[Italien] Solidarität mit den Angeklagten und Beschuldigten der Brenner Proteste

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Italien. Bozen. Am Freitag, den 14. Mai, wird am Gericht in Bozen das Urteil für die Vorfälle im Zusammenhang mit der Demonstration gegen die Grenzen vom 7. Mai 2016 am Brenner verkündet.

Ursprünglich veröffentlicht von EMRAWI. Bild oben: Auseinandersetzungen am Brenner am 07. Mai, 2016.

Für 63 Genoss*innen/Angeklagte hat die Staatsanwaltschaft insgesamt mehr als 330 Jahre Haft gefordert. Viele von ihnen werden wegen Artikel 419 des Strafgesetzbuches angeklagt, d.h. Verwüstung und Plünderung, ein undefiniertes Verbrechen mit zweideutigen Konturen, das immer häufiger in politischen Prozessen – im Zusammenhang mit Demonstrationen oder Gefängnisaufständen – verwendet wird, da es sich für paradoxe und akrobatische Interpretationen eignet, die eine einfache Beschädigung in eine Handlung verwandeln können, die unglaublicherweise zu Strafen von bis zu 15 Jahren Gefängnis führen kann. All dies auf der Grundlage des Ermessens des Richters.

Fünf Jahre nach diesem Kampftag sind die Gründe, die Hunderte von Genoss*Innen motivierten, in Brenner auf die Straße zu gehen, nicht gescheitert, im Gegenteil. Der strukturelle Rassismus und Neokolonialismus der westlichen Länder verursacht weiterhin den Tod und das Leiden von Tausenden von Männern* und Frauen*, in den Lagern in Libyen, auf dem Grund des Mittelmeers, durch die Unterstützung von komplizenhaften diktatorischen Regimen, durch den Verkauf von Waffen oder den Abwurf von Bomben, wo der Profit von Unternehmen und multinationalen Konzernen es erfordert. In Italien hingegen erschießen die Arbeitgeber einerseits versklavte Arbeiter auf den landwirtschaftlichen Feldern, wie es kürzlich in Apulien geschah, während andererseits die Staatsanwaltschaft aktiviert wird, um Arbeiter einzuschüchtern, die in den Streik treten, indem sie diejenigen ausländischer Herkunft erpresst, wie es in Piacenza geschah, wo eine Untersuchung gegen die örtliche Arbeiterbewegung unter anderem zur Einleitung einiger Verfahren zum Entzug der Aufenthaltsgenehmigung der Streikenden führte. In dieser erschreckenden Situation kriminalisiert das von Salvini und der 5-Sterne-Bewegung gewollte, aber von allen wichtigen politischen Kräften bereitwillig akzeptierte Sicherheitsdekret jede Form von politischem und sozialem Kampf mit jahrelangen Haftstrafen, indem es den Zustand, der bisher Ausländern mit oder ohne Papiere vorbehalten war, auf die gesamte Bevölkerung ausweitet. Darüber hinaus wurden, insbesondere während des Ausnahmezustands, in ganz Italien zahlreiche repressive Maßnahmen gegen Genoss*Innen, die sich mit den Inhaftierten solidarisierten, oder gegen Aktivist*Innen, die sich mit den Immigrant*Innen solidarisierten, orchestriert, da sie der Beihilfe zur illegalen Einwanderung beschuldigt wurden. Auf den Punkt gebracht wird das Prinzip bestätigt, wonach – in den Absichten der Macht – die Unterdrückung und Einschüchterung der Minderheit die Funktion hat, die Mehrheit gleichzuschalten.

Im Jahr 2016 wollte die österreichische Regierung – nach der Militarisierung der Brenner-Grenze – eine Sperre errichten, um Einwander*Innen daran zu hindern, nach Nordeuropa zu gelangen. Immer mehr Mauern und Barrieren entstehen überall auf der Welt, um die Privilegien einiger weniger gegen das Elend der Meisten zu verteidigen, und diejenigen, die an diesem Tag am Brenner auf die Straße gingen, hatten nicht die Absicht, sich abzuwenden oder so zu tun, als sei nichts geschehen, während ein paar Schritte von unseren Häusern entfernt Vorrichtungen installiert wurden, die das einzige Ergebnis haben würden, die Zahl der Toten unter den Verdammten zu erhöhen, die zu anstrengenden Fluchten und gefährlichen Reisen gezwungen sind, um eine menschenwürdige Situation zu suchen, in der sie leben können. Die x-te Maßnahme eines langen Krieges gegen die Armen, der im gleichen Zeitraum tägliche Gesichtskontrollen am Bahnhof in Bozen durch die Bereitschaftspolizei sah, bei denen diejenigen, deren Hautfarbe sich von der weißen unterschied, systematisch angehalten und kontrolliert wurden.

Jeder Kampf um die Durchsetzung eines Prinzips von Gerechtigkeit und Freiheit hat historisch einen Preis getragen, oft einen schweren für diejenigen, die gleichgültig geblieben sind gegenüber dem Leiden der Schwächsten und gegenüber den erstickten Schreien derer, die keine Stimme haben, um gehört zu werden. Wir haben gesehen, wie die Staatsanwaltschaft in Bozen entschlossen ist, ihn bezahlen zu lassen.
Es ist von grundlegender Bedeutung, dass man versteht, dass es in diesem Prozess nicht nur um die einzelnen angeklagten Menschen geht, sondern um Alle, denn wenn solche irrsinnigen Anklagetheorien durchgehen, könnte die nächste Person, die angeklagt wird, in den kommenden Zeiten, die gelinde gesagt schwierig sein werden, jeder sein, der aktiv gegen ein kapitalistisches Wirtschaftssystem kämpft, das die Umwelt und die natürlichen Ressourcen verwüstet und ausplündert – dies ja -, die immer tiefere Abgründe zwischen einer kleinen Minderheit von privilegierten Milliardär*Innen und Bourgeoisie und einer riesigen Masse von Proletarier*Innen graben, die immer mehr ausgebeutet und der restlichen Rechte beraubt werden, die in den Kämpfen der Vergangenheit hart erkämpft wurden, und die den Notmaßnahmen des Augenblicks ausgeliefert sind.

Lasst uns, unsere Solidarität mit den Angeklagten des Brennerpasses zeigen, und zwar auf die Art und Weise, die jede*r für die angemessenste hält.

Es gab auch einige Anzeigen sowie Prozesse gegen Mensch aus Österreich und Deutschland zu diesen Protesteten. Diese wurden allerdings mittlerweile bereits beendet.

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