Posts Tagged ‘Sicherungsverwahrung (SV)’

Interview dem Gefangenen Thomas Meyer-Falk aus der JVA Freiburg

Donnerstag, Februar 25th, 2016

(gefunden auf: www.radioflora.de)

Thomas ist seit 1996 weggesperrt und befindet sich seit 2013 in Sicherungsverwahrung. Schwerpunkt des Gespräches werden die sogenannten „Geborenen Verbrecher _innen„ sein.
Thomas schreibt dazu:
„In der Kriminalistik gibt es in den letzten Jahren den Trend, sich intensiv mit genetischen und neurologischen Phänomen zu beschäftigen, also die Wurzeln für abweichendes Verhalten in der Biologie zu suchen – ob in den Genen, oder aber im Gehirn. Dadurch werden auch gesellschaftliche Konfliktfelder individualisiert, denn wo das Individuum mit seinen Genen und Hirnstrukturen verantwortlich ist für abweichendes Verhalten, braucht man sich um politische und soziale Ursachen nicht weiter zu kümmern.“

Auf den Hund gekommen – ein Projekt in der SV

Samstag, Januar 16th, 2016

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

Im KnastVor kurzem berichtete die Badische Zeitung aus Freiburg darüber, dass Tierheim-Hunde, Sicherungsverwahrte, sprich Gefängnisinsassen, besuchen würden. Ein recht rührseliger Artikel zeichnet die desolate Situation in der Verwahrung in so weichen Farben, dass nicht wenig Insassen recht zornig waren.

 

Die Hundegruppe

Sechs der über 50 Freiburger Sicherungsverwahrten hatten sich freiwillig für ein Pilotprojekt gemeldet. Einmal in der Woche sollten sie die Möglichkeit erhalten, für jeweils 90 Minuten im Gefängnishof mit einem Hund in Kontakt zu kommen. Nach Aussage der in dem Artikel zitierten therapeutischen Leiterin, Frau Dr. Schneider, erhoffe man sich therapeutische Effekte, insbesondere Auswirkungen auf die soziale Kompetenz der Teilnehmer.
Für 2016 ist nun eine zweite Gruppe in Planung, so dass dann im wöchentlichen Wechsel, jeweils sechs Insassen mit Hunden (therapeutisch) arbeiten können sollen.

Tiergestützte Therapie

Um nicht missverstanden zu werden,es gibt durchaus sinnvolle Anwendungsfelder für tiergestützte Therapien, denn die Interaktion zwischen Mensch und Tier erfolgt im wesentlichen auf non-verbale Art und auch mit Körperkontakt, so dass ein anderer emotionaler Aspekt der Persönlichkeit angesprochen, im Idealfall auch gefördert wird, als bei bloßen gesprächstherapeutischen Maßnahmen. Ob in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern oder eben auch Gefängnissen, immer öfter wird auf den Einsatz von Tieren gebaut. Insofern ist im Prinzip der Einsatz für den Bereich der Sicherungsverwahrung ein sinnvoller Baustein.

Die Kritik von Insassen der JVA Freiburg

Bei Insassen entzündete sich an insbesondere zwei Punkten Kritik: Strafgefangene sagten, es sei nicht in Ordnung, wenn man für sie ein solches Angebot nicht mache. Einige Sicherungsverwahrte wiederum beschwerten sich über die ‚heile Welt‘-Darstellung der Badischen Zeitung, bzw. die Instrumentalisierung der Hunde-Gruppe durch die therapeutische Leiterin, die sogleich das Angebot ‚medial ausgeschlachtet‘ habe, um von den drängenden, schwärenden Problemen ( z.B. war, als der BZ-Artikel erschien, ein Verwahrter seit Tagen im Hungerstreik) abzulenken und der Bevölkerung ein einseitiges Bild zu präsentieren. Ein Sicherungsverwahrter hatte den Eindruck, die BZ-Journalistin mache sich in dem Artikel versteckt lustig über die Teilnehmer. Aus anderer Ecke wurde eingeworfen, dass die ‚Belohnung‘ (jeder Teilnehmer erhielt Tabak, Kaffee und dann ein Photo des jeweiligen Hundes) wohl eine Rolle für die rege Teilnahme gespielt haben könnte.

Ausblick

Letztlich ist auch ein Hundeprojekt nicht viel mehr als eine Form der ‚Bespaßung‘ der Teilnehmer; dieser Effekt sollte nicht zu gering erachtet werden, denn er erhöht ersteinmal  in der Tat die Lebensqualität der Betroffenen, die jedoch kaum eine realistische Chance haben in absehbarer Zeit auf freien Fuß zu kommen. Diese Bespaßung dann aber therapeutisch zu überhöhen, so wie es hier erfolgt, das ist unredlich und geradezu unethisch. Dass die Lokalzeitung dieses Spiel mitspielt sagt mehr über das journalistische Verständnis des Blattes, bzw. der den Artikel verfassenden Journalistin aus, als über die Qualität des ‚therapeutischen‘ Angebots. Politisch hochproblematisch erscheint, wie durch solche einseitigen, die Realität weich zeichnenden oder gar völlig ausblendenden Artikel, die Bevölkerung verzerrt informiert wird.

Bei der Sicherungsverwahrung handelt es sich um eine Form ‚präventiven‘ Freiheitsentzugs unter strafhaftähnlichen Umständen, auf bloßen Verdacht hin, ein Insasse/eine Insassin könnte, eventuell, möglicherweise wieder einmal straffällig werden,- eingeführt 1933 von den Nationalsozialisten.

Hungerstreiks, Todesfälle (noch heute ermittelt die Freiburger Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem Todesfall aus dem Jahre 2014, gegen MitarbeiterInnen der Sicherungsverwahranstalt),hoffnungslose Verwahrung,- all das wird durch solche ‚Berichterstattung‘ wie die der BZ geradezu negiert.

Dass die therapeutische Leiterin die Gunst der Stunde nutzt um sich medial feiern zu lassen, zitiert mit ein paar launigen Sprüchen, das ist schon typische ‚Vollzugs-Folklore‘, zeigt aber auch einen gewissen Zynismus: die einzelnen Teilnehmer werden zu Spielfiguren der Außendarstellungsbemühungen der Anstaltsleitung degradiert.

Und das traurige: einige von ihnen freuten sich darüber, waren ganz stolz „mal in der Zeitung zu stehen“.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com

Zwei Jahre Sicherungsverwahrung

Donnerstag, August 13th, 2015

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

2-format43An einem sonnigen Juli-Tag vor zwei Jahren wurde ich in einem vergitterten Gefängnisbus von der JVA Bruchsal (jva-bruchsal.de) in die JVA Freiburg (jva-freiburg.de) überführt. Um Mitternacht, des 8. Juli 2013 hatte die Sicherungsverwahrung begonnen.

Was ist Sicherungsverwahrung (SV)?

Eingeführt 1933 von den Nationalsozialisten, ermöglicht die SV dem Staat Menschen über das Ende der Strafhaftzeit hinaus so lange in einem Gefängnis zu verwahren, wie der/die Gefangene vorgeblich eine „Gefahr für die Allgemeinheit“ darstellt. Die §§ 66 ff. StGB, die das Recht hinsichtlich der Anordnung der SV regeln, wurden in den letzten Jahren einer auch für Fachleute kaum noch zu überblickenden Art und Weise geändert. Im Regelfall ist es zumindest seit 2011 durchaus so, dass sich in den SV-Anstalten unter den aktuell rund 500 Verwahrten in der Bundesrepublik Deutschland überwiegend Sexualtäter befinden, rund 70-80%, bei den übrigen Untergebrachten handelt es sich um wegen Körperverletzung, Raubes, Totschlag, Brandstiftung und in Einzelfällen auch wegen Drogendelikten verurteilte Personen. Fast alle sind männlichen Geschlechts.

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Hungerstreik beendet – ein Rückblick

Montag, August 3rd, 2015

(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)

KnastIn der JVA Freiburg kam es im Juli 2015 zu einem Hungerstreik (HS) zweier Sicherungsverwahrter, der zuletzt, nachdem ein Verwahrter seinen Protest beendet hatte, daran gipfelte, dass der verbliebene Verwahrte entmündigt werden sollte und zwangsweise in das Gefängniskrankenhaus verlegt wurde.

Der Anlass für den Protest

erst hatte Herr P. Mit seinem Hungerstreik begonnen, primär aus Verärgerung über seine eigene konkrete Situation: so wurde eine Ausführung zu seiner Partnerin vorzeitig abgebrochen und er vermutete insbesondere seitens des Vollzugsleiters, des Diplom-Sozialpädagogen G. sinistre Machenschaften. Anstatt sich auf eine baldige Freilassung einrichten zu können, sah sich P. plötzlich mit der Aussicht konfrontiert mindestens einige Jahre hier in der Sicherungsverwahrung zubringen zu müssen.

Am Morgen nach beginn des HS von Herrn P. Schloss sich Herr H. dem an und beide thematisierten die desolate Haftsituation in der Sicherungsverwahrung, die nicht geprägt sei von einem motivierenden Behandlungsvollzug, sondern von dauerhafter Verwahrung – trotz einschlägiger Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Der Verlauf des Hungerstreiks

Die JVA begann das Gewicht von H. und P. zu dokumentieren, insbesondere jedoch die Verweigerung der Anstaltskost.

Nachdem dann auch die Lokalpresse des HS aufgriff, sich im gesamten SV-Gebäude eine gewisse Unruhe bemerkbar machte, kam es auf den vier Stationen der SV-Anstalt zu Sonderkonferenzen, an welchen die führenden Mitglieder der Anstaltsleitung teilnahmen; jedoch ohne konkretes Ergebnis. Man hörte sich die Beschwerden der Verwahrten an und machte weiter wie bisher. Unter den Mitverwahrten gab es jene die sich in einer Erklärung solidarisierten (20 Verwahrte unterzeichneten), aber auch jene die sagten: „ So was bringt doch eh nix!“.

Herr P. hörte auf zu hungern und Herr H. wird verlegt

Nachdem Herr P. aus gesundheitlichen Gründen seinen HS beendete, wurde kurz danach Herr H. zwangsweise morgens um 6:30 Uhr aus der Zelle geholt und ins Gefängniskrankenhaus verlegt. Wie er später nach seiner Rückkehr in die SV-Anstalt berichtete, seien drei Beamte in seine Zelle eingedrungen und nachdem er es abgelehnt habe ‚freiwillig‘ mitzukommen, habe Amtsinspektor H. ihn auf das Zellenbett gestoßen, fixiert, die Arme auf den Rücken gezerrt, was so schmerzhaft gewesen sei, dass er befürchtete man habe ihm den Arm ausgekugelt. Danach seien ihm Hand- und Fußketten angelegt worden. Im weiteren Verlauf des Abtransports habe ihm dann Amtsinspektor H. die mit den Kampfhandschuhen ‚geschützte‘ Hand so fest auf Mund und Nase gepresst, dass er keine Luft mehr bekommen habe. Nur durch ruckartiges Bewegen des Kopfes habe er kurz den Mund frei bekommen um laut um Hilfe rufen und nach Luft schnappen zu können.

Vollzugskrankenhaus Hohenasperg (bei Stuttgart)

Nach rund zwei Stunden Fahrt wurde H. am 16.07.2016 in der ‚Inneren‘ des Gefängniskrankenhauses eingeliefert, wo man, so H. erstaunt gewesen sei, da man gar nicht gewußt hätte, was er hier solle. Das Trinken verweigerte er nun auch; dies hatte er im Vorfeld für den Fall der ‚Verschleppung‘ angekündigt. Erst in Gesprächen mit den ÄrztInnen, PflegerInnen, aber insbesondere seiner Verteidigerin und Prof. Dr. W. vom Stuttgarter Justizministeriums am 17.07.2015 entspannte sich die Situation. Seiner Kritik an den Zuständen in der SV sei nie widersprochen worden; Herr Prof. W. habe darauf hingewiesen, dass gerade für Freiburgs JVA zusätzliche Gelder für Personal in einem Nachtragshaushalt eingeplant worden seien.

Irgendwelche konkreten Zugeständnisse wurden ihm nicht gemacht. Dennoch beendete er am Vormittag des 17.07.2015 seinen Hunger- und Durststreik; bis zum 24.07.2015 verblieb er dann im Gefängniskrankenhaus, da man dort erst eine gewisse Gewichtszunahme habe sehen wollen.

Resümee

Medial war der HS in der Badischen Zeitung, Radio Dreyeckland , sowie im SWR (Radio und Fernsehen) präsent und es kam auch die Kritik der Hungerstreikenden zu Wort. Ob der Protest letztlich einen Anstoß gegeben hat, irgendwelche Maßnahmen zu beschleunigen, muss die Zukunft zeigen. Wie leicht es die Justiz hat, wenn nur ein oder zwei Gefangene protestieren, und das ohne solch eine breite Solibewegung wie bspw. kürzlich in Berlin Gülaferit Ünsal und ihrem fast zwei Monate dauernden HS, wurde vorliegend deutlich: denn einen Hungerstreikenden zu versuchen zu entmündigen (§ 1896 BGB) und dann zwangsweise und gegen seinen Willen gewaltsam in ein Gefängniskrankenhaus zu verlegen, das kann sich eine Verwaltung nur erlauben, wenn sie sich relativ sicher ist, dass es keine solidarische Begleitung durch Dritte gibt.

Andererseits zeigte sich jedoch auch, wie intensiv die Reaktionen im Justizapparat ausfielen, es also durchaus die Möglichkeit gibt etwas in Bewegung zu setzen.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str.8, D-79104 Freiburg

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Neues zum Freiburger Hungerstreik

Dienstag, Juli 14th, 2015

(gefunden auf: freedomforthomas.wordpress.com)

2-format43Wie vor wenigen Tagen berichtet, befinden sich seit dem 03.Juli 2015 zwei Sicherungsverwahrte in einem unbefristeten Hungerstreik. (https://freedomforthomas.wordpress.com/2015/07/04/pressemitteilung-erneuter-hungerstreik-hs-in-sicherungsverwahrung-sv)

 

Die Forderungen

Herr H., der schon 2014 mit einem Hungerstreik Schlagzeilen machte (https://freedomforthomas.wordpress.com/2014/11/08/hungerstreik-in-jva-freiburg-beendet/)und gegen die Haftbedingungen in der Freiburger Sicherungsverwahrung protestierte, sowie Herr P., fordern, dass VertreterInnen des Justizministeriums, sowie des Landgerichts Freiburg in der JVA erscheinen, um zusammen mit anderen Mitverwahrten die desolate Situation in der SV-Anstalt zu erörtern.

Sie kritisieren das Fehlen jeglicher Aussenorientierung. Was heißt das? Während in anderen SV-Anstalten z.B. therapeutisch kooperative Insassen motiviert werden durch zusätzliche Ausführungen, d.h. Unter Bewachung gehen sie in die Innenstadt einkaufen (so z.B. JVA Schwalmstad), gibt es in der Freiburger SV keinerlei Anreiz- oder Motivationssystem.

Ferner fehle es an einer realistischen Entlassungsperspektive für die allermeisten Insassen, obwohl das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 04.Mai 2011 gefordert habe, die Anstalten müssten zwingend alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, um möglichst rasche ‘Entlassreife’ herzustellen.

Aufmerksam machen wollen sie auch auf den bloßen Verwahrcharakter; so starb erst am 11.11.2014 ein Mitverwahrter, dessen Tod dann zu umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart(http://community.beck.de/gruppen/forum/todesermittlungen-in-sicherungsverwahrung), sowie einer Anfrage der CDU-Landtagsfraktion(Drucksache15/6867, abrufbar unter (http:www.landtag-bw.de/), führte. Weitere Verwahrte vegitierten hier vor sich hin: der eine kote und nässe sich fast täglich ein, ein anderer lebe in einer meist total vermüllten Zelle. Beiden Verwahrten müsste ein anderer Verwahrter deshalb, manchmal täglich, die Zelle putzen und teilte ihnen die Wäsche zu.

Zwanzig weitere Sicherungsverwahrte haben in einer ‘Solidaritätserklärung’ sich der Kritik der beiden Hungerstreikenden angeschlossen und die Unterschriftenliste an Herrn Dr. Lasotta (Mitglied des Landtags) gesandt und ihn gebeten sich einzuschaĺten.

Selbst Sicherungsverwahrte die lediglich wegen Betäubungsmittelstraftaten verurteilt wurden, würden keine echte Perspektive bekommen: so habe im Fall des Herrn D. das Landgericht Freiburg schon vor fünf Monaten empfohlen, Herr D. solle Arbeit zugeteilt werden, damit er einen regelmäßigen Tagesablauf erlerne und nach einigen Monaten könne man erwägen ihn in eine andere JVA zu verlegen, wo er an einer Diamorphin-Substitution (Heroin-Ersatzstoff) teilnehmen und hernach eventuell entlassen werden könne. Noch heute wartet Herr D. auf die Chance arbeiten zu können!

Wenn also, so die beiden Protestierenden und viele weiter Untergebrachten, selbst jemanden mit einem Delikt wie diesem, keine echte Chance erhalte, dann gelte dies um so mehr für die hier sonst inhaftierten Gewalt- und insbesondere die Sexualtäter. Wie wohl jeder seine Strafe abgesessen habe, werde man wie ein Strafgefangener behandelt, mit maximalen Sicherungsmaßnahmen – erst recht seit vor wenigen Wochen der ehemalige Chef der Isolations-/Sicherheitsabteilung der Strafhaft, Herr Amtsinspektor H. in die SV-Anstalt versetzt wurde und umgehend mit intensiven Zellenkontrollen und weiteren Maßnahmen von sich reden machte.

Für Versuche der Kontaktaufnahme verwies Herr H. auf seine Freiburger Rechtsanwältin Frau Gröbmayr.

 

Die Reaktion der Haftanstalt

Zuerst probierte es man mit ignorieren, dann wurden Dokumentationsmappen Station angelegt: es wird von dem uniformierten Dienst schriftlich jeden Tag dokumentiert, wann Nahrung angeboten und abgelehnt wurde. Am 07.Juli 2015 mussten die beiden dann zum Arzt, wo sie ihm eine Patientenverfügung übergaben. Insbesondere Herr H. betont, er wolle sich unter keinen Umständen zwangsernähren und zwangsbehandeln lassen. Dies dokumentierte dann der Anstaltsarzt Herr S. In den Akten.

Am Mittwoch den 08.Juli 2015 fanden auf den vier Stationen der SV-Anstalt Sondersitzungen mit der therapeutischen Leiterin Frau Dr. S., dem Vollzugsleiter Herr Dipl-Sozialpädagogen G., besagtem Amtsinspektor H., dessen Vertreter und weiteren Vollzugsbeamten, einer Sozialarbeiterin, sowie einem weiteren Psychologen Herrn Dipl-Psych. M., statt.

Mehrere Stunden befragten diese die Verwahrten. Auf der Station auf der die Hungerstreikenden leben, wurde allerdings vor Beginn des Gesprächs der Untergebrachte Herr J. weggeschlossen, denn laut Frau Dr. S. Habe dieser sie in der Vergangenheit u.a. als „Frau Mengele“ bezeichnet und damit schwer beleidigt.

Das dann folgende eineinhalbstündige Gespräch verlief in relativ gesittetem Rahmen. Offenbar zu ruhig,denn am Folgetag gab es die Rückmeldung, dass als Resümee bei der Anstaltsleitung nach allen Gesprächen angekommen sei, dass doch soweit alles einigermaßen in Ordnung sei, es gäbe keine ungute Stimmung und die vorgetragenen Beschwerdepunkte beträfen im wesentlichen Randbereiche.

Es war übrigens direkte Folge des Hungerstreiks, dass es solche Konferenzen gab. In all den Jahren die nun diese SV-Anstalt existiert, gab es ein derartiges Gespräch mit allen Verwahrten noch nie.

Beiläufig wurde dann noch mitgeteilt, dass das für den 15.Juli 2015 geplante Grillfest im Hof der SV-Anstalt abgesagt, zumindest verschoben sei, denn es sei „ethisch nicht vertretbar“ (O-Ton Anstaltspsychologe M.) im Hof zu grillen, während zwei Verwahrte hungerten.

Ein Beamter des uniformierten Dienstes stellte jedoch die Vermutung in den Raum, in Wahrheit habe man verhindern wollen, dass angesichts der aufgeheizten Stimmung 40 oder 50 Verwahrte zeitgleich in den Hof kämen, dazu noch all die ehrenamtlichen BetreuerInnen die als Gäste eingeladen waren.

 

Die Presse

Einer der beiden Hungerstreikenden hatte sich die Telefonnummer eines SWR-Journalisten ‘genehmigen’ lassen (auch einer der Kritikpunkte: Verwahrte dürfen sich weder anrufen lassen, noch beliebige Nummern anrufen. Man muss sich im Vorfeld schriftlich um die Freischaltung einer bestimmten Nummer bemühen) und gab dann am 09.Juli 2015 telefonisch ein Interview.

Der SWR berichtete sodann über deren Hungerstreik(http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/suedbaden/justizvollzugsanstalt-freiburg-zwei-insassen-verweigern-essen/-/id=1552/did=15812896/n).

Am 09.07.2015 (http://www.badische-zeitung.de/freiburg/jva-freiburg-sicherungsverwahrte-im-hungerstreik–107474479.html) berichtete die Badische Zeitung über den Hungerstreik; ließ dort aber sehr ausführlich einen Sprecher des Justizministeriums zu Wort kommen, der unterstellte, die beiden hätten ja die Möglichkeit gewissermaßen heimlich zu Essen.

Im übrigen seien der JVA und dem Justizministerium keine Forderungen der Protestierenden bekannt; dies könnte auf eine fehlende Kommunikation hindeuten, denn Herr H. hatte sich u.a. an Frau Ministerialdirektorin Gallner im Ministerium brieflich gewandt und dort die Forderungen deutlich beschrieben.

Da der Gewichtsverlust der Hungerstreikenden regelmäßig kontrolliert wird, kann man auch problemlos die Ehrlichkeit der Hungerstreikenden belegen; und so mag man die Ausführungen des Pressesprechers des Ministeriums unter Desinformation verbuchen.

 

Ausblick

Der Mitverwahrte H. wiegt bei 1,78 cm nur noch 61,7 kg; und er äußert den festen Willen „diesmal“ es durchzuziehen, bis sich jemand von der Aufsichtsbehörde hier einfinde.

Erst vor wenigen Wochen machte die JVA Bruchsal Schlagzeilen, weil – mal wieder – ein Gefangener starb. Dann wurde vor wenigen Tagen die ehemalige Anstaltsärztin von der Staatsanwaltschaft wegen des Hungertodes eines Isolationsgefangenen angeklagt, so dass man vermuten könnte, der Hausspitze des Justizministeriums, dem SPD-Justizminister Stickelberger, sei nicht sonderlich an einem neuen Todesfall gelegen, der nämlich den Fokus der Öffentlichkeit in verstärktem Maße auf die desolate, hoffnungslose Situation in der SV-Anstalt lenken würde: Todesfälle 2013 und 2014. 2015 starb dann ein ehemaliger Verwahrter nur wenige Monate nach seiner Haftentlassung. Einem Verwahrten musste ein ganzes Bein amputiert werden, einem anderen der Unterschenkel.

Diese Stimmung von Krankheit, Verfall, Siechtum und Tod beherrscht das Empfinden vieler der Verwahrten; insbesondere derer die keine Chance haben in absehbarer Zeit lebend entlassen zu werden.

Nicht umsonst werden Sicherungsverwahranstalten ‘Totenhäuser’ genannt.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg

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Freiburgs Gefängnis verliert vor Gericht

Mittwoch, April 15th, 2015

(gefunden auf: political-prisoners.net)

thomasImmer wieder gilt es aus dem Gefängnisalltag zu berichten, auch im Zusammenhang mit gerichtlichen Streitigkeiten, denn Inhaftierte verfügen
über wenige Handlungsmöglichkeiten, wenn sie auf Missstände hinweisen wollen. Es bleibt ihnen, in existentiellen Fragen, der Hungerstreik, sie
können resignieren, wie es all zu viele tun, sie können hoffen, dass durch Unterstützung von FreundInnen oder Familie die jeweilige
Haftanstalt (vielleicht) einlenkt – und über all hinaus bleibt ihnen lediglich der Gerichtsweg.

A.) zu hohe Stromtarife

Manchmal handeln Rechtsstreitigkeiten nur von ein paar Cent, die jedoch, angesichts der angespannten ökonomischen Situation von Inhaftierten (qua
Gesetz verdienen diese 9 % des Durchschnittslohns) für diese erhebliche Bedeutung haben. Nachdem das baden-württembergische Justizministerium
2014 die Stromkostenbeteiligung erheblich erhöhte, für einen Wasserkocher (500W) fielen nun 2,50 Euro/Monat und für einen Kühlschrank
4,86 Euro/Monat an, stellte ich Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 Strafvollzugsgesetz), denn das Gesetz in Baden-Württemberg (vgl. §
52 BW-JVollzGB-5) gestattet lediglich eine Stromkostenbeteiligung, mit Betonung auf Beteiligung. Nachdem ich im ersten Durchgang verlor, denn
das Landgericht Freiburg war der Ansicht, an der Höhe der Beteiligung sei nichts zu beanstanden, hob das Oberlandesgericht Karlsruhe
(20.08.2014, Az.: 2 Ws 277/14) den Beschluss auf. Die JVA müsse nachweisen, dass die ihr tatsächlich entstandenen Stromkosten für meine
Gerätschaften über den von mir gezahlten Beiträgen liege. Es sei nicht zulässig, von Inhaftierten mehr Gelder zu vereinnahmen, als tatsächlich
an Kosten entstanden seien. Vielmehr müsse der von den Gefangenen erhobene Betrag unter den realen Kosten liegen, da das Gesetz eben
lediglich eine Kosten-Beteiligung und keine (vollständige) Kostenübernahme vorsehen würde.

Und nunmehr hat das Landgericht Freiburg diese Entscheidung nachvollzogen (30.03.2015, Az.: 13 StVK 47/14) und beanstandete die
eingangs erwähnten Beiträge. Im Rahmen des Verfahrens stellte sich heraus, dass die Anstalt keineswegs 0,299 Euro/kwh an den
Energieversorger zahlt, sondern lediglich 0,189 Euro/kwh, so dass für den Wasserkocher maximal 1,70 Euro, bzw. für den Kühlschrank 3,06 Euro
anzusetzen seien.
Soweit ersichtlich, haben nur sehr wenige Insassen gegen die Neuregelung 2014 Klage erhoben, die Bereitschaft des Landes, zu viel vereinnahmte
Beträge an die Gefangenen zurück zu zahlen, dürfte nicht sonderlich ausgeprägt sein. Für das Land handelt es sich lediglich um einige
tausend Euro (pro Monat), die es zu viel vereinnahmt. Für Gefangene, insbesondere jene, die lediglich die rund 35 Euro Taschengeld erhalten,
machen die zu Unrecht erhobenen Beiträge jedoch einen wesentlichen Teil ihrer Ausgaben aus.

B.) Fesselung wie bei „Hannibal Lector“?

Herr Müller, wie er an dieser Stelle heißen soll, verbüßt seit mehreren Jahren in der JVA Freiburg Sicherungsverwahrung; er darf mehrmals im
Jahr die Anstalt ungefesselt verlassen, um, bewacht von zwei Beamten in Zivil, die Umgebung zu erkunden und einkaufen zu gehen. Als vergangenes
Jahr ein Facharzttermin erforderlich wurde, in Folge einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, war Herr Müller ebenso erstaunt wie empört, als
er in Hand- und Fußketten gelegt, zusätzlich mit einer Kette an einen der Wärter gefesselt, dem Arzt in Freiburgs Innenstadt vorgeführt wurde.
Gegen diese Art und Weise der Fesselung zog Herr Müller vor Gericht.
Herr Oberregierungsrat R. (der schon an anderer Stelle kreativ ein Pepperoni-Verbot in der Anstalt verteidigte, vgl.
https://linksunten.indymedia.org/de/node/129385) nahm für die JVA ausführlich Stellung zu der Klage des Herrn Müller und spekulierte, dass
man nie wissen könne, wer in einer Arztpraxis anzutreffen sei, es also auch und gerade um die Sicherheit des Herrn Müller gehe, wenn man ihn
gefesselt ausführe.
Das Landgericht ließ sich nicht überzeugen, es entschied, die Fesselung sei rechtswidrig gewesen (LG Freiburg, 30.03.2015, Az.: 13 StVK 548/14)
und zwar schon aus formalen Grünen, denn Oberregierungsrat R. habe es unterlassen, die Verfügung über die Anordnung der Fesselung substantiell
zu begründen.
Im übrigen sei es unzulässig, erst im gerichtlichen Verfahren irgendwelche Gründe nach zu schieben.

C.) Verzögerte Postaushändigung

Das Justizvollzugsgesetzbuch (§ 28 Abs. 2 JVollzGB-5) in Baden-Württemberg, bzw. die bundesgesetzliche Regelung (§ 30
StrVollzG-Bund) sehen vor, dass die Haftanstalten eingehende wie ausgehende Briefe „unverzüglich“ weiter zu leiten haben.
Als ein an einem Freitag, morgens um 9:01 Uhr der Anstalt zugestellter Brief, erst am darauf folgenden Dienstag, morgens um 7:14 Uhr
ausgehändigt wurde – es handelte sich um ein zuzustellendes Schriftstück des Verwaltungsgerichts, wandte ich mich an das Landgericht. Denn
regelmäßig werden solche Briefe erst nach Tagen ausgehändigt, und das obwohl sie nicht inhaltlich überwacht werden.
Versuche in den letzten Jahren, im Rahmen von Gesprächen dieses Problem zu lösen blieben erfolglos, denn Anstaltsleiter und nachgeordnete
Bedienstete vertraten die Ansicht, sie hätten schon immer so diese Art und Weise der (verzögerten) Aushändigung praktiziert und würden keinen
Grund sehen, hiervon abzurücken.
Das Landgericht Freiburg (16. März 2015, Az.: 13 StVK 18/15) stellte nunmehr fest, die Aushändigung sei rechtswidrig verzögert erfolgt. Die
Anstalt hätte Sorge tragen müssen, dass das morgens eingegangene Schreiben noch am selben Tag ausgehändigt wird.
Es bestehe Wiederholungsgefahr, da konkret absehbar sei, dass die JVA auch künftig eingehende Post derart verzögert weiterleiten werde.

Zusammenfassung

Das Spektrum an Streitigkeiten von Inhaftierten mit der jeweiligen Haftanstalt wurde hier nur ausschnittsweise dargestellt; in der
Literatur vgl. Feest/Lesting, „Contempt of court – zur Wiederkehr des Themas der renitenten Strafvollzugsbehörden“ in: Festschrift für Ulrich
Eisenberg zum 70. Geburtstag, Seiten 675 – 690) wird schon seit den 60er Jahren von einer Renitenz der Gefängnisverwaltungen gesprochen. Zum
einen hinsichtlich der Beachtung der Rechtspositionen der Inhaftierten, zum anderen auch was die Befolgung gerichtlicher Entscheidungen
anbetrifft hier heben Feest/Lesting, a.a.O., S. 687 die neue Rolle der Zivilgerichte hervor, da immer öfters diese den Gefangenen
Geldentschädigungen zusprechen, wenn – mal wieder – eine Justizvollzugsanstalt Vorgaben der Strafvollstreckungskammer
missachtet), denn immer wieder ignorieren Vollzugsanstalten gerichtliche Beschlüsse, oder versuchen sie (mehr oder minder kreativ) zu umgehen.
Die allerwenigsten Inhaftierten verfügen über die Kenntnisse, um vor Gericht zu ziehen, noch über erforderliche finanzielle Mittel, um eine/n
Rechtsanwältin/Rechtsanwalt zu beauftragen, so dass im Ergebnis die Vollzugsanstalten weiter machen können wie bisher.

Es bleibt hinsichtlich des eingangs genannten Falles der überhöhten Stromtarife nun abzuwarten, ob oder wann die JVA Freiburg die
rechtswidrige Praxis beendet, insbesondere, ob sie auch den hunderten Inhaftierten, die nicht vor Gericht gezogen sind, Gelder erstatten wird.

Thomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com
http://www.freedom-for-thomas.de

Thomas Meyer-Falk: Sicherungsverwahrung und Rückfall

Dienstag, Februar 10th, 2015

2-format43Nach Ansicht des Gesetzgebers soll Sicherungsverwahrung die Gesellschaft vor ‘gefährlichen Rückfalltätern’ schützen; durch deren Verwahrung, bzw. dann Behandlung während des Freiheitsentzugs, so die Vorstellung, werden schwerwiegende neuerliche Straftaten vermieden, zumindest jedoch in geringerem Umfange begangen, als wenn es die SV nicht geben würde.

An dieser Überzeugung wird aus kriminologischer Sicht immer wieder Kritik geäußert, die sich freilich kaum in der Praxis der Anwendung und Vollstreckung der SV niederschlägt.

Ergebnisse von 2009

In seiner Dissertation (‘Nachträgliche Sicherungsverwahrung- ein rechtsstaatliches und kriminalpolitisches Debakel’) untersuchte Michael Alex seinerzeit das Legalverhalten von Gefängnisinsassen, gegen die nachträglich die SV angeordnet wurde, bzw. werden sollte, die jedoch dessen ungeachtet, aus Rechtsgründen frei kamen, also gerade nicht, weil man sie (plötzlich) für ‘ungefährlich’ gehalten hätte.

Von 77 Betroffenen, wurden in dem Untersuchungszeitraum 50 Personen strafrechtlich gar nicht auffällig. 15 wurden zu Geldstrafen oder Haftstrafen mit Bewährung verurteilt. Lediglich 12 ehemalige Insassen erhielten eine Haftstrafe ohne Bewährung (darunter sieben Fälle von Drogendelikten oder Diebstahl und fünf Fälle wegen Gewalt- oder Sexualtaten).

Allen 77 Probanden war jedoch eine hochgradige Gefahr der Begehung schwerster Sexual- oder Gewalttaten attestiert worden, in aller Regel von Psychiatern oder Psychologen. In lediglich fünf von 77 Fällen verwirklichte sich diese Gefahr.

Ergebnisse von 2014

Anknüpfend auch an die eben genannte Doktorarbeit von Michael Alex, untersuchte Anna Mandera von der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, die Folgen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 zur Sicherungsverwahrung.

Seinerzeit erklärte der EGMR die deutsche Praxis, rückwirkend die Sicherungsverwahrungs-Vollzugsdauer von maximal 10 Jahren entfallen zu lassen, also die Betreffenden auch über diese Frist hinaus zu verwahren, für unvereinbar mit den Menschenrechten.

In ihrem Forschungsbericht (‘Führungsaufsicht bei ehemaligen Sicherungsverwahrten‘) stellte Mandera die rechtliche Entwicklung seit jenem Urteil von 2009 dar. Sodann folgen die Ergebnisse ihrer durchgeführten, umfangreichen Befragung von BewährungshelferInnen, die die seit 2009, in Folge des Urteils auf freien Fuß gelangten ehemaligen Verwahrten betreuten. Hier von besonderem Interesse sind die Rückfalldaten (a.a.O., Seite 59-66).

Erfasst von der Arbeit waren 59 Fälle, die allesamt zwischen dem 12.Mai 2010 und 28.12.2012 entlassen wurden. Jeder galt als hochgefährlich, weshalb die SV über 10 Jahre hinaus vollstreckt wurde – unter Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

D.h.die Klientel war vergleichbar derer, die Alex schon 2009 untersucht hatte.

Bei lediglich 18 der 59 Probanden kam es zu einem Ermittlungsverfahren, welches nicht nur wegen eines Verdachts des Verstoßes gegen Führungsaufsichtsauflagen, vgl. § 145 a StGB, eingeleitet worden war. In 10 dieser 18 Fälle kam es bis zum Zeitpunkt der Untersuchungsarbeit zu Verurteilungen, darunter wegen Diebstahl, Betrug, Einbruchs.

Zusammenfassend stellte Mandera deshalb fest, dass „die Gefährlichkeit der (…) betroffenen Sicherungsverwahrten vielfach überschätzt worden ist“ (a.a.O., S.67). Soweit denn überhaupt Tatvorwürfe bestanden hätten, wären diese „fast ausschließlich auf Delikte geringer oder mittlerer Schwere“ beschränkt geblieben.

Bewertung

Von Rationalität durchdrungen ist die Debatte über die (angebliche) ‘Gefährlichkeit’ von Inhaftierten, speziell von Sicherungsverwahrten, in den seltensten Fällen. Empirische Befunde widerlegen, und dies schon seit langer Zeit, die behauptete Gefährlichkeit von in der SV befindlichen Menschen. Wenn überhaupt, kommt es in wenigen Einzelfällen zu einschlägigen Rückfällen; die überwiegende Mehrzahl der eigentlich nach fachkundiger Meinung von Psychiatern und Psychologen, extrem ‘gefährlichen’ ehemaligen Insassen, lebt unauffällig und begeht keinerlei Straftaten mehr, geschweige denn schwere oder schwerste Sexual- oder Gewalttaten.

Leider ist auch der Vollzugsalltag in den Sicherungsverwahrungsanstalten frei von solchen objektiven Befunden; d.h. die Sicherungsverwahrten gelten-per definitionem-als ‘allgemeingefährlich’ und entsprechend gestaltet sich deren Vollzugsalltag (vgl. dazu meine Beiträge auf community.beck.de). Von einer gefängniskritischen Position ist primär in linksradikalen Zusammenhängen die Rede. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, ob nun sachkundig, oder Laie, hält lieber an den irrationalen Ängsten und Befürchtungen fest, wie man gerade in diesen Tagen, wenn auch in anderem Kontext (Stichwort:Pegida), etwas resignierend festhalten muss.

Tod und Siechtum in Sicherungsverwahrung (Thomas Meyer-Falk)

Dienstag, November 18th, 2014

Aus der Freiburger Sicherungsverwahrung gibt es selten Gutes zu berichten – so auch heute nicht. Herr M. verliert ein Bein

Der heute 55-jährige Herr M. wurde mit Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25.08.1999 wegen versuchten Mordes und versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Mit Urteil vom 6.02.2013 wurde nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet, da er an einer chronifizierten Psychose leide und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen werde (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. vom 7. Mai 2014, Az. 2 Ws 32/14).

Seit Juli 2013 war Herr M. mein direkter Zellennachbar und immer mal wieder unterhielten wir uns über seine Situation, denn er hatte – nach eigenem Bekunden – mit dem Leben in Freiheit abgeschlossen. Briefe von Gerichten oder seinem Pflichtverteidiger zerriss er, ohne sie zu lesen, meist sofort nach Erhalt. In den Gesprächen wirkte er wach, voll orientiert, war aber auch ein Einzelgänger, der einfach nur seine Ruhe wollte.

Vor einiger Zeit entwickelte sich ein Abszess in der Leistengegend und Herr M. suchte den Anstaltsarzt auf. Erst bekam er eine Salbe, später, so Herr M. habe ein Sanitär der JVA versucht, mit einer Nadel in den Abszess zu stechen, um Eiterflüssigkeit abzulassen. Diese „Maßnahme“ verweigerte Herr M. und konnte stattdessen eine Verlegung in das nahe gelegene St.-Josephs-Krankenhaus durchsetzen. Dort schätzte man die Situation dann so kritisch ein, dass nicht irgendein Krankenpfleger mit einer Nadel herum stochern sollte, sondern M. kam umgehend „auf den Tisch“, sprich, es musste eine Not-OP durchgeführt werden.

Es folgten weitere Operationen und wir sahen dann nur noch einmal kurz Herrn M., bevor er zur „Nachsorge“ in das Gefängniskrankenhaus Asperg (bei Stuttgart) verlegt wurde. Dort schien es dann mit der „Nachsorge“ nicht so ganz funktioniert zu haben, denn nun wurde ihm ein Bein amputiert.

Sein Haftraum 136 in der Freiburger Sicherungsverwahr-Anstalt räumte am 13.11.2014 ein Vollzugsbeamter.

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Statement zu den Antiknasttagen – von Manfred ‘Iceman’ Peter

Sonntag, November 2nd, 2014

(gefunden auf: antiknasttage2014.noblogs.org)

Man kann dem politischen Mainstream in Europa nicht viel entgegen setzen, jedoch dürfen wir Antiknast- und Psychiatrie Aktivisten nicht aufgeben, unsere Arbeit konstruktiv, produktiv und möglichst effizient in die Köpfe des Otto-Normal-Bürgers zu pflanzen. Das heißt für uns ohne Unterlass weiter zu machen und der europäischen ‘Demokratur’ und anderswo ein Schnippchen zu schlagen.

Gewählte Vollstrecker, Polizei, Überwachung, Psychiatrien und Knäste sind einige der Werkzeuge die dazu dienen, uns unter Kontrolle und gefügig zu halten. Ihr alle da draußen seit gemeint: Wehrt Euch – beugt Euch nicht – arbeitet für mehr Freiräume für alle; Resignation und Ohnmacht wären keine guten Berater. Nehmt mutig den Kampf gegen repressive, ausbeutende und unterdrückende Strukturen auf und fordert weiterhin eure Rechte und die Rechte der Schwächsten innerhalb der Gesellschaft in Europa.

Ich sitze nun seit 23 Jahren im Vollzug, das ist die Hälfte meiner Lebenszeit – aber brechen konnten ‘die’ mich niemals. Sie hatten sogar versucht mich zu töten. Fakt ist, es ist den Schergen nicht gelungen! Solange ich lebe, werde ich mich gegen das System wenden und biete die Stirn!

Revolutionäre Grüße nach Wien
an alle schwarzen Wölfe
-Iceman-
Manfred Peter