Kollege schildere über Funk, was dieser sehe. Und was hätte dann der Zeuge gemacht, fragte die Richterschaft? Dieser würde taktische Überlegungen, bzw. Entscheidungen treffen, wie weiter vorzugehen sei. Ob der Zeuge Notizen gemacht hätte? Die Verteidigung intervenierte darauf und sagte dass der Vorgang von Überwachungen im Allgemeinen bekannt seien. Die Richterschaft will diese Fragen aber dennoch stellen, wer habe dies nun gesehen, fragte sie weiter. Ein Florian Karacheck (oder Karasek). Arbeitet dieser noch in der Behörde? Ja, antwortete der Zeuge. Was sich dem Zeugen denn ansonsten noch von der Observation eingeprägt hätte? Er wisse nicht mehr genau an welchem Tag, es sei auf jeden Fall nachts und am Kottbusser Tor in Kreuzberg gewesen, der Angeklagte sei in ein Internetcafé reingegangen und habe sich mit seinem Notebook in das dortige WLAN eingeloggt. Der Zeuge könne sich daran erinnern, weil aus den Ermittlungen des BKA herausgekommen sei, dass über dieses WLAN-Netz ein Kommuniqué verschickt worden sei. Wie viele Tage später habe er dies vom BKA erfahren, fragte die Richterschaft. Einen Tag später. Ob an dem Tag auch über Funk kommuniziert worden sei. Ja und er wüsste noch, welcher Kollege die Observation durchgeführt habe, dieser sei aber inzwischen verstorben. Nahmen andere Kollegen an der Observation direkt teil? Der Zeuge sagt, er könne sich nur an diesen erinnern. Im Bericht seien ja Vermerke vorhanden, sagte die Richterschaft. Ja, dies wäre richtig, die wären im Nachhinein gemacht worden. Woher der Zeuge denn wüsste, dass der Angeklagte derselbe von damals sei? Dieser antwortete, er würde ihn wiedererkennen, da er ihn zwei Wochen lang observiert habe und während der Observation habe er ihn auch selbst gesehen. Ob er sich an irgendwelche Details erinnern könne? Er soll diesen, den Angeklagten, in der U-Bahn, zu Fuß gesehen haben, so alltägliche Sachen halt. Die Richterschaft wollte wissen, ob der Zeuge gesehen habe, dass sich der Angeklagte mit dem Notebook im Internetcafé in das WLAN eingeloggt hat. Nein, er habe dies nicht gesehen. Also wäre dies nur eine Schlussfolgerung, fragte die Richterschaft als nächstes. Ja, dies sei eine Schlussfolgerung. Ob er den Observationsbericht kennen würde? Ja, dies tat er. Wann wird so ein Bericht gefertigt? Normalerweise gleich, so der Zeuge, kann aber ein paar Tage gedauert haben, er wüsste es nicht mehr. Dieser beginne nämlich am 16.03.11 von 14:30 Uhr bis 22:00 Uhr setze sich am 17.03.11 von 13:45 Uhr bis 03:01 Uhr fort sowie am 18.03.11 von 14:13 Uhr bis 01:05 Uhr und zuletzt von 18:00 Uhr am 19.03.11 bis 02:30 Uhr am nächsten Tag. Ob der Bericht dann am 19.03.11 fertig gestellt worden sei, wie würde so etwas gemacht werden? Die Berichte würden jeden Tag verschriftlicht werden, wenn drinnen steh,t dass dieser mit dem 19.03 datiert ist, dann wurde es auch an diesem Tag gemacht. Die Richterschaft sagte, dass ihr bekannt sei, dass es auch interne Berichte gebe. Dies wäre richtig, antwortete der Bulle, aber diese sind wahrscheinlich schon vernichtet worden. Andere Zeugen, die an Observationen teilgenommen haben, fügte die Richterschaft hinzu, haben ähnliches erzählt. Der Zeuge soll doch bitte was vom verstorbenen Kollegen erzählen, Herr Pitsch, ob dieser ein versierter und erfahrener Ermittler gewesen war. Dieser sei damals schon seit fünf Jahren dabei gewesen und soll ein guter Ermittler gewesen sein, lautete die Antwort.

Zwecks des Verschriften der Berichte, wie würde dies gemacht werden, mache er sich Notizen während des Funkverkehrs? Unterschiedlich, der Zeuge habe ein Aufnahmegerät dabei gehabt und am Abend die Erkenntnisse verschriftet. Die Richterschaft wüsste von anderen Verfahren, dass nach so einem Einsatz, die Kollegen in Berlin sich in der Regel zusammen hinsetzen und diesen besprechen würden, wegen eventueller Unklarheiten. Normalerweise, antwortete der LKA Beamte aus Sachsen-Anhalt, würden Unklarheiten während der Observation geklärt werden. Aber auch später mit den Kollegen.

Nochmals zurück zum Café und den Erinnerungen daran, was würde der Zeuge unter einen Internetcafé verstehen, fragte die Verteidigung nun. Eine Bar mit Internet, wo man was trinken und auch arbeiten kann. Es gebe ja auch solche, wo schon Geräte vorhanden sind und solche, wo man die eigenen mitbringen kann, sagte die Verteidigung als nächstes.. Der Zeuge wüsste dies nicht mehr, wie das dort gewesen sei. Könne es sich auch um eine normale Kneipe gehandelt haben? Ja, könne es. Welcher denn der Name sei? Es wüsste es nicht mehr. Wie denn nun die Kommunikation zwischen dem Zeugen und den Kollegen gewesen sei? Gab es eine Standleitung? Der Zeuge antwortete, dass diese möglich war und er habe die Mitteilungen des Kollegen vollständig in den Bericht geschrieben. In dem Observationsbericht seien drei Sequenzen verfasst worden, ob diese vom Kollegen stammen? Der Zeuge geht davon aus. Ob er es denn nicht mehr wüsste, wollte die Verteidigung wissen. Da es zehn Jahre her war, könne er sich nicht mehr daran erinnern. Ob es eine längere Fassung geben würde? Nein, es gebe nur eine weitere mit der jeweiligen Zuordnung der unterschiedlichen Observatoren. Wie sei es mit den Aussagen von Herrn Pitsch? Diese wurden aufgenommen. Die Observation vom Café habe über eine Stunde lang gedauert, wieso stünde dann so wenig im Bericht darüber, wenn doch alles vollständig darin aufgenommen worden sei? Es sei nicht mehr gesehen worden als dort niedergeschrieben wurde. Weil verdeckt ermittelt wurde und man halt nicht auffliegen will, fügte er auf Nachfrage der Verteidigung hinzu. Ob die konkrete Basis für die Behauptung des Zeugen eine Erinnerung oder eine Vermutung sei, wollte die Verteidigung als nächstes wissen. Eine konkrete Erinnerung habe er nicht. Warum der Zeuge das denn dann hier berichten würde, wenn es sich nur um Vermutungen handele. Nun sollte der Zeuge aus der Erinnerung berichten, ob es bei der Observation Unterbrechungen der Wahrnehmungsmöglichkeiten des Kollegen gegeben habe. Dies sei auszuschließen, so der Zeuge, man habe den Angeklagten immer gesehen, wäre dies nämlich der Fall gewesen, sei dies vermerkt worden sein. Der Kollege soll aber im Bericht geschrieben haben, dass eine ununterbrochene Überwachung nicht möglich gewesen sein soll, sagte die Verteidigung. Das sei möglich, Herrn Pitsch habe dies zwei Tage nach dem Bericht als Vermerk aufgeschrieben, antwortete der Zeuge. Ob Herr Pitsch dem Zeugen von Unterbrechungen in der Beobachtung erzählt habe? Daran konnte sich der Zeugen nicht erinnern. Wie lange denn diese Unterbrechung gedauert haben soll? Der Zeuge wüsste es nicht mehr. Im Bericht stehen nur drei Uhrzeiten, kann es sein, dass nur zu diesen Uhrzeiten Wahrnehmungen gemacht wurden? Dies sei nicht möglich, aber er habe dazu keine konkreten Erinnerungen. Wenn er doch keine konkreten Erinnerungen habe, wie könne dann der Zeuge dies sagen, wollte die Verteidigung wissen? Dieser antwortete, wenn es eine Zeitlücke gebe oder stattfinde, dies vermerkt werden würde. Also habe der Kollege in bestimmten Momenten keine Überwachung machen können, fragte die Verteidigung. Dies sei möglich war die Antwort. Wie viele Menschen sich im Café aufgehalten hätten? Der Zeuge wusste es nicht mehr. Wie groß dieses sei? Nicht groß, es soll Platz für um die 20 Personen gehabt haben. Wie viele Menschen sollen in dem besagten Zeitraum drinnen gewesen sein? Er könne sich nicht mehr erinnern, dass der Kollege Pitsch sagen konnte, wie viele Leute im Café waren, aber er erinnere sich, dass da etwa zwei bis drei Leute drin gewesen sind. Wieso der Zeuge jetzt auf einmal eine Erinnerung daran habe, fragte die Verteidigung und fährt fort, dass im Bericht die Rede von mehreren Personen sei. Dies würde doch nach mehr als nur zwei bis drei Personen klingen. Waren Rechner vorhanden? Konnte man diese sehen? Der Zeuge könne dies nicht ausschließen. Wenn dann, müsste es Herr Pietsch gesehen haben. Wie es mit dem WLAN anderer Bars wäre? Ob dies untersucht wurde? Es soll in der Nähe Imbissläden gegeben haben, der Zeuge wüsste es nicht mehr. Ob dem Zeuge der Name Café Kotti was sagen würde, wollte die Verteidigung wissen. Der Name würde ihm was sagen, aber könne das jetzt nicht einordnen. Ob der Zeuge irgendwelche Erinnerungen an die Umgebung habe? Ob es sich hier um ein singuläres Haus handeln würde? Der Zeuge meinte, dass es diese mittels Google Maps zeigen könnte. Daraufhin antwortete die Verteidigung, dass man dazu alleine im Stande wäre. Der Zeuge gibt eine grobe Erklärung vom Kottbusser Tor ab, das Gebäude, in dem sich das Café befand, gehe um den Platz herum, zum Café musste man eine Treppe rauf auf eine Balustrade, es sei quasi im 1. Obergeschoss gewesen. Würde es sich hier um einen Hochhaus handeln? Ob viele Wohnungen vorhanden waren? Neubau, Altbau? Der Zeuge antwortete dass die Bauart aus den 70ern; 80ern stammen würde, es wäre kein „Zwanziggeschosser“, kein niedriges Haus. Ob Clubs in der Umgebung seien? Der Zeuge habe dazu keine Erinnerung, Imbissläden soll es gegeben haben.

Wenn also im ersten Stock eine Balustrade war, muss dies doch die Observation erschwert haben, gab es denn mehrere Zugänge dorthin? Eine Treppe im Außenbereich, es könnte sein, dass es mehrere Treppen gab, es sei ein weitläufiges Haus. Ob es auch mehrere Eingänge zum Internetcafé gab? Der Zeuge antwortete, dass er sich nur einen Eingang erinnere. Hatte der Kollege dies überprüft, fragte die Verteidigung? Dem Zeugen sei dies nicht bekannt.

Im Observationsbericht ist die Rede von drei Zeiten und man habe sich ja nicht neben den Beschuldigten hingesetzt, hatte es ausgereicht den Eingang zu überwachen? Der Zeuge sagte, dass dies prinzipiell so gewesen sei, der Laden habe zusätzlich auch große Fenster. Von wo wurde überwacht, wenn der Laden am ersten Stock gewesen sei? Die Überwachung soll im Außenbereich stattgefunden haben, von dort aus konnte man alles sehen. Auch den Angeklagten? Ja, auch ihn, antwortete der Zeuge. Würde es denn nicht auffallen, wenn eine Person, eine Stunde lang auf der Balustrade stehen würde, um diese Uhrzeit? Der Zeuge antwortete, dass das Kottbusser Tor ein belebter Ort sei und dort viel los sei, ob aber auf der Balustrade auch noch viel Betrieb war, könne er nicht mehr sagen. Aus dem Bericht könne man lesen, dass der Angeklagte rein ging und dann später raus ging, ansonsten nur eine Bemerkung, wieso? Er habe alles aufgeschrieben, was ihm der Kollege gemeldet hatte. Gab es denn evtl. nur eine Information und nur diese, weil es ansonsten nichts gab worüber man berichten konnte, fragte die Verteidigung. Dies könnte der Fall sein, vielleicht hatte der Kollege noch Beiläufiges gesagt, was der Zeuge nicht aufgeschrieben habe, so die Antwort. Irgendwelche konkreten Erinnerungen dazu? Er habe dazu keine, so der Zeuge.

Fast zuletzt fragte noch ein Schöffe, ob das Betreten des Internetcafés erst nach der Information des BKA von Relevanz gewesen sei und somit in den Bericht aufgenommen wurde? Der Zeuge bejaht die Frage.

Die Befragung ist vorbei und die Richterschaft entlässt den Zeugen.

Eine fünfminütige Unterbrechung wird ausgerufen.

Die Richterschaft, die an dem Ableben des Beamten Pitsch keinen Zweifel hegt, liest daher dessen Bericht vor. Dass nämlich Cem, am 18.03.11 um 00:15 in einer Bar, mit dem Rücken zur Wand saß und nicht gesagt werden kann, was er machte und ob jemand anderes Zugriff auf das Notebook hatte.

Die Verteidigung weist auf den Vermerk und sagt, dass es keine ununterbrochene Beobachtung gab, dass diese offensichtlich nur zu den drei im Bericht vermerkten Zeitpunkten möglich gewesen sei. Die Richterschaft nimmt es zu Protokoll und vermerkt dies. Die Verteidigung fügt hinzu, dass das, was vom Zeugen beschrieben wurde, nicht das vermeintliche Lokal war, wo sich Cem aufhielt, denn dieses, mittlerweile geschlossen, befand sich im Erdgeschoss. Die Richterschaft will dies überprüfen lassen.

Der Richter beendet die Sitzung um 11:07.

Der nächste Prozesstermin ist am 05.Oktober um 09:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.

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