(DE/EN) Zurück bleiben Trauer, Wut und Unverständnis

quelle: barrikade.info

— ENGLISH BELOW —

Dieser Text versucht die Geschehnisse rund um den Repressionsfall in Zürich aufzuarbeiten, bei dem ein ehemaliger anarchistischer Gefährte gegenüber der Staatsanwaltschaft den Verdacht auf andere Leute in seinem Umfeld gelenkt hat, um sich selbst zu entlasten. Es geht um Repression, Verrat und andere Abgründe.

Worum geht es?

Im Januar 2019 wurde in Zürich ein ehemaliger Gefährte verhaftet. Ihm wurden Brandanschläge auf Fahrzeuge der Armee im Jahr 2015 in Hinwil und auf die Notfunkstation Waidberg der Stadtpolizei Zürich im Jahr 2016 vorgeworfen. [1] Vor seiner Festnahme wurde der ehemalige Gefährte monatelang überwacht.

Im Knast reichte der Gefangene ohne Rücksprache mit seinem Unterstützer*innenkreis bei der Schlusseinvernahme, also bevor die Ermittlungen abgeschlossen waren, eine schriftliche Stellungnahme bei der Staatsanwaltschaft ein. Darin bestritt er etwas mit den ihm vorgeworfenen Brandstiftungen zu tun zu haben und lenkte dabei den Verdacht auf seine Freund*innen und Bekannte.

Daraufhin, im September 2019, gab die damalige Soligruppe, die sich um den Verhafteten gebildet hatte, in einem Schreiben ihre Entsolidarisierung bekannt. Erstens, weil in der Stellungnahme Aussagen gemacht wurden, die spezifisch gegen eine andere Person verwendet werden könnten (und sich der Gefangene dessen bewusst zu sein scheint). Zweitens, weil der Gefangene in der Stellungnahme den Verdacht explizit auf seinen Freundes- beziehungsweise Bekanntenkreis lenkte.

Nach einem knappen Jahr in U-Haft wurde der ehemalige Gefährte Mitte Dezember 2019 zu 42 Monaten Gefängnis verurteilt. [2]

Was will dieser Text?

Dieser Text ist eine Ergänzung zum Schreiben „Zur Einlassung des Gefangenen von Zürich“, [3] das die Ex-Soligruppe im September 2019 veröffentlicht hat. Die Überlegungen hier kommen allerdings nicht von der damaligen Soligruppe. Vielmehr sind sie in kollektiven Diskussionen eines erweiterten anarchistischen Zusammenhangs entstanden. In Diskussionen unter Menschen entstanden, die dem Gefangenen und der Soligruppe teils näher, teils weniger nahe standen und stehen, und die sich mit dem Vorgehen des Gefangenen auseinandersetzen und den Vorfall kollektiv aufarbeiten wollten.

Wir machen in diesem Text mehr Informationen zu dem Fall publik, als bisher öffentlich zugänglich war. Denn wir glauben, dies ist nötig und wichtig, damit sich auch andere mit den damit einhergehenden Fragen beschäftigen können. Sei es in diesem spezifischen Fall, oder um für die Zukunft daraus zu lernen. Dieser Text ist deshalb auch als Anregung zu verstehen, sich darüber hinaus mit den Themen Repression, Gefängnis und Verrat zu beschäftigen.

Wir werden darin Ausschnitte aus dem Statement wiedergeben, dass der Gefangene bei der Staatsanwaltschaft eingereicht hat. Es geht uns dabei aber nicht darum, darüber zu spekulieren, ob seine Aussagen wahr sind oder nicht. Das ist schlichtweg unwichtig. Es geht uns um den Fakt, dass er diese Aussagen so gemacht hat. Es geht uns darum, den Kontext dieser Aussagen möglichst deutlich zu machen: Dass sie gut überlegt waren, und gezielt andere Leute belasten, um den eigenen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Dass sie kein Halbsatz nach einem mehrstündigen Verhör waren – sondern ein geplantes, strategisches Vorgehen.

Was steht in dem Statement?

Zur Brandstiftung an Armeefahrzeugen auf einer militärische Einrichtung in Hinwil, behauptet der ehemalige Gefährte in seiner schriftlichen Stellungnahme, am Tag vor der Brandstiftung an dem besagten Ort gewesen zu sein, sich den Ort angeschaut und dabei den Zaun angefasst zu haben, um später „Plakate oder einen Schriftzug an diesen Fahrzeugen anbringen, um auch der Kritik an der Institution des Militärs Ausdruck zu geben.“ Deshalb müsse wohl seine DNA an diesem Zaun sein.

Weiter schreibt er: „Ich weiss noch, dass ich mich noch am selben Abend wieder zurück in Zürich mit Freunden in einer Bar traf, ich glaube, das war in der Gotthard-Bar an der Langstrasse. Dabei waren Leute, die ich teils besser, teils weniger gut kannte. Auch in dieser Runde kam das Gespräch auf die stattfindende Armeeübung (…). Ich weiss noch dass ich an diesem Abend mit einer Person sprach, die sagte, dass sie es angebracht fände, in diesem Kontext etwas Konkreteres zu machen. Ich erwähnte deshalb, dass ich an diesem Abend in Hinwil war und mir gedacht habe, man könnte dort vielleicht an den abgestellten Armeefahrzeugen Plakate oder Schriftzüge anbringen. Die Person kannte der Ort offenbar und ich erklärte an welcher Stelle ich mir den Zaun angeschaut habe. (…) Die andere Person hatte sich dafür interessiert, aber wir redeten nur darüber.
Schliesslich ging ich später nach Hause, ohne dass wir etwas konkreteres abgemacht oder geplant hätten. Als ich einige Tage darauf in der Zeitung gelesen habe, dass auf dieser Logistikbasis offenbar Armeefahrzeuge gebrannt haben, war ich sehr überrascht. Ich habe mich natürlich gefragt, ob das etwas mit dem Gespräch zu tun hatte, das ich an jenem Abend führte. Aber von Brandstiftung war an jenem Abend sicher niemals die Rede.

Zur zweiten, ihm vorgeworfenen Brandstiftung an einem Polizeifunkmasten in Zürich hat der Gefangene eine noch detailliertere Erzählung abgegeben, in der er ebenfalls wieder behauptet, weder an Beschluss noch an der Ausführung dieser Brandstiftung beteiligt gewesen zu sein – aber eben wohl andere Leute, die er kenne und mit denen er Kontakt gehabt hätte. Er führt aus: „Ich möchte an dieser Stelle auch erklären, dass ich meine Aussage bisher zurückgehalten habe, weil offensichtlich sein wird, dass ich mit Personen Kontakt hatte, die möglicherweise an der Ausführung dieser Brandstiftung beteiligt waren. Da ich unter keine Umständen bereit bin, Aussagen bezüglich anderen Personen zu machen, müsste ich befürchten, dass sie vielleicht versuchen würden, mit Massnahmen wie Isolationshaft Druck auf mich auszuüben. Da ich angesichts der Schwere der Anklage sowieso mit einer längeren Untersuchungshaft rechnete, dachte ich mir, dass es besser sein wird, vorerst die Aussage zu verweigern und auf spätere Einvernahmen zu warten.

Es folgen dann lange Ausführungen zu „jenem Abend“. In seinen Ausführungen werden zwei Personen erwähnt, die er in der Nähe dieses Funkturms angetroffen haben will. „An einem gewissen Punkt, ich glaube, es hatte schon gedämmert, also vielleicht 21-22 Uhr, sah ich zwei Personen, die ich kannte, mit Fahrrädern und Rucksäcken den kleinen Weg zum Aussichtspunkt hochkommen. Ich rief ihnen zu, sie kamen zu mir und wir redeten noch etwas miteinander. (…) Ich fragte, was sie vorhaben, und sie sagten etwas von einem Fest im Wald. Als sie sich nach etwa einer halben Stunde wieder verabschiedeten, fragte ich, ob ich mit ihnen mitkommen kann, da ich jetzt ja nichts mehr vorhabe heute Abend. Sie antworteten etwas ausweichend und meinten, dass sie eben noch etwas anderes vorhaben. Ich fragte nicht weiter und wir verabschiedeten uns.
Nach ein paar Minuten kamen sie wieder zurück und fragten mich ob ich Lust hätte, bei etwas zu helfen. Ich bejahte grundsätzlich und sie erklärten, dass sie eine Leiter durch den Wald tragen müssen, die ziemlich schwer sei, und zu dritt würde es sicher einfacher sein als zu zweit. (…) Als ich fragte, wofür sie denn diese Leiter brauchen, meinten sie, eben auch wegen diesem Fest. (…) Weil die eine Person einen grossen Rucksack und eine Tragtasche hatte, habe ich ihr fast den ganzen Weg das Fahrrad abgenommen und bin im Schritttempo nebenher gefahren. Dabei muss es sich um das gefundene Mountainbike gehandelt haben.

Die sehr ausführliche Geschichte geht dann weiter: „Ich sah dann, dass in der einen Tragtasche, die am Boden stand, zwei Seitenschneider lagen. Ich nahm sie heraus und fragte, was sie denn damit vorhaben. Als sie etwas ausweichend meinten, nichts und ich solle sie wieder weglegen, war mir klar, dass sie irgendetwas vorhatten, es aber mir nicht sagen wollten. Ich hakte nach und sie sagten schliesslich, dass sie sich diesen Funkturm mal etwas genauer anschauen wollten, und dass sie eben dafür auch die Leiter brauchen, um über die Umzäunung zu klettern. Die Seitenschneider haben sie einfach mal mitgenommen. (…) Dass es nicht legal sein wird, dort hinein zu klettern, war mir natürlich klar, und ich sagte dann auch, dass ich nicht wirklich einverstanden bin, dass sie hier diese Leiter, auf der ja nun meine Fingerabdrücke sind, für etwas Illegales verwenden. Sie meinten daraufhin, dass sie die Leiter noch mit Shavel-Wasser abputzen würden und zeigten mir auch, dass sie sogar so Schutzanzüge dabei haben. (…) Jedenfalls fand ich schliesslich, dass ich dann wenigstens beim Putzen dieser Leiter dabei sein will. Daraufhin zogen ich und eine andere Person uns je so ein Schutzanzug über, wovon sie offenbar mehrere dabei hatten. (…) Ich erinnere mich, dass sich die andere Person einmal etwas mit einer Tragtasche entfernte. Ich kann mir nicht erklären, wie es dazu kommt, dass offenbar an Latexhandschuhen Mikro-Spuren von Benzin gefunden worden sein soll, da ich damals weder jemals Benzin sah, noch roch, noch jemand etwas solches erwähnte. Wenn ich es im Nachhinein betrachte, könnte es aber vielleicht sein, dass in diesem Moment die andere Person in dieser Tragtasche irgendetwas mit einer Flasche Benzin herum hantierte. (…) Noch während wir zurückgingen, hörten wir aus dem Wald Musik laut werden, es klang nach einer grossen Musikanlage. Das musste offenbar das Fest sein, das sie erwähnten. Sie wollten gleich dort hinschauen und fragten mich ob ich auch mitkomme. Ich sagte aber, dass ich nach Hause gehe, und meinte noch als Witz sie sollen keinen Seich anstellen.

Der Gefangene macht mit den darauf folgenden Zeilen seine Anschuldigungen noch deutlicher: „Ich habe dann einige Tage später natürlich auch davon gehört, dass diese Hausdurchsuchungen stattgefunden haben, bei denen offenbar eine Person gesucht wurde, die einer Brandstiftung auf dem Funkturm beim Waidberg verdächtigt wird. Ich war schockiert, als ich davon hörte. Einerseits deswegen, weil mir klar war, dass das wohl mit jenem Abend etwas zu tun haben muss, ich aber solches in keiner Weise erwartet hätte, aber vor allem deswegen, weil so prompt und so heftig darauf reagiert wurde. In St. Gallen wurde ja offenbar ein Haus mit gezogenen Waffen gestürmt. Ich machte mir Sorgen um die Person, die da gesucht wird, aber ich dachte auch daran, dass ich dort ebenfalls mit diesen Schutzanzügen mit herum hantierte, und dass ja vielleicht auch Dinge mit meinen Spuren zurückgeblieben sind, wenn dort offenbar irgendetwas falsch gelaufen sein muss.

Der Gefangene hat somit einen Gefährten, der auf der Flucht ist, [4] sowie eine weitere Person mit seinen sehr detaillierten Aussagen an diesen Ort platziert. Er hat zwar keine Personen direkt namentlich erwähnt, aber mit seinen Beschreibungen und Ausführungen den Verdacht auf spezifische Menschen gelenkt. Er, der gemäss seinen eigenen Aussagen erst behauptet, nicht bereit zu sein über andere Personen Auskunft zu geben, belastet dann doch sehr deutlich zwei Personen, die er scheinbar kennt. Zusätzlich verbindet er in dem Statement eine Hausdurchsuchung bei einer Person direkt mit diesem Fall.

Was ist nach dem Statement passiert?

Als die damalige Soli-Gruppe und andere Menschen von diesem schriftlichen Statement erfahren haben, kontaktierten sie den Gefangenen, fragten nach seiner Motivation und seinem Wohlergehen. Diese Nachfragen beantwortet er damit, dass er in guter Verfassung sei, sich dessen, was er gemacht hat, sicher und sein Statement ein strategisch kluger Schachzug gewesen sei. Er wurde aufgefordert seine Aussagen zurückzuziehen und darüber informiert, dass er unter den Umständen nicht mehr von der Soli-Gruppe unterstützt werden würde. Der Gefangene hat es zu diesem Zeitpunkt jedoch abgelehnt, das Statement zurück zu ziehen. Erst Monate später, kurz vor der Gerichtsverhandlung, hat er seine Aussagen doch noch widerrufen und als frei erfunden bezeichnet.

Doch der Schaden und der Vertrauensbruch war ohnehin schon angerichtet. Die Justizbehörden funktionieren schlichtweg nicht so, dass etwas Eingereichtes ohne Konsequenzen einfach wieder zurück gezogen werden kann. Die Staatsanwaltschaft versucht alles, was sie kann, gegen mutmasslich verdächtige Leute zu verwenden – wenn es vielleicht vor Gericht nicht als Beweis verwertbar ist, dann lässt es sich zumindest als Indiz anmerken. Wie bereits erwähnt: Wir wollen nicht darüber spekulieren, ob diese Aussagen wahr oder frei erfunden sind. Worum es uns geht, ist: der Gefangene hat versucht, sich selbst aus der Affäre zu ziehen, indem er die Aufmerksamkeit auf sein Umfeld, seine Freund*innen und Gefährt*innen gelenkt, sowie spezifische Person(en) angeschwärzt hat. Und dies war, gemäss seinen eigenen Angaben, eine strategische Entscheidung. Was sich auch nicht zuletzt darin zeigt, dass er, in seinem Statement, gewisse Sachen aus den Akten und Thesen der Staatsanwaltschaft übernommen hat – beispielsweise beim Versuch zu erklären, wieso mutmasslich DNA-Spuren von ihm an den Orten dieser Brandstiftungen gefunden wurden.

Wie hat der Gefangene reagiert?

Nachdem die Soli-Gruppe unter diesen Umständen nicht mehr bereit war, den Gefangenen weiterhin zu unterstützen und dies in einem knappen Schreiben öffentlich machte, schickte der ehemalige Gefährte etwa ein halbes Jahr später einen offenen Brief an verschiedene Orte und Menschen in dem er sich zum Statement, zur Gerichtsverhandlung und zur Reaktion der Ex-Soligruppe äusserte. Der Grundton des Briefes war vorwurfsvoll und anklagend und richtete sich vor allem an die ehemalige Soli-Gruppe. Er liefert weder Beweggründe oder konkrete Erklärungen, noch eine Entschuldigung. Die Grundaussage des Briefes ist vielmehr: Die Reaktionen der Gefährt*innen und die Entsolidarisierung sei viel schlimmer, als das was die Bullen und der Staat ihm angetan hätten – und schlimmer als sein eigener Fehler. Der Gefangene übernimmt darin keine Verantwortung für sein eigenes Handeln, sondern delegiert es vielmehr an eine vermeintlich höhere Macht, an „etwas Absurdes“, „wie eine orchestrierte Intrige des Schicksals“. Er schreibt, die Stellungnahme sei „bedeutungslos“ gewesen, „ein Experiment, fast schon spielerisch“. Nun öffentlich zu machen, er habe „jemanden implizit belastet“ und Aufmerksamkeit auf sein Umfeld gelenkt, sei eine grausame „Verleumdung“.

Was ist unsere Position?

Wir haben auch aufgrund des erwähnten Briefes uns entschieden, diesen Text und Auszüge aus dem Statement zu veröffentlichen. Denn solange es keine zugänglichen Informationen dazu gibt, auf welcher Grundlage die Ex-Soligruppe und andere Menschen ihre Entscheidungen getroffen haben, solange gibt es auch keine gemeinsame Basis, um über diesen Fall zu sprechen – und letztlich daraus zu lernen. Der Gefangene wird wahrscheinlich schon bald, nach Zweidrittel der abgesessenen Strafe, entlassen. Wir beschäftigen uns aktuell damit, wie wir nun weiter machen und wie wir damit umgehen sollen.

Bis heute hat sich der Gefangene nicht entschuldigt und bis heute ist er offenbar nicht bereit, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen, für das, was er mit seinem Statement losgetreten hat. Deswegen wollen wir nun darlegen, was sein Handeln für uns bedeutet: Es geht um Verrat. Nicht um Verrat im Sinne von „etwas ausplaudern“, wie gesagt, wir wollen nicht über die Aussagen spekulieren. Sondern im Sinne eines krassen Vertrauensbruchs – eines Verrats an Gefährt*innen und Ideen, am Vertrauen seines Umfeldes, seines Unterstützer*innenkreises.

Das „bedeutungslose, spielerische Experiment“ hat Konsequenzen – für seine Gefährt*innen, für seine Freund*innen, sein Umfeld, für andere Menschen. Der Knast, während einer laufenden Strafuntersuchung, ist der falsche Ort für Experimente. Nur weil die Bullen dieses Statement bisher nicht als Anlass genommen haben, um öffentlich gegen weitere Menschen aus seinem Umfeld vorzugehen, heisst das nicht, dass sie es nicht (noch) tun könnten. Oder aber, dass es deshalb in Ordnung wäre, andere Menschen zu belasten und den Verdacht auf sie zu lenken. Zu anderen Zeiten, an anderen Orten haben solche „Experimente“ böse Auswirkungen auf ein ganzes Umfeld. Inwiefern dies bei diesem „Experiment“ der Fall sein wird – wir wissen es nicht.

Wir sind uns im Klaren darüber, dass Isolation, Druck, psychische und emotionale Schwierigkeiten und die Gewalt, die Bullen oder Knast an sich ausüben, Menschen das Leben im Gefängnis (und auch ausserhalb) unmöglich machen können. Auch dass Menschen diesen Druck nicht mehr aushalten, ihm nicht standhalten, kann vorkommen – auch wenn dies zu verhindern natürlich das Beste wäre. Es geht uns nicht darum, irgendwelche Mythen, Dogmen oder Vorstellungen von dem*der „reinen Revolutionär*in“, der*die nie zusammenbricht, zu verteidigen. Die Fragen, die Verrat, Repression, Knast umgeben, sind komplex und sollten im besten Fall diskutiert werden, bevor mensch sich mit der Situation konfrontiert sieht. Wie gesagt, im besten Fall.

Aussagen bei der Staatsanwaltschaft sind nur schon deswegen problematisch, weil sie juristisch keine gute Strategie sind. Die meisten Anwält*innen werden dazu raten, wenn überhaupt, dann erst vor Gericht Aussagen zu machen. Denn von der Staatsanwaltschaft wird alles, was gesagt wird, gegen eine*n selbst oder andere verwendet. Es geht ihr ja genau darum, möglichst viele Anhaltspunkte und Indizien zu sammeln, um Leute anzuklagen – sie entscheidet nicht über das Urteil. Aussageverweigerung ist nach wie vor die beste Selbstverteidigung, um sich und andere zu schützen. Dennoch mag es Situationen geben, in denen Menschen keine andere Möglichkeit sehen, als bestimmte Informationen preis zu geben. Doch selbst dies liesse sich tun, ohne sich dabei von Ideen, Aktionen oder Methoden zu distanzieren. Und vor allen Dingen: ohne dabei andere zu belasten.

Die Tatsache, dass sich der Gefangene in seinem Statement von den Anschlägen und den Methoden distanziert, hätte es bereits schwierig gemacht, weiterhin „revolutionäre“ Solidarität mit ihm zu zeigen. Oder anders formuliert: Es wäre merkwürdig und politisch fragwürdig gewesen, sich in Zusammenhang mit seinem Fall positiv auf die Anschläge zu beziehen, wenn er selbst sich deutlich davon distanziert.

Doch das tatsächlich grosse Problem in diesem Fall ist der Fakt, dass der Gefangene andere Menschen, ohne deren Wissen und Einverständnis in sein Konstrukt hineinzieht, den Verdacht auf sie lenkt, um seinen eigenen Hals aus der Schlinge zu ziehen – und dabei die behaupteten Thesen der Staatsanwaltschaft unterstützt. Sein Statement war schriftlich, überlegt, vorbereitet. Es war keine Affekthandlung, aus der Verzweiflung des Moments oder weil er die Situation nicht mehr aushielt. Er hätte zudem (anders als viele andere Gefangene ohne Soligruppe) die Möglichkeiten und die Zeit gehabt seinem Unterstützer*innenkreis etwas mitzuteilen, sie zu informieren, um Hilfe bitten…. Er hat sich aber dazu entschieden, ohne Rücksprache, im Alleingang und aus einem Gefühl der Überlegenheit ein Statement zu machen, das andere belastet.

Und sogar angenommen, ein*e Gefährt*in macht Aussagen, die andere belasten, – etwa weil die Person zusammenbricht, dem Druck nicht mehr standhält, sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet, die Aussagen unter Folter erpresst werden -, wenn die Person dies offen und transparent kommuniziert, sich entschuldigt, versucht die Verantwortung für die Handlung und die Konsequenzen so gut wie möglich zu übernehmen, dann wäre die Situation eine andere. Auch dann wäre ein Grundvertrauen weg, aber es blieben andere Ebenen der Interaktion. Doch auch dies war, wie beschrieben, beim Gefangenen nicht der Fall – im Gegenteil.

Aus all diesen Gründen nennen wir sein Handeln Verrat. Denn Vertrauen ineinander, und das Vertrauen darin, dass unsere Gefährt*innen es nicht verraten werden, ist die Grundlage für unser gemeinsames Handeln, Leben und Kämpfen.

Entsolidarisierung – und jetzt?

Das Handeln des Gefangenen hat viele lange und schwierige Diskussionen verursacht. Die Entscheidung andere Gefährt*innen und Umfelder über das Statement zu informieren, wurde alles andere als leichtfertig getroffen – und schon gar nicht ist es den Menschen leicht gefallen. Es mag kritisiert werden, dass nicht genug Informationen öffentlich gemacht wurden, nicht schon früher detaillierter über den Fall geschrieben wurde. Diese Entscheidung brauchte Zeit. Aber vor anderen Gefährt*innen und Umfeldern die Tatsache, dass jemand Aussagen gemacht hat, die andere belasten sollen, ganz zu verschweigen, wäre verantwortungslos und fahrlässig gewesen.

Es ist nicht einfach, einem*r Gefährt*in gegenüber die Solidarität, die Freundschaft oder sonst welche Unterstützung zu entziehen. Es gab und gibt Diskussionen, Zweifel, Angst vor weiterer Repression. Das Statement wirft nicht nur Fragen auf, auf die wir wohl nie Antworten finden werden, es vergiftet auch Beziehungen und ruft Unsicherheiten im erweiterten Umfeld hervor. Es hinterlässt Unverständnis, Trauer und Wut. Bis heute wissen wir sehr vieles nicht. Letztlich ist nicht mal klar, wo dieser Verrat aufhört. War das alles? Hat er noch mehr gesagt?

Die Entscheidung die Solidarität abzubrechen, rührt nicht von Dogmatismus. Sie ist eine Reaktion auf den Vertrauensbruch, die Verletzungen, den Verrat an Ideen, Gefährt*innen und Freundschaften.

Schlussendlich zeigt dieser Fall leider auch, dass wohl niemand davor gefeit ist, sich selbst und andere zu verraten. Gerne würden wir uns sicher sein und uns selbst und einander gegenseitig versichern, dass wir niemals mit den Bullen, dem Staat kooperieren würden. Doch gerade dieser Fall belehrt uns eines Besseren – wissen können wir es letztlich nicht. Genau darum, finden wir es wichtig, sich mit den darüber hinausgehenden Fragen zu beschäftigen, sie sich selbst zu stellen, sie im politischen Umfeld zu diskutieren. Was können die Konsequenzen meines Handelns für mich und andere sein? Glaube ich selber an das, was ich sage und schreibe? Was bedeutet die Umsetzung meiner Ideen? Was habe ich für eine Position in einem solchen Fall?

Für uns, die Autor*innen dieses Textes, steht fest: Wir vertrauen dem Gefangenen nicht mehr. Wir wollen mit ihm in Zukunft weder unsere Kämpfe, Räume noch Umfelder teilen. Wir wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Und wir denken, dass andere wissen sollten, was die Gründe dafür sind.


What remains is grief, anger and incomprehension

This text tries to come to terms with the events surrounding the repression case in Zurich, in which a former anarchist fellow directed suspicion towards other people in his environment in order to clear himself. It is about repression, betrayal and other abysses.

What is it about?
In January 2019, a former companion was arrested in Zurich. He was accused of arson attacks on army vehicles in Hinwil in 2015 and on the Waidberg emergency radio station of the Zurich city police in 2016. [5] Before his arrest, the former comrade was under surveillance for months.

In prison, the prisoner submitted a written statement to the public prosecutor’s office without consulting his circle of supporters during the final interrogation, i.e. before the investigation had been completed. In this statement, he denied having anything to do with the arsons of which he was accused and directed suspicion to his friends and acquaintances.

Subsequently, in September 2019, the then solidarity group that had formed around the arrested person, announced in a letter their dis-solidarization. First, because statements were made in the written testimony that could be used specifically against another person (and the prisoner seems to be aware of this). Second, because in the statement the prisoner explicitly directed suspicion to his circle of friends or acquaintances.

After almost a year in pre-trial detention, the former companion was sentenced to 42 months in prison in mid-December 2019. [6]

What does this text want?
This text is an addition to the letter „Zur Einlassung des Gefangenen von Zürich“ [7] published by the ex-solidarity group in September 2019. The reflections here, however, do not come from the then soli-group. Rather, they arose in collective discussions of an extended anarchist context. Emerged in discussions among people, some closer and some less close to the prisoner and the solidarity group, who wanted to deal with the prisoner’s actions and collectively come to terms with the incident.

In this text, we make public more information about the case than has been publicly available so far. Because we believe this is necessary and important so that others can also deal with the issues involved. Be it in this specific case, or to learn from it for the future. This text is therefore also to be understood as a suggestion to go beyond this and deal with the issues of repression, prison and betrayal.

In it, we will quote parts of the statement that the prisoner submitted to the public prosecutor’s office. However, we are not interested in speculating about whether his statements are true or not. That is simply not important. We are concerned with the fact that he made these statements in this way. We are interested in making the context of these statements as clear as possible: That they were well-considered, and that the prisoner purposefully incriminated other people in order to save his own neck. That they were not a mere half-sentence after several hours of interrogation – but a planned, strategic move.

What does the statement say?
Regarding the arson of army vehicles on a military facility in Hinwil, the former companion claims in his written statement to have been at the said location the day before the arson, to have looked at the place and to have touched the fence in the process, in order to later „put posters or writing on these vehicles to also express criticism of the institution of the military.“ Therefore, he says, his DNA ought to be on that fence.

Further he writes: „I remember that I met friends in a bar the same evening back in Zurich, I think it was in the Gotthard Bar on Langstrasse. There were people there, some of whom I knew better, some less well. In this group, too, the conversation turned to the army exercise that was taking place (…). I remember that I spoke to one person that evening who said that she thought it would be appropriate to do something more concrete in this context. I therefore mentioned that I was in Hinwil that evening and thought that one could perhaps put up posters or writings on the parked army vehicles there. The person obviously knew the place and I explained at which point I had looked at the fence. (…) The other person had been interested in it, but we just talked about it.
Finally, I went home later, without us having agreed or planned anything more concrete. When I read in the newspaper a few days later that apparently army vehicles had burned at this logistics base, I was very surprised. Of course, I wondered if it had something to do with the conversation I had that evening. But there was certainly never any talk of arson that evening.

With regard to the second arson of a police radio tower in Zurich, of which he was accused, the prisoner gave an even more detailed account, in which he again claimed that he had not been involved either in the decision or in the execution of this arson – but that other people he knew and with whom he had been in contact had been. He states: „At this point, I would also like to explain that I have withheld my statement so far because it will be obvious that I had contact with people who may have been involved in the execution of this arson. Since I am not willing to make statements regarding other persons under any circumstances, I would have to fear that you might try to put pressure on me with measures such as solitary confinement. Since I expected a longer pre-trial detention anyway, given the seriousness of the charges, I thought it would be better to refuse to testify for the time being and wait for later interrogations.“

There then follow long remarks about „that evening“. His remarks mention two people he claims to have encountered near this radio tower. „At a certain point, I think it had already dawned, so maybe 9-10 p.m., I saw two persons I knew coming up the small path to the lookout with bicycles and backpacks. I called out to them, they came to me and we talked some more. (…) I asked what they were up to, and they said something about a festival in the forest. When they said goodbye again after about half an hour, I asked if I could come with them, since I had nothing planned for tonight. They answered a little evasively and said that they just had something else to do. I didn’t ask any further and we said goodbye.
After a few minutes they came back and asked me if I would like to help with something. I basically answered affirmatively and they explained that they had to carry a ladder through the forest, which was quite heavy, and with three people it would certainly be easier than with two. (…) When I asked them why they needed this ladder, they said that it was because of this festival. (…) Because one person had a big backpack and a carrier bag, I took the bicycle from them almost the whole way and rode alongside at walking pace. This must have been the mountain bike that was found.

The very detailed story then continues, „I then saw that there were two side cutters in the one bag that was on the ground. I took them out and asked what they were going to do with them. When they were somewhat evasive and said nothing and that I should put them away again, I knew they were up to something but didn’t want to tell me. I asked them about it and they finally said that they wanted to take a closer look at the radio tower and that they needed the ladder to climb over the fence. They simply took the side cutters with them. (…) Of course I knew that it would not be legal to climb in there, and then I also said that I did not really agree that they should use this ladder, on which my fingerprints were now, for something illegal. They then said that they would clean the ladder with javel water (bleach) and showed me that they even had protective suits with them.(…) Anyway, I finally thought that I would at least want to be there when they were cleaning this ladder. Thereupon I and another person put on one of these protective suits, of which they obviously had several with them. (…) I remember that the other person once removed something with a hand bag. I can’t explain how it comes about that apparently micro-traces of gasoline should have been found on latex gloves, since I never saw or smelled gasoline at that time, nor did anyone mention anything like that. However, when I look at it in retrospect, it could perhaps be that at that moment the other person in that bag was handling something with a bottle of gasoline. (…) While we were still walking back, we heard music coming loudly from the forest, it sounded like a big music system. This obviously had to be the festival they were talking about. They wanted to go there right away and asked me if I would also come. But I said that I was going home, and as a joke I told them not to make a fuss.

The prisoner makes his accusations even clearer with the following lines: „Then, of course, a few days later I also heard that these house raids had taken place, in which apparently a person was being searched who was suspected of arson on the radio tower near the Waidberg. I was shocked when I heard about it. On the one hand, because it was clear to me that this must have something to do with that evening, but I would not have expected this in any way, but above all because it was reacted to so promptly and so violently. In St. Gallen, apparently, a house was stormed with drawn weapons. I was worried about the person who was wanted there, but I also thought about the fact that I was also handling around there with these protective suits, and that perhaps things were left behind with my traces, if obviously something must have gone wrong there.

The prisoner has thus placed the comrade, who is on the run, [8] as well as another person in this place with his very detailed statements. Although he did not mention any persons directly by name, he explicitly directed suspicion to specific people with his descriptions and explanations. He, who according to his own statements first claims not to be willing to give information about other people, then nevertheless very clearly incriminates two people he apparently knows. In addition, in the statement he connects a house raid in the home of one person directly with this case.

What happened after the statement?
When the then Soli-group and other people learned about this written statement, they contacted the prisoner, asking about his motivation and well-being. He responded to these inquiries by saying that he was in good shape, sure of what he had done, and that his statement had been a strategically smart move. He was asked to retract his statements and informed that under the circumstances he would no longer be supported by the solidarity group. However, the prisoner refused to retract the statement at that time. It was not until months later, shortly before the trial, that he did retract his statements, calling them fictitious.

But the damage and breach of trust had been done anyway. The judicial authorities simply do not function in such a way that something submitted can simply be withdrawn again without consequences. The public prosecutor’s office tries to use everything it can against presumably suspicious people – if it may not be usable as evidence in court, it can at least be noted as circumstantial. As mentioned before: we don’t want to speculate about whether these statements are true or fictitious. What matters to us is: The prisoner has tried to get himself out of the affair by directing suspicion to his environment, his friends and comrades, as well as pointing the finger at specific person(s). And this was, according to his own statements, a strategic decision. This is also shown by the fact that, in his statement, he has adopted certain things from the files and theses of the public prosecutor’s office – for example, in the attempt to explain why DNA traces of him were allegedly found at the sites of these arsons.

How did the prisoner react?
After the solidarity group was no longer willing to continue supporting the prisoner under these circumstances and made its position public in a brief letter, the former comrade sent an open letter to various places and people about half a year later in which he commented on the statement, the court hearing and the reaction of the ex-solidarity group. The basic tone of the letter was reproachful and accusatory and was directed primarily at the former solidarity group. It does not provide motivations or concrete explanations, nor does it offer an apology. Rather, the basic message of the letter is that the reactions of his comrades and the lack of solidarity are much worse than what the cops and the state did to him – and worse than his own mistake. In it, the prisoner does not take responsibility for his own actions, but rather delegates them to a supposedly higher power, to „something absurd”, „like an orchestrated intrigue of fate.“ He writes that the statement was „meaningless„, „an experiment, almost playful„. To now make public that he „implicitly incriminated someone“ and drew attention to his environment is a cruel „slander„.

What is our position?
We have decided to publish this text and excerpts from the statement also because of the letter mentioned. Because as long as there is no accessible information about on which grounds the former solidarity group and other people have made their decisions, so long there is no common basis to talk about this case – and ultimately to learn from it. The prisoner will probably be released soon, after serving two-thirds of his sentence. We are currently dealing with how to proceed and how to deal with this.

Until today the prisoner has not apologized and until today he is obviously not ready to take responsibility for his own actions, for what he started with his statement. Therefore, we now want to explain what his actions mean for us: It is about betrayal. Not betrayal in the sense of “ blabbing something out“, as we said, we don’t want to speculate about what he said. But in the sense of a blatant breach of trust – a betrayal of comrades and ideas, of the trust of his environment, of his circle of supporters.

The „meaningless, playful experiment“ has consequences – for his comrades, for his friends, his environment, for other people. Prison, during an ongoing criminal investigation, is the wrong place for experiments. Just because the cops haven’t taken this statement as a reason to take public action against other people from his environment, doesn’t mean that they can’t (still) do it. Or, for that matter, that it would therefore be okay to incriminate other people and cast suspicion on them. At other times, in other places, such „experiments“ have nasty effects on a whole environment. To what extent this will be the case with this „experiment“ – we do not know.

We are aware that isolation, pressure, psychological and emotional difficulties, and the violence that cops or prison itself exert can make life in prison (and outside it) impossible for people. The fact that people can no longer bear this pressure, cannot withstand it, can also occur – even though preventing this would of course be the best thing to do. It is not about defending any myths, dogmas or ideas of the „pure revolutionary“ who never breaks down. The questions surrounding betrayal, repression, prison are complex and should, at best, be discussed before one is confronted with the situation. As we said, at best.

Statements to the prosecution are problematic to begin with because they are not a good legal strategy. Most lawyers will advise to make statements only in court, if at all. Because the public prosecutor’s office will use everything that is said against you or others. The prosecution’s aim is to gather as much evidence as possible in order to accuse people – it does not decide on the verdict. Refusal to testify is still the best self-defense to protect oneself and others. Nevertheless, there may be situations in which people see no other option than to disclose certain information. But even this could be done without distancing oneself from ideas, actions or methods. And above all: without implicating others in the process.

The fact that the prisoner distances himself from the attacks and the methods in his statement would already have made it difficult to continue showing „revolutionary“ solidarity with him. Or to put it another way: It would have been strange and politically questionable to refer positively to the attacks in connection with his case, when he himself clearly distances himself from them.

But the really big problem in this case is the fact that the prisoner drags other people into his constructs without their knowledge and consent, directs suspicion at them in order to save his own neck – and in doing so supports the hypotheses of the public prosecutor’s office. His statement was written, deliberate, prepared. It was not an act of affect, out of the desperation of the moment or because he could no longer bear the situation. Moreover, he would have had (unlike many other prisoners without a support group) the possibilities and the time to tell his circle of supporters something, to inform them, to ask for help….. But he decided to make a statement incriminating others without seeking advice, on his own and out of a feeling of superiority.

And even assuming a comrade makes statements that incriminate others – for example because the person breaks down, can no longer withstand the pressure, is in a difficult life situation, the statements are coerced under torture – if the person communicates this openly and transparently, apologizes, tries to take responsibility for the action and the consequences as best as possible, then the situation would be different. Even then, a basic trust would be gone, but other levels of interaction would remain. However, as described, this was not the case with the prisoner either – on the contrary.

For all these reasons, we call his actions betrayal. Because trust in each other, and trust that our comrades will not betray it, is the basis for our common actions, life and struggle.

Desolidarization – and now?
The prisoner’s actions have led to many long and difficult discussions. The decision to inform other comrades and circles about the statement was anything but taken lightly – and it was certainly not an easy decision for the people. There may be criticism that not enough information was made public, that not more detail was written about the case earlier. This decision took time. But to completely conceal from other comrades and surroundings the fact that someone had made statements that were intended to incriminate others would have been irresponsible and negligent.

It is not easy to break off solidarity, friendship or any other kind of support for a comrade. There were and are discussions, doubts, fear of further repression. The statement not only raises questions to which we will probably never find answers, it also poisons relationships and causes insecurities in the extended environment. It leaves behind incomprehension, grief and anger. To this day, there is a great deal we do not know. In the end, it’s not even clear where this betrayal ends. Was that all? Did he say anything more?

The decision to break off solidarity does not stem from dogmatism. It is a reaction to the breach of trust, the injuries, the betrayal of ideas, comrades and friendships.

In the end, this case unfortunately also shows that no one is immune from betraying oneself and others. We would like to be sure and assure ourselves and each other that we would never cooperate with the cops, the state. But this very case teaches us otherwise – in the end, we cannot know. This is exactly why we think it is important to deal with the questions that go beyond this, to ask ourselves these questions, to discuss them in the political context. What can be the consequences of my actions for myself and others? Do I myself believe in what I say and write? What does the implementation of my ideas mean? What is my position in such a case?

For us, the authors of this text, one thing is certain: we no longer trust the prisoner. We don’t want to share our struggles, spaces or environments with him in the future. We don’t want to have anything further to do with him. And we think that others should know what the reasons are.


[1] Mehr Infos zu dem Fall: https://barrikade.info/article/1847 – “Ein Gefährte des Fermento verhaftet”

[2] Hier der Prozessbericht: https://barrikade.info/article/2992 – Update zum Prozess von dem in Zürich am 29.Januar Verhafteten”

[3] Link zum Schreiben der Ex-Soligruppe: https://barrikade.info/article/2674 – “Zur Einlassung des Gefangenen von Zürich”

[4] Am Tag nach dem Brandanschlag auf den Polizeifunkmasten in Zürich fanden in verschiedenen schweizer Städten mehrere Hausdurchsuchungen statt. Laut Durchsuchungsbefehlen wurde nach einer „dringend verdächtigten Person“ gesucht, „deren persönlich zuordenbare Artefakte gefunden worden waren”. Die international gesuchte Person, ein anarchistischer Gefährte, wurde an den Orten nicht gefunden und ist seitdem von der Bildfläche verschwunden. Mehr Informationen dazu sind in der Broschüre “Funkstille” zu finden. Siehe auch: https://barrikade.info/article/179

[5] More about the case: https://actforfree.nostate.net/?p=32617 “Comrade of the Anarchist Library Fermento arrested Tuesday, 29th of January 2019”

[6] Here an update on the trial: https://barrikade.info/article/2992 – “Update zum Prozess von dem in Zürich am 29.Januar Verhafteten”

[7] Link to the writing of the ex-soligroup: https://actforfree.nostate.net/?p=34761 – “About the talkative Prisoner of Zürich”

[8] The day after the arson attack on a police radio tower in Zurich, several house raids took place in various Swiss cities. According to the search warrants, the purpose was to search for an „a strongly suspected person“ whose „personal identifiable artifacts had been found.“ The internationally wanted person, an anarchist comrade, was not found at the locations and has since disappeared from the scene. More information can be found in the brochure „Radio Silence. A collection of texts about sabotage, repression and smoke signals from clandestinity“. See: https://en-contrainfo.espiv.net/2017/07/31/zurich-2016-radio-silence-a-collection-of-texts-about-sabotage-repression-and-smoke-signals-from-clandestinity/

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