Die junge Frau rückt ihren Stuhl zurecht und blickt dem Richter ins Gesicht. «Und, wo würden Sie sagen, stehen Sie in der Hierarchie?», will dieser wissen. «Eher unten, oben oder im mittleren Bereich? Und wer hat denn gesagt, dass sie die Uniform tragen müssen?» «Niemand hat das befohlen. Das ist gemeinsam entschieden worden», entgegnet Denise Penbe (Name von der Redaktion geändert, Anm.). Die Staatsanwältin verzieht das Gesicht: «Sie haben dieselbe Uniform wie die Terroristen getragen! Und Bilder von denen wurden auch auf der Demo hochgehalten.» Da mischt sich Penbes Anwalt ein. «Ihnen ist schon klar, dass es dutzende Bilder zum Gedenken an Oppositionelle bei einem Mai-Aufmarsch in der Türkei gibt? Die meisten Bilder zeigen Opfer der Polizeigewalt bei den Gezi-Protesten oder politische Gefangene. Frau Penbe selbst hat keines davon getragen.»
Saal 203, Wiener Landesgericht für Strafsachen, Montagvormittag, 28. Mai: Eine junge Wienerin, Frau Penbe, soll «terroristische Straftaten gutgeheißen haben», so die Anklage. Am 1. Mai 2015 ist sie mit rund 50 weiteren Aktivist_innen aus dem Umfeld der Anatolischen Föderation rote Fahnen schwingend und in Formation am Wiener Ring marschiert – mit grünem Hemd, rotem Halstuch mit gelbem Stern und Kappe. So viel ist sicher. Was das Ziel des Umzugs gewesen sein soll, darüber gehen die Meinungen auseinander.
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